Corona-Pandemie Wenige Spender, leere Blutbanken
Am Sonntag ist Weltblutspendetag, doch an den Sammelstellen läuten die Alarmglocken. Durch die Corona-Pandemie fehlt ihnen der Nachschub.
Magdeburg l Veronika Bernsdorf aus Walbeck (Bördekreis) hat bereits 181-mal Blut gespendet. Ihr Ehemann Dietmar schafft es auf 170 Spenden. „Seit meiner Lehre in der Filmfabrik Wolfen bin ich dabei“, sagt die 66-Jährige. „Wahrscheinlich haben mir schon meine Eltern die Idee, Blut zu spenden, in die Wiege gelegt. Sie waren selbst fleißige Blutspender.“
Sie sei als Kind beim Jugendrotkreuz gewesen und habe sich dort darüber informiert, wie lebensrettend Blutspenden sein können.
Von der Pandemie habe sie sich nicht abhalten lassen, sagt Veronika Bernsdorf. „Wir waren im März da und im Juni auch wieder. Wir haben keine Bedenken. Denn die Hygienemaßnahmen, die immer schon einen hohen Standard hatten, wurden ja noch erweitert. Die Teams vom DRK-Blutspendedienst Dessau-Roßlau kommen in regelmäßigen Abständen ins Gymnasium Weferlingen und die Grundschule Beendorf“, sagt sie. Doch in den vergangenen Monaten kamen immer weniger Spender.
Nico Feldmann ist Regionalleiter beim Rotkreuz-Blutspendedienst für Sachsen-Anhalt. Er kennt die angespannte Lage: „In den letzten drei Wochen ist es eng geworden. Sämtliche Blutbanken schlagen Alarm. Im Normalfall spenden jährlich rund 100.000 Menschen bei uns Blut. Das sind 50.000 Liter. Ich kann aber jetzt schon absehen, dass es etwa 20 Prozent weniger sind.“ Bereits jetzt könnten Kliniken „nicht in vollem Umfang versorgt werden“.
Er kenne die Angst, sich bei einer Blutspende mit Corona zu infizieren. „Aber diese Furcht ist objektiv unbegründet. Es gibt vor dem Nadelstich ein Checking, es wird zum Beispiel Fieber gemessen.“ Und die Hygienemaßnahmen: Abstand, Desinfektionsmittel, Mundschutz für Spender und Personal seien Standard.
„Was allerdings fehlt, ist das gemeinsame Spenderfrühstück, also die Geselligkeit, die viele Spender so schätzen. Aufgrund der Situation können wir nur Tüten mit Obst und abgepackten Dingen wie Schokolade und Kekse mit nach Hause geben.“
Von 1200 Blutspenden im März dieses Jahres ist die Zahl an der Uniklinik Magdeburg auf 750 im Mai zurückgegangen. Diese Zahl treibt Professor Hans-Gert Heuft, Direktor des Instituts für Transfusionsmedizin und Immunhämatologie mit Blutbank, die Sorgenfalten ins Gesicht. Zwar sei die Versorgung der Patienten nicht gefährdet, aber damit das auch in Zukunft so bleibe, müsse gegengesteuert werden. Schließlich benötige die Klinik rund 15.000 Blutkonserven im Jahr. „60 Prozent der Konserven kommen aus Blutspenden, die wir selber organisieren, der Rest von anderen Anbietern“, so Heuft.
Um aus dem Spendenloch herauszukommen, haben wir uns entschlossen, die Entschädigung pro Blutspende von 20 auf 25 Euro zu erhöhen“, sagt Professor Hans-Jochen Heinze, Ärztlicher Direktor des Uniklinikums. „Außerdem werden nun auch sonnabends Blutspenden möglich sein. Damit wollen wir Menschen, die in der Woche arbeiten, die Gelegenheit geben, zu uns zu kommen.“ Ein weiterer Anreiz dürfte sein, dass als Zusatzservice das Blut der Spender auf Blutfette untersucht wird.
Blutbank-Chef Heuft kennt die Befürchtungen – selbst langjähriger Spender –, die sie gegenwärtig abhält, Blut zu spenden. „Corona hat viele Menschen verunsichert. Aber ich kann mit gutem Gewissen sagen, dass wir nach maximalen Sicherheitsstandards arbeiten. Neben jenen, die aus Ansteckungsfurcht zu Hause blieben, sei auch die Gruppe von Spendern weggebrochen, auf die man immer bauen konnte – die Studenten. „Viele sind nicht vor Ort, studieren von zu Hause aus, auch in anderen Bundesländern.“
Marita Truetsch, Leitende medizinisch-technische Labor- assistentin im Zentrallabor der Helios-Klinik in Burg, beunruhigt der coronabedingte Rückgang der Blutspenden hingegen nicht. „Wir haben ausreichend Blutkonserven zur Verfügung. Die Versorgung ist über das klinikeigene Labor gesichert. Es übernimmt die labormedizinische Versorgung von ambulanten als auch stationären Patienten. Falls es dennoch zu Engpässen oder unvorhergesehenen Ereignissen komme, stehe der Klinik von allen Blutgruppen ein Vorrat im hauseigenen Labor zur Verfügung.
Für Oberarzt Dr. Steffen Schulze, dem Transfusionsverantwortlichen am Johanniterkrankenhaus Stendal, sind es besonders die seltenen Blutgruppen, wie 0 negativ, wo es „relativ eng“ aussieht. Aber eine Operation musste bisher noch nicht aufgrund von zu wenig Blutkonserven verschoben werden.“
Dass es zu Engpässen bei der Versorgung mit Blutkonserven kommt, darüber wurden wir vom Blutspendedienst informiert“, sagt Kathleen Radunsky-Neumann vom Magdeburger Klinikum. Aber die Versorgung konnte bisher sichergestellt werden. „Zur Senkung unseres Blutbedarfs um 25 Prozent seit 2015 hat beigetragen, dass wir noch intensiver abwägen, wann und wie viel Blut transfundiert wird.“ So sei die Abnahmemenge für Laborzwecke verringert und Operationsverfahren angewendet worden, bei denen weniger Blutgaben nötig sind, erklärt Radunsky-Neumann.