Corona AfD-Parteitag ohne Abstand
Sachsen-Anhalts AfD hat bei einem Parteitag nach Ansicht der Dessauer Stadtverwaltung gegen Corona-Auflagen verstoßen.
Magdeburg/Dessau l 4. September 2020, Landesparteitag der Grünen im Kongress- und Kulturzentrum in Halle. Die Organisatoren achten sehr penibel auf die Einhaltung der strengen Corona-Regeln. Plexiglas-Scheiben an der Anmeldung, Desinfektionsmittel allerorten, Gratis-Schutzmasken für jedermann, Hygiene-Handschuhe für den Einmalgebrauch.
20. September 2020, Landesparteitag der AfD in Dessau-Roßlau. Das Kontrastprogramm. Wegen der Corona-Bestimmungen findet der Parteitag als Open-Air-Veranstaltung auf dem Gelände eines ehemaligen Autokinos statt. Etwa 550 Mitglieder sitzen unter dem Dach eines großen, zur Rednerbühne hin offenen Zeltes. Dicht an dicht gedrängt. Ohne Masken. Ohne Berührungsangst. Hände werden geschüttelt, Parteifreunde umarmt.
Bilder der Nachrichtenagentur dpa zeigen die Enge im Zelt. Bereits am Sonntag kursieren die Fotos in sozialen Netzwerken. Der Landtagsabgeordnete Sebastian Striegel (Grüne) twittert: „Unverantwortlich, wie die AfD die Hygieneregeln des Robert-Koch-Instituts unterläuft. Wer schützt uns vor solchen potenziellen Superspreadern?“ Gestern sagt er: „Nach dieser Corona-Party muss eine empfindliche Sanktionierung erfolgen.“
Doch danach sieht es momentan nicht aus. Aus dem zuständigen Ressort heißt es auf Anfrage: „Dem Gesundheitsministerium sind lediglich Fotografien der Veranstaltung bekannt. Es ist schwer, allein aufgrund dessen eine Bewertung der konkreten Situation vor Ort vorzunehmen.“
Grundsätzlich sähen die Corona-Regeln vor, dass genügend Fläche zur Verfügung stehen müsse, um Ansammlungen von mehr als zehn Personen zu vermeiden, bei denen ein Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werde. „Es ist zulässig, dass beispielsweise bis zu zehn Personen an einem Tisch platziert werden.“ Zwischen den Tischen sei ein Abstand von 1,5 Metern einzuhalten. Das Hygienekonzept einer derartigen Veranstaltung sei „nicht genehmigungspflichtig“. Mit Blick auf den AfD-Parteitag heißt es, den Dessauer Behörden seien stichprobenartig „die Prüfung des Hygienekonzepts und Erteilung weiterer Auflagen möglich“.
Der Sprecher der Stadt Dessau-Roßlau, Carsten Sauer, sagt der Volksstimme: „Der Parteitag wurde als der allgemeinen Öffentlichkeit nicht zugängliche Veranstaltung durchgeführt und fällt insoweit nicht unter das Versammlungsrecht. Eine Genehmigung durch das Amt für öffentliche Sicherheit und Ordnung war deshalb nicht erforderlich.“
Unabhängig davon hätten die Veranstalter freiwillig ein Hygienekonzept eingereicht – obwohl hierfür keine Verpflichtung bestanden habe: „Dass dieses dann nicht eingehalten wurde, widerspricht dem eigenen Vorgehen.“ Der „Mitteldeutschen Zeitung“ sagt er, die Stadtverwaltung werde die „offensichtliche Nichtbeachtung der Abstands- und Hygieneregeln“ erörtern und die Umstände auswerten. Allerdings: „In Sachsen-Anhalt sind Bußgelder nicht vorgesehen.“
Ein Parteisprecher der AfD sagt: „Da es sich um eine auf einem Privatgelände organisierte nichtöffentliche Veranstaltung handelte, war laut Gesundheitsamt Dessau kein Hygienekonzept vorgeschrieben.“ Um dennoch den Corona-Regeln gerecht zu werden, sei ein eigenes Hygienekonzept erstellt und auch umgesetzt worden.
Verstöße will der Sprecher nicht erkennen: Die Mitglieder hätten sich „diszipliniert an die Vorgaben gehalten“. Und: „Glückwünsche bei erfolgten Wahlen sehen wir nicht als beabsichtigten Verstoß.“