Gericht Lange Haftstrafen für Mordversuch an A9
Das Magdeburger Landgericht hat drei Männer wegen der Tötung eines Münchners im Jahr 2012 zu langen Haftstrafen verurteilt.
Magdeburg l Die Schwurgerichtskammer am Landgericht Magdeburg hat am Donnerstag (30. April) drei Litauer wegen der Tötung eines Münchners im Jahr 2012 in einem Wald bei Dessau-Rosslau in 3. Instanz wegen versuchten Mordes, erpresserichen Menschenraubs und gefährlicher Körperverletzung zu hohen Haftstrafen verurteilt.
Vytautas L. (31) zu 13 Jahren Haft, Mindaugas L. (40) zu zehneinhalb Jahren Gefängnis und Evaldas J. (38) zu zehn Jahren und neun Monaten.
Zuvor hatte das Landgericht Dessau-Rosslau zweimal geurteilt. Der Bundesgerichtshof hatte genau so oft die Urteile teilweise aufgehoben. Das Landgerecht Magdeburg sollte zuletzt darüber entscheiden, ob Mordmerkmale vorliegen, was die Vorgerichte nicht gesehen hatten.
Die drei Angeklagten hatten zu einer Bande gehört, die den Münchner Ulf M. am 9. Januar 2012 von einer Raststätte an der A9 im Landkreis Wittenberg entführt hatte. Im Miet-Transporter des 39 Jahre alten Informatikers hatten sie ihr Opfer in einen Wald bei Dessau-Roßlau gefahren und ihn dort lange Zeit misshandelt, um die EC-Karte und die PIN zu bekommen. Danach ließen sie M. gefesselt auf der Ladefläche liegen. Er starb nach 24 Stunden an einer Fettembolie aufgrund der schweren Verletzungen. Der Tote war sechs Tage später entdeckt worden.
Nach zwei Prozessen und Urteilen am Landgericht Dessau Roßlau (Infokasten) waren die Verurteilten, aber auch die Eltern des Opfers, in Revision vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen.
Im Falle der letzten drei Angeklagten hatte der BGH geurteilt, dass das Landgericht Magdeburg überprüfen solle, inwieweit Mordmerkmale gegeben sind. Möglicherweise die Verdeckung einer Straftat und/oder niedrige Beweggründe.
Wie der Vorsitzende Richter Dirk Sternberg in seiner Urteilsbegründung sagte, habe sich die Kammer mit Blick auf das Revisions-Urteil auf ergänzende Feststellungen zu den objektiven Tatumständen, die bereits den beiden Dessauer Entscheidungen zugrunde gelegen haben, auf die Frage nach dem Mordversuch konzentriert. Das Gericht sei zu der Auffassung gelangt, dass die Täter den 39-Jährigen sterben ließen, um sich einen Vorsprung für ihre Flucht nach Litauen zu verschaffen und damit sie vom Opfer im Falle, dass er überleben sollte, nicht wiedererkannt werden. „Eine klare Verdeckungsabsicht“, so Sternberg. „Bereits zuvor hatten sie alles dafür getan, ihre Tat zu verschleiern. So hättensie ihre Fahrzeuge so geparkt, dass Ulf M. diese nicht sieht. Sie wollten ihre Ergreifung verhindern und hinauszögern, dass M. schnell gefunden wird.“ Dazu habe auch gehört, dass der „Sprinter“ in einem Waldgebiet abgestellt wurde.
Die Kammer hob die besondere Brutalität und kriminelle Energie der Litauer und ihre Vorstrafen hervor. Strafmildernd führte das Gericht bei Vytautas L. seine schwere Kindheit und die „hohe Haftempfindlichkeit eines Ausländers in Deutschland“ ins Feld, bei seinem Bruder Mindaugas ebenso wie bei Evaldas J. die alkoholbedingte Enthemmung. Bei J. zudem, dass er nicht vorbestraft ist. Auch die lange Verfahrensdauer habe das Gericht berücksichtigt.
Die elf Anwälte der Angeklagten sahen keine Mordmerkmale. Ihre Anträge lagen zwischen siebeneinhalb und „unter zehn Jahre“. Die Angeklagten können erneut Revision beim BGH einlegen.
9. Januar 2012: Ulf M. wird auf einem A9-Parkplatz entführt.
15. Januar 2012: Der Münchner wird tot in einem Wald gefunden.
3. Juni 2014: Das Landgericht Dessau verurteilt fünf Litauer wegen erpresserischen Menschenraubs mit Todesfolge zu Strafen zwischen neuneinhalb Jahren und zwölf Jahren und zwei Monaten.
Januar 2016: Der BGH hebt das Urteil gegen vier Angeklagte auf.
7. Dezember 2017: Das Landgericht Dessau verurteilt die vier Litauer wegen versuchten Totschlags zu Strafen zwischen zweieinhalb Jahren und zehn Jahren und drei Monaten.
6. Juni 2019: Der BGH hebt das Urteil gegen drei Angeklagte auf.
19. Februar 2020: Prozessbeginn vor dem Landgericht Magdeburg.