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Gesetzesänderung Streit um rechte Dauerdemos

Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht will das Versammlungsrecht verschärfen. Gegenwind kommt aus Magdeburg und von den Grünen.

Von Jens Schmidt 06.10.2020, 01:01

Magdeburg l Um das Versammlungsrecht tobt ein Streit zwischen Halle und der Polizei, und nun auch zwischen Magdeburg und dem Innenministerium. Worum geht es?

Seit Monaten hat der verurteilte und vom Verfassungsschutz als rechtsextrem eingestufte Sven Liebich zweimal wöchentlich seinen Auftritt auf dem Marktplatz in Halle. Seine Aktionen hat er bis 2067 (!) angemeldet. Mehrfach hatte Oberbürgermeister Bernd Wiegand (parteilos) versucht, den Mann mit dem Megafon und seinen Tiraden gegen Merkel, Corona und Co zu vertreiben: ohne Erfolg.

Wiegand scheiterte bereits vor Gericht, da die Versammlungsfreiheit ein hohes Gut ist. Im Lichte dessen genehmigte die zuständige Polizeiinspektion Halle Liebichs Auftritte zuletzt immer wieder. Wiegand schäumt und will die Polizeibehörde sogar verklagen, steht er doch wegen des Anschlags auf die Synagoge am 9. Oktober 2019 unter hohem Druck. Wiegand fordert, die Befugnis einer Versammlungsbehörde auf die Stadt zu übertragen. Damit würde Wiegand als OB künftig Auftritte genehmigen, mit Auflagen versehen oder verbieten. Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) kam dem nach und ließ einen Gesetzentwurf formulieren. Künftig sollen die Städte Halle und Magdeburg über Versammlungen auf ihrem Terrain entscheiden. Dafür sollen sie pro Jahr jeweils 96 410 Euro Peronalkosten überwiesen bekommen. Der Text ging bereits an die anderen Ressorts, heute berät das Kabinett. Doch Magdeburgs Oberhaupt Lutz Trümper (SPD) geht auf die Barrikade. Er will die Entscheidungsgewalt bei der Polizei belassen sehen. Andernfalls gerate er zwischen die politischen Fronten. „Genehmige ich eine rechte Demo, kriege ich Ärger, genehmige ich eine linke Demo, kriege ich auch Ärger. Darauf habe ich überhaupt keinen Bock“, sagt ein hörbar genervter OB. Er habe schon Ministerpräsident Haseloff angerufen: So darf das Gesetz nicht bleiben.

Auch Stahlknechts Koalitionspartner, die Grünen, meldeten bereits Kritik an. Grund: Der Minister will, dass eine Versammlung schon untersagt werden kann, wenn die „öffentliche Ordnung“ gefährdet ist. Damit könnte man Auftritte schon bei kleinsten zu erwartenden Störungen und daher schneller verbieten. „Diese Formulierung allein taugt nicht“, sagt ihr Innenpolitiker Sebastian Striegel. Zwar müsse die Demokratie wehrhaft sein, zugleich müssten Freiheitsrechte aber gestärkt werden. Striegel lehnt es ab, ein Gesetz nur mit Blick auf die „causa Liebich“ zu verschärfen. „Das darf nicht nur um ihn kreisen.“

Ein dritter Punkt ist hingegen unstrittig: Versammlungen dürfen künftig nur noch maximal zwei Jahre im voraus angemeldet werden.