Belohnungen 100.000 Euro für ungelöste Kriminalfälle
Rund 100.000 Euro haben Ermittler in Sachsen-Anhalt ausgesetzt, um die Suche nach Vermissten und Straftätern voranzubringen.
Magdeburg l Der Brandanschlag im April vergangenen Jahres auf ein künftiges Asylbewerberheim in Tröglitz, die Brandstiftungen am Polizeirevier in Dessau und die angezündeten zwölf Polizeifahrzeuge in Magdeburg im Jahr 2012 – das alles sind politisch motivierte Straftaten und sie haben eines gemeinsam: Für Hinweise ist jeweils eine Belohnung von 20.000 Euro ausgesetzt.
„Auch nach dem Anschlag auf die Bundeswehrkaserne in Havelberg haben wir eine Summe in der gleichen Höhe ausgesetzt“, sagt Andreas von Koß, Sprecher des Landeskriminalamtes. Mit den hohen Geldbeträgen erhofften sich die Ermittler Hinweise von Zeugen. Doch bisher gab es diese in den genannten Fällen des LKA noch nicht. Insgesamt sind hier 60.000 Euro ausgesetzt worden.
Sachsen-Anhalts Ermittlungsbehörden dürfen in Eigenregie Belohnungen aussetzen. Wie oft das pro Jahr erfolgt und welche Summen es betrifft, darüber wird keine Statistik geführt. Innenministeriumssprecherin Nancy Eggeling: „Die Polizeibehörden sind ermächtigt, selbständig Belohnungen bis zu einer Höhe von 2500 Euro auszusetzen. Sie zahlen diese auch aus ihrem eigenen Budget aus. Erst darüber hinaus bedarf es einer Zustimmung des Ministeriums.“ Dann übernehme auch das Ministerium die Auszahlung.
Einen solchen Sonderstatus hat der Vermisstenfall Inga. Das fünfjährige Mädchen aus Schönebeck ist seit Mai 2015 spurlos verschwunden. Die Polizeidirektion Nord hat in diesem Fall mit Zustimmung des Innenministeriums die bisher höchste behördliche Belohnungssumme ausgesetzt – 25.000 Euro. Bisher gab es zwar eine ganze Reihe von Tipps, die aber alle nicht zum Erfolg führten.
Der größte Fall für die Polizeidirektion Süd in Halle ist der Mord an der bulgarischen Studentin Mariya N. im Februar 2014. Die 29-Jährige war vergewaltigt und von einem Unbekannten getötet worden. Insgesamt wurde eine Belohnung von 10.000 Euro für Hinweise zur Aufklärung des Verbrechens ausgesetzt.
In einigen Fällen lohnte sich die ausgesetzte Belohnung auch. So konnten mehrere Fälle in Magdeburg geklärt und einige tausend Euro ausgezahlt werden.
Neben der Polizei können auch die Staatsanwaltschaften für ihren Bereich Belohnungen aussetzen. Oberstaatsanwalt Klaus Tewes von der Generalstaatsanwaltschaft in Naumburg: „Das gab es bisher nur in einem Fall. Da haben wir bei der Suche nach dem entflohenen Häftling Silvio T. im Jahr 2012 eine Belohnung in Höhe von 5000 Euro ausgesetzt." Zur Auszahlung sei es aber nie gekommen. Denn am Ende machte das Landeskriminalamt (LKA) den Flüchtigen in Berlin selbst ausfindig und verhaftete ihn dort.
Zur Auszahlung größerer Summen auch durch das Innenministerium kam es bisher noch nicht. Dessen Sprecherin Nancy Eggeling: „In den vergangenen fünf Jahren ist auf keinen der genehmigten Anträge eine Zahlung erfolgt."
Anders sieht es bei den kleineren Beträgen der Polizeibehörden aus. So sagt Frank Küssner von der Polizeidirektion Nord: „Eine Auslobung kommt für uns immer dann infrage, wenn alle anderen Ermittlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind. Manchmal haben wir damit Erfolg." Zur Auszahlung einer Belohnung kam es zum Beispiel, als die Polizei einen Radfahrer suchte, der einen Beamten mit einem Panzerschloss angriff und schwer verletzte. Die Summe von 2000 Euro war im Februar 2014 im Zusammenhang mit einer Öffentlichkeitsfahndung ausgesetzt worden. Die Auszahlung erfolgte im April 2014. Der Täter wurde aufgrund des Hinweises rechtmäßig verurteilt.
In einem anderen Fall waren im März 2009 zwei junge Männer durch die Magdeburger Innenstadt gezogen und hatten an 35 Autos die Scheiben eingeschlagen und an acht Wohnhäusern Sachschäden angerichtet. Die Polizei setzte eine Belohnung in Höhe von 2500 Euro aus. Ein 23-jähriger und 62-jähriger Zeuge erhielten später jeweils 500 Euro. Ein 68-Jähriger bekam 1000 Euro.
Auch Privatpersonen oder Institutionen können Belohnungen für Hinweise aussetzen. In Magdeburg setzte der Kleingartenverein im Jahr 2013 nach einer Serie von Brandstiftungen in Gartenlauben 5000 Euro Belohnung aus. Eine Frau meldete sich daraufhin bei der Polizei und gab den entscheidenden Hinweis auf zwei Brüder. Sie wurden vom Landgericht für ihre Taten verurteilt.
Die höchste private Belohnung mit 100.000 Euro stammt von einer Versicherung nach dem Millionenraub in einer Magdeburger Sicherheitsfirma im Jahr 2004. Davon wurden aber nur 5000 Euro ausgezahlt. Die sieben Angeklagten wurden nämlich später vom Landgericht freigesprochen.
Weitere hohe private Summen sind nach dem Mord an Karl-Heinz Groß (1998), Manager der „Kastelruther Spatzen", und dem Buttersäureanschlag auf das Hotel „Hüttermühle" (2013) bei Genthin im Jerichower Land mit jeweils 50.000 Euro ausgesetzt worden. Beide Fälle sind bis heute ungeklärt.