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Eisstadion Eröffnung der Feuerstein-Arena in Schierke

Mit dem Eisstadion, das für mehrere Millionen Euro saniert wurde, ist noch mehr Wintersport im Wernigeröder Ortsteil Schierke möglich.

Von Dennis Lotzmann 14.12.2017, 00:01

Wernigerode/Schierke l Eines dürfte unstrittig sein: Wernigerode ist vor Jahren zu einem Triathlon der besonderen Art gestartet. Schließlich ist der Anspruch, den die Verantwortlichen im Rathaus und die Entscheidungsträger im Stadtrat mit den Projekten im Ortsteil Schierke verbinden, ganz besonders hoch gesteckt. 

Aus dem Dorf am Fuße des Brockens soll wieder das werden, was es mal war. Anziehungspunkt im Oberharz, Wintersport-Eldorado, kurzum: Touristenmagnet mit ganzjähriger und breit gefächerter Anziehungskraft.  Dafür wird seit Jahren geklotzt. Ein Parkhaus ist entstanden, vier Brücken wurden über die Kalte Bode geschlagen, die Infrastruktur aufgehübscht. Wenn man so will, die erste Disziplin im Triathlon – die Zwischenetappe ist erreicht. Eine neue Straße führt heute zum gut 700 Stellplätze zählenden Parkhaus am Winterbergtor und macht es schnell erreichbar.

Am Freitag wird das vielköpfige Triathlon-Team die nächste Zwischenetappe erreichen. Die Feuerstein-Arena, das traditionsreiche Eisstadion, wird nach millionenteurer Totalsanierung – die einem Neubau gleichkommt – im Beisein der Minister für Landesentwicklung und Wirtschaft, Thomas Webel (CDU) und Armin Willingmann (SPD), eröffnet.

Ein Projekt, mit dem Andreas Meling sein Meisterstück abgeliefert hat. Der 39-Jährige ist 2016 vom parteilosen Wernigeröder Oberbürgermeister Peter Gaffert zum Projektkoordinator für Schierke gemacht worden und damit Triathlon-Trainer und -Läufer gleichzeitig. In dieser Funktion muss Meling nicht nur koordinieren und zig Fäden in der Hand halten, sondern auch ein breites Kreuz haben. Schließlich stoßen die ambitionierten Pläne im heute 570 Einwohner zählenden Ortsteil Schierke – im Jahr 1990 waren es noch 1200 – in Wernigerode nicht nur auf Applaus. Insbesondere das überdurchschnittliche finanzielle Engagement sorgt für Kritik. Es gehe zu Lasten der Stadt, lautet die Kritik. 

In der Tat sind die Kosten auch bei der Feuerstein-Arena ein gutes Stück aus dem Ruder gelaufen. Laut Stadtratsbeschluss waren im Jahr 2014 dafür rund sieben Millionen Euro einschließlich einer neuen Brücke über die Kalte Bode vorgesehen. Mittlerweile ist von gut 8,9 Millionen Euro die Rede.  Wobei die Arena nur ein Mosaikstein in der Gesamtentwicklung – oder, um im Bild zu bleiben, beim Schierker Triathlon – ist. Das Land hat insgesamt ein Zehn-Millionen-Euro-Paket geschnürt und unterstützt Wernigerode bei der Entwicklung des Ortsteils. Zwei Drittel davon sind Fördermittel aus dem Stadtumbau-Ost-Programm. Die Prioritäten beim Investitionsprogramm haben die Verantwortlichen im Rathaus in Eigenregie festgelegt. Geld floss und fließt neben der Arena auch in die Sanierung der örtlichen Tagesstätte, den Kurpavillon und in den Abriss des traditionsreichen Heinrich-Heine-Hotels.

Gleichwohl sind Theorie und Praxis nicht immer deckungsgleich. So auch hier. Aufgrund des felsigen Baugrundes unter der Arena gab es immer wieder Mehrkosten, obendrein explodieren seit Jahren die Kosten in der Baubranche. Allein bei der Arena ist ein riesiges Plus zu stemmen. Was letztlich weitreichende Folgen hat.  Die Stadt überzog das Zehn-Millionen-Euro-Budget. Im Sommer musste umgeschaufelt werden, um das Arena-Projekt und damit die zweite Triathlon-Disziplin zum Etappenziel zu bringen. Geld, das für ein neues Gerätehaus für Feuerwehr, Bauhof und Bergwacht reserviert war, wurde umgeschichtet. Nun muss die Kommune sehen, wie sie das Depot finanziert. 

