Flugtickets Schröders Reise-Affäre unter Verschluss
Eine geheime Namensliste bringt Sachsen-Anhalts Finanzminister André Schröder in Erklärungsnöte. Kritik kommt vom Bund der Steuerzahler.
Magdeburg l Wer genau nahm im Oktober 2017 an der Delegationsreise des Finanzministers in die USA teil? Das wollte die Landtagsabgeordnete Kristin Heiß (Linke) in einer Kleinen Anfrage vom Finanzministerium wissen. Die Antworten werden – für jedermann nachlesbar – auf der Internetseite des Landtags veröffentlicht. Normales Geschäft, eigentlich. Doch das Finanzressort teilte mit, diese Informationen würden „zum Schutz personenbezogener Daten“ bei der Geheimschutzstelle des Landtags hinterlegt. Dort dürfen sich – nach Terminabsprache – nur Mitglieder des Landtags, die als vertraulich eingestuften Unterlagen anschauen. Journalisten, die Öffentlichkeit, bleiben außen vor.
Warum die Heimlichtuerei? In Ministeriumskreisen wird erzählt, dass womöglich nicht unbedingt öffentlich werden sollte, dass zur 20-köpfigen Delegation auch zwei Dolmetscher gehörten. Dies ist ein heikler Punkt. Denn im November fragte die Volksstimme, warum der Minister ausgerechnet seine Büroleiterin auf eine teure Reise zum Internationalen Währungsfonds und zur Weltbank in die USA mitnahm. Dies ist nämlich ungewöhnlich. Antwort des Finanzministeriums damals: Die Büroleiterin habe den Minister auch begleitet, da sie „verhandlungssicheres Englisch“ spricht.
Diese Begründung wackelt nun, da ja zwei professionelle Übersetzer mit an Bord waren. Von der Volksstimme dazu befragt, erklärte Finanzminister Schröder nun: Die beiden Dolmetscher seien nicht bei allen Terminen verfügbar gewesen. Und seine Hausjuristen hätten davon abgeraten, die Namen aller Delegationsteilnehmer zu veröffentlichen. Die Abgeordnete Heiß kommentierte das am Donnerstag so: „Transparenz sieht anders aus.“
Ralf Seibicke, Sprecher des Bundes der Steuerzahler Sachsen-Anhalt und zuvor viele Jahre Präsident des Landesrechnungshofs, hatte bereits vor Wochen die Begleitung durch die Büroleiterin als „anrüchig“ bezeichnet. Er warf Schröder gestern vor, „scheinheilig und gewissenlos“ zu sein. Erschwerend hinzu kommt: Schröder hatte nach heftiger Kritik erst seine Büroleiterin versetzt und aus der Schusslinie genommene – jetzt aber wieder in seinen Stab und damit an die Spitze des Hauses zurückgeholt. „Alte Fehler werden durch neue Fehler ersetzt“, sagte Seibicke. „Damit bleibt das Gesamt-Agieren des Finanzministers in höchstem Maße unglaubwürdig.“
Der Finanzminister sprach am Donnerstag von einer gegen ihn gerichteten „Kampagne“. Selbst im eigenen Haus hat er nicht nur Freunde. Im Volksstimme-Gespräch verteidigte Schröder seine Entscheidung, die Ex-Büroleiterin erneut in eine direkt beim Minister angedockte Stelle zu holen. Die Beamtin soll ab Juni die „Stabsstelle Bund-, Länder- und Finanzbeziehungen“ leiten. Damit begleitet sie den Minister etwa zu Bundesratssitzungen und zu Finanzminister-Konferenzen.
Er habe alles abgewogen, sagte der Minister. Ihm sei es letztlich darauf angekommen, eine einvernehmliche Lösung zu finden und Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Die Ex-Büroleiterin muss keine finanziellen Abstriche machen. Der neue Job sei auf die Beamtin zugeschnitten: „Dort macht sie, was sie kann.“ Im Übrigen sei der neue Arbeitsplatz „nicht im Entferntesten mit der Büroleitung vergleichbar“, sagte er. Es werde viel weniger ins Haus hinein gewirkt, sagte er.
Hintergrund ist, dass die frühere Bürochefin im Finanzministerium wenig gelitten ist. Sie gilt dort als Günstling des Ministers. Schröder betonte, dass der neue Job der Ex-Büroleiterin auch weniger direkte Nähe zum Ministerbereich mit sich bringe. Es gebe vielleicht einige, die meinten, „die sitzt weiter bei dem auf dem Schoß“, sagte Schröder. „Das ist nicht so!“
In der Flug-Affäre steht der Finanzminister im Landtag und auch im eigenen Haus ziemlich allein da. Das Krisenmanagement bis zum heutigen Tag wird von vielen als katastrophal bezeichnet. Auch in der eigenen Partei hat er einen schweren Stand. Schröder gilt als fleißig und intelligent. Einerseits. Andererseits wird CDU-intern krisitisiert, er trete oberlehrerhaft und besserwisserisch auf.