Bildungspolitik Freie Schulen sauer auf Regierung
Christliche Schulen in Sachsen-Anhalt fühlen sich von der Regierung schlecht behandelt: Sie kritisieren unter anderem fehlende Finanzierung.
Magdeburg l Gut 25.000 Kinder und Jugendliche lernen in Sachsen-Anhalt an Freien Schulen - neben Waldorf, Montessori und mehrsprachigen Einrichtungen sind darunter auch viele christliche Schulen. Der Unmut unter den Freien ist groß. Das hat Gründe:
Die Freien Träger bekommen vom Land pro Schüler nur etwa 65 Prozent von dem, was an staatliche Schulen fließt. Damit Schulgelder nicht ausufern, fordern sie mehr Gerechtigkeit.
Die Kenia-Koalition versprach 2016 Besserung. Ein Gutachter sollte einen transparenten Kostenvergleich vorlegen. Doch dann stritten Fraktionen und Regierung monatelang über das Wie und Was. Die Expertise liegt auch nach anderthalb Jahren nicht vor. Nächste Woche soll endlich die Ausschreibung starten.
Eine gerechtere Finanzierung der Freien sollte (neben vielen anderen Dingen) im neuen Schulgesetz verankert werden. Nun hat das Kabinett am Dienstag den Gesetzentwurf beschlossen - doch wegen der fehlenden Expertise gibt es derzeit auch keine neue Kostenregelung.
Die Schul-Verbände hatten nur sieben Werktage Zeit, um ihre Meinung zum Gesetzentwurf einzureichen. Und das mitten in den Herbstferien. Üblich sind eigentlich vier Wochen.
„Das ist ein unmöglicher Stil“, sagt Dietrich Lührs, Leiter vom Domgymnasium Magdeburg und Sprecher der Landesarbeitsgemeinschaft christlich orientierter Schulen, gestern der Volksstimme. Daher hatte er am 28. September einen Brief direkt an Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) geschrieben. Lührs listete darin alle Probleme auf. Und schloss mit der Bitte um ein Gespräch. „Ich schlage vor, dass wir uns zusammen (...) zu einem ernsthaften Gespräch zusammensetzen und bitte hiermit um einen Gesprächstermin.“ Eine Kopie schickte Lührs auch an Bildungsminister Marco Tullner (CDU). Doch bis gestern herrscht Funkstille. Kein Zwischenbescheid, kein Anruf. Nichts. „So etwas habe ich noch nicht erlebt“, schimpft Lührs. „Das hat mit Bürgernähe nichts mehr zu tun.“ Lührs ist vor allem sauer auf Haseloff. „Das muss zur Chefsache werden.“
Anfrage an die Staatskanzlei: Die verweist auf Bildungsminister Tullner – die Sache sei an ihn gegangen. Anruf beim Minister. Sein Sprecher: „Herr Tullner wird natürlich gern ein Gesprächsangebot unterbreiten.“
Dem Vernehmen nach hatte die Staatskanzlei Tullner beauftragt. Vorgestern. 19 Tage nach Eingang des Schreibens.
Auch in der Koalition sind viele verärgert, wie mit den Verbänden und den Freien Schulen umgegangen wird. „Auch ich bin sauer“, sagte Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann. Nun geht der Schulgesetzentwurf nächste Woche in den Landtag. Wenigstens dort sollen die Verbände gehört werden. „Wir werden eine umfangreiche mündliche Anhörung durchsetzen“, verspricht Lüddemann.
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