Jalloh-Feuertod Er kann es nicht selbst gewesen sein
Jetzt wurden neue Gutachten zum Feuertod von Oury Jalloh im Jahr 2005 vorgelegt. An Beweisen für die Mordtheorie hapert es aber.
Berlin l Zehn Jahre nach dem Tod des Afrikaners halten neue Gutachten eine Beteiligung von Polizisten für wahrscheinlich. Es spreche wenig dafür, dass der Brand von Jalloh selbst gelegt worden sei, sagten Experten aus dem Ausland am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Berlin. Die Veranstaltung wurde von „Break the Silence – Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“ organisiert.
Allerdings fanden die Gutachter aus England und Kanada – zwei Brandsachverständige, ein Rechtsmediziner und ein Experte für Giftstoffe – in den Unterlagen zu dem Fall auch keine Beweise für die Mordthese der „Initiative in Gedenken an Oury Jalloh“. Diese sieht Polizisten als Täter. Was genau in der Polizeizelle passierte, ist bis heute ungeklärt. Fest steht nur, dass die Matratze in der Zelle brannte und der an Händen und Füßen gefesselte Jalloh im Feuer ums Leben kam.
Die neuen Experten fanden es wenig nachvollziehbar, dass ein später gefundenes Feuerzeug bereits während des Brandes unter dem Opfer in der Zelle gelegen haben soll. Dann hätten Spuren von Gewebe oder Haut daran kleben müssen, sagten sie. Zudem deuteten der Verlauf und die Stärke des Feuers darauf hin, dass sogenannte Brandbeschleuniger wie Benzin eine Rolle gespielt hätten, auch wenn davon keine Überreste gefunden worden seien.
Der Toxikologe sagte, Jalloh sei so betrunken gewesen und habe zudem Marihuana und Kokain genommen, dass er rein motorisch kaum in der Lage gewesen sei, mit einer gefesselten Hand die Hülle der Matratze aufzureißen, ein Feuerzeug zu zücken und den Schaumstoff anzuzünden. Die Gutachter kritisierten, dass die Fotos und Unterlagen zu dem Brand und der Untersuchung der Leiche nicht vollständig seien. So sei nicht fotografisch dokumentiert, wie weit Ruß vom Feuer in die Atemwege eingedrungen sei.
Am Rande der Pressekonferenz verfolgte der Dessauer Staatsanwalt Olaf Braun das Geschehen. Derzeit laufen noch immer Ermittlungen zu den Mordvorwürfen der Initiative. Die Justiz hatte in mehreren Prozessen seit 2005 keine Beweise für eine Fremdbeteiligung gefunden. Staatsanwalt Braun sagte, bei den derzeitigen Untersuchungen der Justiz gehe es um die Frage: „Ist der Brand so abgelaufen, wie das bisher nach den Ermittlungen angenommen wird, oder gibt es doch Hinweise darauf, dass es anders gelaufen ist?“ Braun betonte, dass zahlreiche Analysen und Gutachten von unabhängigen Laboren im Zuge der Gerichtsprozesse keine Spuren von Brandbeschleunigern gefunden hätten.
Die Jalloh-Initiative hatte bereits 2013 ein eigenes Gutachten zu einer Nachstellung der Ereignisse vorgestellt, wonach das Feuer nur mit Hilfe von Benzin hätte entfacht werden können. Nach Einschätzung des Staatsanwaltes gibt es bisher aber keinen Anlass, den Fall noch einmal aufzurollen.
Ein Dessauer Polizist war 2012 wegen fahrlässiger Tötung zu einer Geldstrafe von 10 800 Euro verurteilt worden. Ihm wurde eine Verletzung der Fürsorgepflicht gegenüber dem Gefangenen vorgeworfen, weil der Ausbruch des Brandes zunächst unbemerkt blieb. Kürzlich war der Fall Jalloh Grundlage für einen Tatort mit dem Titel „Verbrannt“.