Polizei „Fast alle Ostderbys Risikospiele“
Immer häufiger werden Polizisten zur Zielscheibe. Volksstimme-Reporter Matthias Fricke sprach mit Polizeipräsident Schomaker.
Volksstimme: Bei Ihrem Personalmangel dürfte der Erfolg des 1.FCM und der Aufstieg in die dritte Liga eher unpassend kommen. Oder?
Andreas Schomaker: Jein. Zunächst freut es mich für die Magdeburger, dass sie aufgestiegen sind. Andererseits sind die Ostderbys mit besonders emotionalem Potential verbunden. Fast jede dieser Begegnungen ist ein Risikospiel. Das war im letzten Jahr für den Bereich der Polizeidirektion Nord noch anders. Die Begegnungen in der Regionalliga waren im Regelfall nicht so risikobehaftet, wie sie es jetzt sind. Das bedeutet natürlich eine gewisse Mehrarbeit, die wir auch hinbekommen, aber es ist und bleibt eine Mehranstrengung für uns als Polizei.
Schaffen Sie das?
Da ist unser gesetzlicher Auftrag. Wir geben uns die allergrößte Mühe und wir haben es bei den ersten Heimspielen ja auch schon hinbekommen.
Was erwarten Sie vom Fußballclub?
Meinen Sie spielerisch oder in der Frage der Sicherheit?
Na wenn Sie schon so fragen, beides.
Ich hoffe, dass sie die Klasse halten. Ansonsten erwarte ich mir natürlich eine kooperative Zusammenarbeit. Ich verstehe den Verein und die Sportverantwortlichen, die auch gerne die Stimmung im Stadion im Auge behalten. Für uns sind natürlich diejenigen, die die Stimmung hochhalten, auch manchmal problematisch im Umgang, wenn es um die öffentliche Sicherheit geht. Wir haben bei der Zusammenarbeit aber auch schon viele Fortschritte gemacht. Was noch ein Problem darstellt, ist die Verkehrsanbindung. Unglücklicherweise sind beide großen Sportstätten im Osten der Stadt, was aus polizeilicher Sicht oft zu Problemen führt.
Wie könnte denn eine Lösung aussehen?
Die Lösung könnte eine einspurige Verkehrsführung sein. Für die An- und Abreise von Gästefans sollte eine praktikable Lösung gefunden werden, ohne dass die Anwohner in Ostelbien unnötig strapaziert werden.
Da müssen Sie sich vor allem mit der Stadt Magdeburg auseinandersetzen.
Das machen wir. Ständig, bei jedem Spiel. Es wird anschließend auch immer ausgewertet, was gut oder weniger gut gelaufen ist.
Die Gewalt gegenüber Polizeibeamten nimmt nicht beim Fußball zu, sondern vielmehr im Alltag. Wie wollen Sie diesem Phänomen künftig begegnen?
Viel können wir leider nicht tun. Es ist aber eine Tendenz, die uns durchaus Sorge bereitet. Inzwischen ist bei den verletzten Kollegen eine Zahl im unteren dreistelligen Bereich erreicht. Das ist so nicht mehr hinnehmbar.
Da stecken ja auch Familien und Schicksale dahinter. Was sagen Sie Ihren Kollegen am Krankenbett?
Wir halten während des gesamten Genesungsprozesses Kontakt mit unseren Kollegen und lassen sie nicht allein.
Wie ist es denn zum Beispiel bei Gerichtsverhandlungen. Können die Beamten wenigstens auf juristische Hilfe hoffen?
Unter bestimmten Umständen kann Rechtsschutz gewährt werden. Wir unterstützen unsere Kollegen, so weit es möglich ist.
Was meinen Sie denn damit?
Wir können zum Beispiel aus dem Polizeihaushalt keine Entschädigungszahlungen leisten. Das geht nicht. Was möglich ist, machen wir auch.
Welche Hilfen erwarten Sie den vom Land?
Wir bekommen ja Unterstützung. Was die Gesetzgebung betrifft, da wird ja über eine Strafverschärfung diskutiert. Ich würde mir persönlich aber schon wünschen, wenn Gewalt gegenüber Polizisten verstärkt im Strafmaß berücksichtigt werden könnte.
Nachdem im Januar 2014 ein Polizist mit einem Panzerkettenschloss schwer verletzt wurde, lag das Strafmaß ja auch im untersten Bereich. Was sagen Sie zu solchen Urteilen?
Da könnte man wirklich höher rangehen. Gerade wenn es um die körperliche Unversehrtheit von Menschen geht, egal, ob bei Polizisten oder anderen, sollte die Justiz den vorgegebenen Strafrahmen durchaus höher ausreizen.
Ein anderes Thema sind die steigenden Einbrüche im Land. Man hat den Eindruck die Polizei reagiert nur noch. Haben Sie überhaupt ein Konzept?
Der Eindruck täuscht. Zum einen haben wir keine zunehmende Zahl von Einbrüchen. Das stagniert seit Jahren. Leider auf zu hohem Niveau. Ich würde aber nicht sagen, dass wir nur noch verwalten. Wir versuchen schon dem Phänomen entgegenzutreten.
Könenn Sie da ein Beispiel nennen?
Im Jerichower Land haben wir kürzlich eine Serie aufgeklärt, bei denen Einbrüche entlang der A 2 begangen wurden.
Nehmen wir lieber die sogenannten Spurloseinbrüche in Magdeburg, bei denen es inzwischen mehrere hundert Betroffene geben soll. Was tun Sie dagegen?
Das ist in der Tat ein Problem und ich kann gut verstehen, dass die Vielzahl der Delikte das subjektive Sicherheitsgefühl vieler Bürger in der Landeshauptstadt verunsichert. Aufgrund dieser Dimensionen wurde eigens eine Ermittlungsgruppe gegründet. Diese hat schon erste Erfolge vorzuweisen. Bei einer Durchsuchung wurden Dutzende Schlüssel gefunden und sichergestellt. Momentan ermitteln wir, woher die Schlüssel stammen, wer die Eigentümer sind und welche Strukturen hinter diesem scheinbar organisierten Phänomen stecken.
Haben Sie schon einen Verdacht?
Die bisherigen Ermittlungen bestätigen unsere Vermutung, dass es sich hier um eine größere Gruppierung von ca. 20-30 Personen handeln muss. Wir ermitteln nach wie vor in alle Richtungen. Handwerker, Wohnungsvermieter oder Reinigungsfirmen besitzen Generalschlüssel. Das muss alles noch geprüft werden und wir erhoffen uns weitere entscheidende Hinweise
Das hört sich eher nach einer organisierten Bande an?
Ja, wir gehen von organisierten Strukturen aus. Die Ermittlungsgruppe setzt alles daran, diese aufzudecken und die Hintergründe zu durchleuchten.
Ist es nicht manchmal frustrierend, wenn man so gar keine Hinweise in einer Serie hat. So wie zum Beispiel seit Monaten bei den Autobränden in Magdeburg?
Natürlich wäre es schön, wenn wir das aufklären könnten. In diesem Fall ist auch extra die Ermittlungsgruppe „Reifen“ eingerichtet worden. Aber da müssen noch Puzzleteile zusammengesetzt werden.