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Quilts Die kreativen Stoffkunstwerke

Quilts sind Stoffkunstwerke und zeitlose Wohnaccessoires. Eine Künstlerin aus der Altmark bringt es dabei zur Meisterschaft.

29.03.2019, 23:01

Dahrendorf (dpa) l Mit flinken Fingern lässt Karin Flacke die winzigen Stecknadeln in dem bunten Stoff verschwinden. Sie hat sich tief über den hohen Tisch gebeugt, große Dachfenster lassen viel Licht in das Atelier hinein. Mit den Nadeln fixiert sie eine Stoffbahn, ein Stück Vlies und einen Unterstoff. Flacke wird aus diesen Komponenten, weiteren Stoffresten, womöglich Filzstücken und vielleicht goldig schimmernden Fäden ein Kunstwerk herstellen – einen Art Quilt.

Die 82-Jährige ist Textilkünstlerin. In ihrem Haus im altmärkischen Dahrendorf kreiert sie die großen und kleinen Stoffkunstwerke, die sie schon auf Ausstellungen in Deutschland, Frankreich, Russland und den USA präsentiert hat. "Bevor ich anfange, habe ich immer was im Kopf", sagt die rüstige Frau mit den schlohweißen Haaren. "Doch manchmal will der Quilt anders, als ich will. Wir müssen dann erst einmal kommunizieren."

Sie lacht und schiebt einen ansehnlichen Haufen Stoffreste an den Rand des Tisches, auf dem auch Farben und ein Glas mit Pinseln stehen. Bevor es mit dem Quilten losgeht, muss Flacke die drei Lagen mit Heftstichen oder Sicherheitsnadeln gegen ein Verschieben fixieren. "Man kann das mit der Hand oder mit einer umgebauten Nähmaschine tun", sagt die Künstlerin, die in Kassel geboren wurde und seit 1996 in der nordwestlichen Altmark lebt.

Ihren Werken hat die studierte Pädagogin und Pferdenärrin Namen wie "Adagio", "Goldauge" und "Brausende Wasser" gegeben. Es sind farbenfrohe Art Quilts, die ausschließlich der Dekoration dienen, etwa als Wandbehang. Zwischen die Stoffmuster hat Flacke Blumen, Gesichter Landschaften, Tiere oder Abstraktes eingebaut. "Ich tobe mich aus", sagt die vierfache Mutter und Fitness-Liebhaberin. "Mich inspirieren Liedtexte, Bilder oder Erlebnisse. Jeder Quilt gibt ein Stück von mir preis." Manchmal vergehen Monate, bis ein Werk vollendet ist.

Quilten ist kreatives Steppen und eng mit Patchworken, also dem Verbinden verschiedener Stoffstücke zu einem neuen Ganzen, verwandt. Flacke erklärt: "Ich bringe mit einem Steppstich Muster als Verzierung auf. Dabei führe ich den Quilt mit beiden Händen so über die Nähmaschine, wie ich das Muster haben will." Die Steppnähte haben also nicht nur eine praktische Funktion – sie sind entscheidend für das Design. Es entsteht ein dreidimensionales Stoffwerk, das die Künstlerin in weiteren Arbeitsschritten bestickt, bemalt, einfärbt oder mit Applikationen aufwertet. Patchworken, sagt sie, sei ihr zu festgelegt. "Beim Quilten bin ich viel freier."

Aktuell hat Flacke auch eine Auftragsarbeit auf dem Tisch. "Ich kreiere ein Triptychon für die Katharinenkirche in Salzwedel. Es geht um König David." Zwei der 80 Zentimeter langen und 50 Zentimeter breiten Art Quilts hat sie schon fertig, der dritte entsteht gerade. Flacke breitet eines der Werke auf dem Tisch aus. Mit dem Zeigefinger streicht sie vorsichtig über einen Abschnitt. "Das ist Lederpapier", sagt sie. "Ganz spannend."

Seit 2002 arbeitet Flacke als Art-Quilt-Künstlerin. Sie hat das Kunsthandwerk von einer Französin gelernt. "Davor habe ich immer gesagt: Handarbeiten? Ich doch nicht." Mittlerweile ist sie eine Koryphäe, gibt Workshops und beteiligt sich an Wettbewerben wie der World Quilt Competition, die in internationalen Ausstellungen gipfeln. Die prämierten Werke Flackes waren schon in Berlin, Dresden, Manchester, Santa Clara und West Palm Beach zu sehen.

Auch dieses Jahr möchte sich die Künstlerin wieder mit anderen messen und ihre Quilts präsentieren. "Ich habe da auch schon wieder eine Idee", sagt sie mit einem schelmischen Grinsen. Und sie verrät nur so viel: "Es geht um Megalithe." Eine neue Tourismusroute soll in gut einem Jahr 13 der teils 5000 Jahre alten Großsteingräber im Altmarkkreis Salzwedel verbinden.

Flacke engagiert sich auch als Mitglied in der Patchwork Gilde Deutschland. Der Verein wurde eigenen Angaben zufolge 1985 gegründet und zählt rund 6000 Mitglieder. Die Gilde schreibt regelmäßig jurierte Ausstellungen aus, die Kataloge sind als Sammlerstücke bei Patchwork-, Quilt- und Textilkunsthandwerkern begehrt. Auf europäischer Ebene arbeitet seit 1989 die European Quilt Association, die sich mit Weiterbildungen und Ausstellungen der Traditionspflege der Textiltechniken verschrieben hat.