Verein Deutscher Sprache tagt in Merseburg Bewusstsein für die Sprache schaffen
Hausmeister statt "Facility Manager" und Schlussverkauf statt "Sale" – der Verein Deutscher Sprache will Anglizismen, also englischsprachige Fremdwörter, meiden. Am Wochenende treffen sich 160 Vereinsmitglieder zur Bundesdelegiertenversammlung in Merseburg. Alexandra Kunze hat mit Organisatorin Arne-Grit Gerold gesprochen.
Volksstimme:Frau Gerold, Sie wurden von der Volksstimme um ein "Interview" gebeten. Hätten Sie als Regionalleiterin des Vereins Deutscher Sprache lieber ein "Gespräch" geführt?
Arne-Grit Gerold: Nein, dem Inhalt entsprechend ist "Interview" schon der richtig Begriff. Ich halte es auch nicht für richtig, allen Anglizismen generell zu entsagen und benutze beispielsweise Begriffe wie "E-Mail" und "Handy". Ich bin kein Fanatiker - auch nicht im Sprachgebrauch.
Volksstimme: Trotzdem sind Sie dem Verein Deutscher Sprache beigetreten, der als Reaktion auf den verstärkten Einzug von Anglizismen in die deutsche Sprache 1997 gegründet wurde. Warum?
Gerold: Im Verein geht es darum, ein Bewusstsein für unsere Sprache zu schaffen und die Folgen des "Denglisch", also der Verenglischung der deutschen Sprache, zu benennen. Nicht alles, was einem angeboten wird, ist nötig und sinnvoll. Wir verstehen den verstärkten Einzug von Anglizismen unter anderem auch als Symptome für gesellschaftliche und kulturelle Veränderungen, deren Folgen besorgniserregend sind.
Volksstimme: Welche Folgend sind das?
Gerold: Die Sprachkompetenz von Schülern nimmt ab. Und die Fähigkeit des klaren Formulierens geht in der Muttersprache mehr und mehr verloren. Viele Geschäftsführer klagen inzwischen über die mangelnde Aussagefähigkeit von Bewerbungen und über schlechte Deutschkenntnisse der Bewerber. Ein anderes Beispiel ist die Wissenschaft. Der unserem Verein nahestehende Arbeitskreis "Deutsch als Wissenschaftssprache" kommt zu dem Schluss, dass das inhaltliche Verständnis in fremdsprachigen Seminaren eingeschränkt ist. Gleiches gilt in der Wirtschaft: Wer das "Denglisch" nicht versteht, das manche Unternehmen inzwischen nutzen, hat das Nachsehen.
Volksstimme: Manch einer wird sagen, dass Sprache dem Wandel der Zeit unterliegt und nicht von außen gesteuert werden kann.
Gerold: Sicher, Einflüsse von außen gab es auch schon vor den Anglizismen. Aber wenn die eigene Sprache zu sehr durchlöchert wird, geht auch kulturelle Identität verloren. Vieles läuft da einfach im Unterbewusstsein ab. Sprache, kulturelles Bewusstsein und Denkstrukturen stehen in einem engen Zusammenhang.
Volksstimme: Seit gestern findet sie Jahresversammlung des Vereins Deutscher Sprache in Merseburg statt. Warum gerade dort?
Gerold: Dies war ein Beschluss des Vereinsvorstandes. Denn in der mitteldeutschen Region finden sich zahlreiche sprachgeschichtliche Wurzeln, beispielsweise die "Merseburger Zaubersprüche". Als ältestes deutschsprachiges Schriftdenkmal mit heidnischem Inhalt haben sie einen unmittelbaren Bezug zum diesjährigen Austragungsort der Bundesdelegiertenversammlung.
Interessierte Besucher sind heute zwischen 9 Uhr und 22 Uhr im Merseburger Ständehaus willkommen.