Deshalb und wegen des ohnehin extrem eng bemessenen Zeitfensters beim Bau präsentiert sich die neue Feuerstein-Arena Stunden vor der Eröffnung noch als Großbaustelle, auf der gut 60 Monteure rotieren. Chris Wächter von der Elektrotechnik Quedlinburg GmbH verdrahtet mit klammen Fingern Beschallung und Beleuchtung an der Eisfläche. Nebenan verkleiden Monteure aus dem thüringischen Buttstädt die Fassade mit Eternit-Platten. 

Schierke steuert derweil bei Temperaturen knapp unter dem Gefrierpunkt auf ein Bilderbuch-Winter-Wochenende zu. Augenscheinlich will Petrus zur Premiere seinen Betrag leisten und alle Unkenrufe, der Winter mache in Zeiten von Klimawandel und Erderwärmung ohnehin einen weiten Bogen um den Harz, Lügen strafen. 

Wobei die weiße Pracht wenige Tage zu früh gekommen sei, witzelt Andreas Meling. Die sanierte Tribüne des Natureis-Stadions ist zugeschneit. Um kurz vor der Premiere die Geländer montieren zu können, mussten in dieser Woche Angestellte der Stadt zum kollektiven Schneeschieben antreten.  Schnee auf der Tribüne, wenige Meter neben der geschwungenen Dachkonstruktion, dem 2400 Quadratmeter großen architektonischen Hingucker der Arena. Nein, das sei kein planerischer Fehler, versichert Arena-Chef Meling. Dass die Zuschauer schon mal im Regen oder im Schnee stehen, sei Auflage des Denkmalschutzes. „Wir haben die Naturstein-Tribüne neu verfugt, für den ebenfalls denkmalgeschützten alten Schiedsrichterturm wird noch eine neue Nutzung gesucht.“ 

Mit der Sanierung ihres Eisstadions knüpfen die Schierker übrigens an Wintersport-Traditionen an. Im Jahr 1911 entstand die bis zuletzt genutzte Eislauffläche. 1934 wurde im Zuge der Deutschen Meisterschaften im Eiskunstlauf die Tribüne gebaut. Und 1950 wurden in dem Harzort die ersten DDR-Wintersport-Meisterschaften ausgetragen. Damals holte Jutta Müller, die langjährige Trainerin von Katarina Witt, Silber. 

Mit Blick auf diese Vergangenheit fiel schon vor Jahren im Stadtrat die Grundsatzentscheidung, das heruntergekommene Natureis-Stadion nicht nur zu sanieren, sondern eine multifunktionale Arena mit gekühlter Eisfläche im kanadischen Format mit 56 mal 27 Metern völlig neu zu bauen. Magnet für ganze Region Im Winterhalbjahr – genauer von November bis Ostern – läuft künftig die Eis-Saison. Im Sommer soll die Arena für Veranstaltungen wie klassische Konzerte, die Walpurgisfeiern und für Kinder-Kletterangebote genutzt werden. Der Gedanke dabei: Die Arena soll quasi als touristischer Leuchtturm mit großer Magnetwirkung avancieren und Gäste anlocken – Harzurlauber ebenso wie Tagesausflügler. 

Das wiederum lässt sich die Stadt was kosten. Den jährlich veranschlagten 500.000 Euro Betriebs- und Personalkosten stehen bislang kalkulierte 300.000 Euro bei den Einnahmen gegenüber. Und auch das bislang nur theoretisch – „wir haben ja überhaupt noch keine Erfahrungen, wie es über das Jahr läuft“, räumt Andreas Meling ein. Aber: „Die 200.000 Euro, die die Kommune jährlich zubuttern darf, sind politisch gedeckelt – per Stadtratsvotum.“  Für den 39-Jährigen rechnet sich die Investition dennoch. Angepeilt würden jährlich 100.000 Besucher, hinzu komme der indirekte Effekt für die Harzregion. Bislang würden 250.000 Übernachtungen in Schierke gezählt. Bliebe nur die Hälfte der Gäste wegen der Arena eine Nacht länger, würde das über die täglich 2,50 Euro Kurtaxe gut 310.000 Euro in die Kasse spülen. 

