Coronavirus 800 Menschen in Magdeburg in Quarantäne
In zwei Magdeburger Stadtteilen sind insgesamt knapp 800 Menschen in Quarantäne.
Magdeburg l Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, hat Magdeburg die Notbremse gezogen. In mehreren Häusern in den Stadtteilen Neue Neustadt und Salbke müssen die Menschen in den nächsten 14 Tagen zu Hause bleiben. Die Häuser haben insgesamt 19 Eingänge. Insgesamt wurden knapp 800 Menschen unter Quarantäne gestellt.
Das bestätigte am Sonntag Magdeburgs Oberbürgermeister Lutz Trümper (SPD) der Volksstimme. Er hatte schon am Freitag angekündigt, notfalls sogar komplette Straßenzüge abzuriegeln. Trümper begründete dies damit, dass Quarantäne-Vorschriften nicht eingehalten würden. Allein in der Neuen Neustadt – dort leben viele Roma – wurden laut Oberbürgermeister in rumänischen Familien bereits 80 Corona-Fälle bestätigt.
Trümper sagte, auf die komplette Abriegelung ganzer Straßenzüge werde zunächst verzichtet. Es gebe „Signale aus der rumänisch-sprachigen Community“, dass die Menschen die strengen Auflagen nun doch befolgen würden. Der SPD-Politiker hat bereits vor Tagen Kontakt zum Zentralrat Deutscher Sinti und Roma aufgenommen und dessen Vorstandsvorsitzenden Romani Rose gebeten, zwischen der rumänisch-sprachigen Community und der Verwaltung zu vermitteln. Auch die rumänische Botschaft wurde eingeschaltet.
Mit härteren Maßnahmen droht der Oberbürgermeister nach wie vor für den Fall, dass die Auflagen in den nächsten Tagen nicht eingehalten werden.
Die Stimmung in der Neuen Neustadt war am Samstagabend teils aggressiv. Beobachter schildern, dass Ordnungshüter verbal angepöbelt und mit Äpfeln beworfen worden seien. Am Sonntag um die Mittagszeit waren die Straßenzüge zunächst wie ausgestorben.
Trümper sagte, die Menschen sollten für die Zeit der Quarantäne über Hilfsorganisationen mit Lebensmitteln versorgt werden. Dafür werde eine Hotline geschaltet.
Trümper machte sich Sonntagnachmittag ein Bild vor Ort und kam mit Anwohnern in der Neuen Neustadt ins Gespräch. Dabei sei bei unter Quarantäne stehenden, aber nicht infizierten Menschen die Sorge laut geworden, sie verlören ihren Job, wenn sie nicht zur Arbeit gingen.
Lautsprecherwagen fuhren durch die Neue Neustadt und Salbke. In rumänischer Sprache wurde auf die Quarantäne-Bestimmungen hingewiesen. Das Ordnungsamt hängte Informationszetttel an Eingangstüren.
Ordnungsamt und Polizei werden ab dem heutigen Montag die Einhaltung der Quarantäne-Regeln überprüfen. Die Polizei werde rund um die Uhr präsent sein, sagte Lutz Trümper.
In Magdeburg sind seit März den Angaben nach 220 Menschen positiv auf den Erreger Sars-CoV-2 getestet worden. Das waren am Samstag zwei mehr als am Freitag.
In Göttingen war am Samstag die Lage rund um ein wegen Corona-Fällen unter Quarantäne stehendes Hochhaus eskaliert. Zahlreiche Bewohner griffen Polizisten an und versuchten, eine Absperrung zu durchbrechen, sagte der Göttinger Polizeipräsident Uwe Lührig gestern in einer Pressekonferenz,
Acht Beamte wurden verletzt, drei davon sind vorerst dienstunfähig. Der Gebäudekomplex, in dem offiziell rund 700 Menschen wohnen, war am Donnerstag für zunächst sieben Tage unter Quarantäne gestellt worden. Bis zum Freitag waren rund 120 Corona-Infektionen bekannt.
Am Samstag habe sich die Lage nach einigen kleineren Einsätzen zugespitzt. Einsatzkräfte seien mit Flaschen, Steinen, Metallstangen, Holzlatten und Pyrotechnik angegriffen worden, sagte Lührig. Versuche von Bewohnern, einen als Absperrung errichteten Bauzaun zu durchbrechen, wurden nach Angaben des Einsatzleiters Rainer Nolte verhindert.
Zeitweise waren knapp 300 Beamte im Einsatz. Die Polizei ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs, gefährlicher Körperverletzung und Sachbeschädigung. Seite 4