Kandidat für den Titel "Magdeburger des Jahres": Stephen Gerhard Stehli und der Domförderverein Ein New Yorker in Magdeburg, der den Dom liebt
Zum Jahresende sucht die Volksstimme traditionell den Magdeburger des Jahres. Zwölf Kandidaten stehen zur Wahl, die wir Ihnen näher vorstellen. Heute: Stephen Gerhard Stehli (51), der seit 1997 Vorsitzen der des Domfördervereins ist. Seit 1991 setzt sich der Verein mit viel Erfolg für den Erhalt von Magdeburgs Wahrzeichen ein.
Magdeburg l Ein Amerikaner in Magdeburg! 1991 kam Stephen Gerhard Stehli an die Elbe - nicht aus New York, seiner Geburtsstadt, seine Eltern sind, als er 14 Jahre alt war, ins Sauerland übergesiedelt. "Das war für mich als Jugendlicher wie ein Kulturschock", erinnert er sich. Aus dem "Big Apple" in die tiefste deutsche Provinz. Er hat es verkraftet und das Beste daraus gemacht, studierte Jura und Theologie und erreicht am 1. Mai 1991 Magdeburg. "Ich habe Magdeburg von Anfang an nie als eng oder trist erlebt", sagt Stehli. Die Stadt sei ihm zur Heimat geworden. Die Magdeburger seien "wie sie sind", sie "verbiegen sich nicht", das sei sympathisch. Und: "Die Magdeburger sind immer freundlich mit mir umgegangen." Stehli lebt gern hier und konnte auch seine Eltern überzeugen, ihm an die Elbe zu folgen.
Der Theologe Stehli ("Ich bin ein religiöser Mensch.") schließt sich schnell der Domgemeinde an, gründet dann 1995 den "Förderverein Dom zu Magdeburg" mit und übernimmt 1997 den Vereinsvorsitz. Wenn er vom Förderverein spricht, dann immer im pluralen "wir". Das sei ihm wichtig. "Ich bringe meine Möglichkeiten und vielleicht auch meine Talente mit ein, bewegen kann ich allein aber nichts." Mit "wir" meint Stehli die rund 130 Vereinsmitgliedern im Allgemeinen und den Vorstand im Speziellen: Ursula Klinger, Astrid Elisabeth Kuscher, Michael Sußmann, Manfred Fiek, Dr. Winfried Bettecken und Hansjörg Eikel. "Wir machen die ganze Arbeit zusammen!"
Und neben sehr viel Organisation besteht die Arbeit vor allem in einem: Geld sammeln! "Der Magdeburger Dom ist ein herausragendes gotisches Bauwerk, eine Bischofskirche, das Wahrzeichen der Stadt und Identifikationspunkt für viele Magdeburger", sagt Stehli. Der Dom sei ein "inklusiver Ort", der allen Magdeburgern offen stehe, egal ob sie im Gotteshaus Spiritualität suchten, das kultur- und kunsthistorische Bauwerk entdecken wollen oder aber ganz einfach "ihren Dom" als Wahrzeichen liebten. Aber so ein Bauwerk zu erhalten, koste sehr viel Geld. Die Domgemeinde als Nutzerin sei damit finanziell überfordert. Der Besitzerin des Doms, der Stiftung Dome und Schlösser Sachsen-Anhalt, stünde jährlich nur eine bestimmte Menge Geld für Bau- und Restaurationsmaßnahmen zur Verfügung. Damit könne sehr viel erreicht werden, für viele Dinge fehle aber auch das Geld. Und an dieser Stelle wird der Förderverein aktiv. Zusammen mit der Stiftung und der Domgemeinde würden gezielt Projekte herausgesucht, die dringend in Angriff genommen werden müssten, für die aber kein Geld zur Verfügung stehe. Der Förderverein stellt dafür dann das Geld zur Verfügung. "Am Anfang waren das noch viele kleine Dinge", erinnert sich Stephen Gerhard Stehli, die aus den Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert werden konnten.
Viel Mut gefasst
Eines der ersten großen Projekte waren dann die vergoldeten Lüftungsgitter im Mittelschiff. Man ging verstärkt an die Öffentlichkeit und bat um Spenden für das "goldene Band". Und es lief "unglaublich gut". Schnell war das Geld zusammen. "Wir hatten gedacht, dass diese Spendenaktion ein paar Jahre dauern würde und waren sehr überrascht, wie schnell es dann aber ging", sagt Stehli.
"Und dann wurden wir mutig." Der Förderverein hatte erlebt, dass die Magdeburger etwas für ihren Dom tun wollten und bereit waren, für klar formulierte Projekte Geld zu spenden. Als Nächstes wurde um Spenden für die Restauration des Jerusalemleuchters in der Marienkapelle gebeten. Schon nach wenigen Wochen konnte der Restaurations-Auftrag vergeben werden. Mit noch mehr gewachsenem Mut nahm sich der Verein 2010 dann des Nordturms an. Der musste gesperrt werden, weil die 430 Stufen im Laufe der Jahrhunderte so gelitten hatten, dass sie nicht mehr begehbar waren. Für die Instandsetzung wurden rund 150000 Euro benötigt. "Eine Stufe, meine Stufe" hieß die Spendenaktion und wieder gaben die Magdeburger und Domfreunde aus dem In- und Ausland reichlich. Nach rund zehn Monaten war das Geld zusammen, und am 19. Dezember kann Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff als Erster offiziell den Nordturm wieder erklimmen. Ab Frühjahr steht der Turm dann für alle Besucher offen.
Gleichzeitig mit dem Nordturm-Projekt hatte der Verein in diesem Jahr auch um Spenden für die Restaurierung der kostbaren Bleiglasfenster in der Marienkapelle des Doms gebeten. Wieder mit großem Erfolg, denn die Fenster - Kosten rund 77000 Euro - können am 16. Dezember mit einem Gottesdienst feierlich wieder ihrer Bestimmung zurückgegeben werden.
Rund eine Million Euro
Damit sind in diesem Jahr vom Verein vor allem zwei große Spendenaktionen erfolgreich umgesetzt worden. Insgesamt hat der Verein seit seiner Gründung rund eine Million Euro für Magdeburgs Wahrzeichen gesammelt. "Unser Anliegen ist es dabei, eine Art Schnittstelle zu sein zwischen allen Menschen, die sich dem Dom verbunden fühlen und die etwas für ihn tun wollen", sagt Stehli. Darum sei man als Verein auch grundsätzlich unabhängig. Der Dom steht für Religion, Kunst und Kultur, für Identifikation, für Heimatverbundenheit, seit 1989 aber auch für Freiheitsliebe und Weltoffenheit. Er steht wie ein Fels in der Brandung der Geschichte. Die Magdeburger lieben ihn. Und der Förderverein mit Stephen Gerhard Stehli an der Spitze hilft dabei, dass es möglichst lange so bleibt.