Der studierte Dienstleistungsmanager kleidet dies in die Wortschöpfung „Umwegrentabilität“. Soll heißen: Die Sogwirkung der Arena werde im positiven Sinne finanzielle Auswirkungen auf die ganze Harzregion haben, ist Meling überzeugt.  Die öffentliche Hand wolle dabei Schrittmacher sein. „Wir als Stadt legen vor, die Privaten ziehen nach.“ Eine Rechnung, die in Schierke aufzugehen scheint. Bevor die Minister Webel und Willingmann morgen die Arena eröffnen, geben sie auch im neuen „Harzresort Das Schierke“ den Startschuss. 

Private Investoren haben das Areal des früheren Heine-Hotels mit 36 Ferienhäusern mit 196 Betten verwandelt. Dafür wurden knapp 14 Millionen Euro investiert – das Land gab rund 4,5 Millionen Euro dazu – und 18 Jobs geschaffen. Und nicht nur hier gibt es große Pläne. Mittelfristig peilen die Wernigeröder beim großen Triathlon weitere Ziele an. Neben dem Parkhaus am Winterbergtor, wo Skilangläufer im Winter direkt in die Loipen steigen und Kinder rodeln können, will die Stadt mit Unterstützung durch private Investoren eine Seilbahn zum Winterberg bauen. 

Das Projekt, für das annähernd 30 Millionen Euro aus privater und öffentlicher Hand fließen sollen, ist allerdings höchst umstritten, nicht zuletzt wegen der alpinen Skipiste, die auch entstehen soll. Schon jetzt – und damit noch vor Abschluss des Raumordnungsverfahrens (ROV) – drohen Umweltschützer mit rechtlichen Schritten. Im Frühjahr wird im ROV mit einem Ergebnis gerechnet – dann wird klarer, ob die Kommune in der dritten Triathlon-Disziplin überhaupt an den Start gehen kann. 

Vor diesem Hintergrund üben die Harzer den Schulterschluss: Auf Initiative von Wernigerodes OB Peter Gaffert sind am Mittwoch Bürgermeister verschiedener Harzstädte in Schierke zusammengekommen und haben ein Bekenntnis pro Winterberg formuliert. Der Harz, so die Botschaft, brauche das ganzjährige Seilbahn-Tourismus-Projekt, um Gäste anzulocken.  Zurück zur Arena, die am Freitag auf jeden Fall an den Start gehen soll. „Wir wollen diese Saison mitnehmen“, stellt Andreas Meling klar.

Das Eis, das seit Monatsanfang Schicht für Schicht entstand, sei mit fünf Zentimetern dick genug, um den ersten Tanz zu wagen.  Zumindest den Blick darauf wollten sich auch die damalige DDR-Meisterschafts-Zweite und Erfolgstrainerin Jutta Müller und deren Tochter, die Eiskunstlauf-Weltmeisterin Gabriele Seyfert, nicht entgehen lassen. Jutta Müller, die am 13. Dezember ihren 89. Geburtstag begangen hat, musste allerdings krankheitsbedingt absagen.  Derweil lockt schon am Sonnabend ein Hockeyspiel mit traditionellem Hintergrund in die Arena: Nachdem das Natureis-Stadion 1911 von zwei Berliner Mannschaften eröffnet worden ist, erwarten die Schierker Hockeyspieler dann – quasi zur Neuauflage – die All-Stars der Berliner Eisbären.

Schierke steuert auf ein Bilderbuch-Winter-Wochenende zu: Petrus perfektioniert den Start der Feuerstein-Arena mit frostig-kaltem Wetter und Neuschnee. Dazu lockt ab Freitag folgendes Programm:


Freitag, 15. Dezember


● ab 16.30 Uhr: Multimedia-Show samt Lichtkunst mit der Pinguin-Armee, Penalty-Schießen mit dem ESV Schierke, Eisrevue mit VSS Ilmenau, den sachsen-anhaltischen Landesmeistern im Eiskunstlauf sowie der tschechischen Vizemeisterin von 2012 

● ab 18 Uhr: Eislauf/Eisdisco

Sonnabend, 16. Dezember
● ab 10 Uhr: Eislauf

● 17 Uhr: Eishockey-Spiel ESV Schierke gegen Eisbären Berlin All Stars, der Eintritt (3 Euro) fließt in die Nachwuchsarbeit

Sonntag, 17. Dezember

● ab 10 Uhr: Eislauf

● 17 Uhr: Eisstockschießen

Öffnungszeiten der Arena:
Die Feuerstein-Arena ist täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet, bei Veranstaltungen auch länger. Erwachsene zahlen vier Euro Eintritt.

Ihren Namen verdankt die Schierker Feuerstein-Arena übrigens dem Sponsoring eines Harzer Kräuter-Halbbitter-Herstellers.