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Disziplinarverfahren Hängepartie um Blenkle geht weiter

Die Vorwürfe gegen Regina Blenkle wiegen schwer, seit Monaten läuft ein Verfahren gegen Haldenslebens suspendierte Bürgermeisterin.

02.01.2018, 23:01

Haldensleben l Blenkle-Anwalt Klaus Herrmann wirft dem Haldensleber Stadtrat vor, das Disziplinarverfahren gegen die Bürgermeisterin bewusst in die Länge zu ziehen. Dieses schleppe sich hin und sei durch neue Vorwürfe der Stadtratsmehrheit immer wieder erweitert worden, sagte Herrmann der Volksstimme. „Es auf gewichtige Vorwürfe zu beschränken, wurde anscheinend zu keiner Zeit erwogen. Möchte der Stadtrat die gewählte Bürgermeisterin für den Rest der Amtsperiode aus dem Rathaus fernhalten?“

Regina Blenkle ist seit Februar 2017 suspendiert, erhält aber weiterhin volle Bezüge (mehr als 7000 Euro monatlich). Bereits seit ihrem Amtsantritt im Sommer 2015 gibt es in Haldensleben Streit. Blenkle krempelte die Verwaltung um, traf umstrittene Personalentscheidungen und soll Beschlüsse des Stadtrates nicht umgesetzt haben. Für eine von der Bürgermeisterin gewünschte Mediation (lateinisch für Vermittlung) fand sich keine Mehrheit – CDU, SPD und Linke bilden inzwischen eine Anti-Blenkle-Allianz und werfen der Bürgermeisterin Vetternwirtschaft und Machtmissbrauch vor. Der Stadtrat hat vor gut zwei Jahren ein Disziplinarverfahren eingeleitet.

Eigentlich sollte die Untersuchung bereits im Sommer beendet sein. Nach Informationen der Volksstimme strebt die Gutachterin nun einen Abschluss im ersten Quartal 2018 an. Klaus Herrmann kritisiert, dass sich das so lange hinzieht. „Das Disziplinargesetz enthält Beschleunigungsinstrumente. Warum diese hier nicht angewendet wurden, erschließt sich mir nicht“, sagte er. Überhaupt hält er das Verfahren in Sachsen-Anhalt für ein „Unikum“.

In anderen Bundesländern ist es üblich, dass Disziplinarverfahren von der nächst höheren Rechtsaufsichtsbehörde geführt werden, um kommunalpolitische Interessenskonflikte zu minimieren – im Falle eines Bürgermeisters ist das der Landkreis. In Sachsen-Anhalt aber läuft es anders: Hier kann der Stadtrat Herr des Verfahrens sein und über Sanktionen entscheiden. Der Blenkle-Anwalt kritisiert das scharf. „Der Stadtrat ist Ankläger und Richter in einem“, so Herrmann.

Sobald der Abschlussbericht vorliegt, müssen die Kommunalpolitiker abstimmen, ob ausreichend ermittelt wurde. Im Anschluss daran bekommt Blenkle Gelegenheit zur Stellungnahme. Danach wird der Stadtrat gegebenenfalls über Sanktionen entscheiden. Möglich sind mehrere Szenarien: Von einer Gehaltskürzung um 20 Prozent über zwei Jahre bis hin zur Amtsenthebung. Sollte der Stadtrat die letzte Option ins Auge fassen, würde es wohl noch Jahre dauern, bis der Zwist endgültig geklärt ist.

Denn eine Amtsenthebung würde mittels einer Disziplinarklage am Verwaltungsgericht ausgefochten werden. Aktuelle Verfahrensdauer dort: rund zwei Jahre. Inklusive Berufungsverfahren könnten also noch bis zu vier Jahre ins Land gehen, bevor Klarheit herrscht. Dann wäre Blenkle nahezu ihre komplette Amtszeit (dauert bis 2022) kaltgestellt gewesen. Blenkle-Unterstützer munkeln bereits, dass genau dies das Ziel der meisten Lokalpolitiker ist – sie gar nicht mehr ins Rathaus zurückkehren zu lassen.

Stadtratsvorsitzender Guido Henke (Die Linke) weist diesen Vorwurf jedoch zurück. „Das Disziplinarverfahren ist auch im Interesse von Frau Blenkle. Es wird ja auch Entlastendes zusammengetragen“, sagte Henke der Volksstimme. Auch als „Ankläger“, wie Blenkle-Anwalt Herrmann meint, versteht sich der Linken-Politiker nicht. „Wir haben ein Verfahren in Gang gesetzt, die Bewertung steht noch aus“, so Henke. Er versichert: „Der Stadtrat arbeitet derzeit sehr gut und konstruktiv mit der Verwaltungsspitze zusammen. Es läuft alles in geregelten Bahnen.“

Genau das sieht Klaus Herrmann anders. Die gewählte Bürgermeisterin Blenkle wird in seinen Augen entmachtet. Der Anwalt sagt: „Stadtrat und Bürgermeister sollen gleichberechtigt miteinander arbeiten und sich gegenseitig kontrollieren. Dieses ausbalancierte Kräfteverhältnis scheint hier bewusst außer Kraft gesetzt worden zu sein.“

Lesen Sie hier den Kommentar zum Thema von Christopher Kissmann.