Uniklinikum Glasklare Botschaften an die Politik
Der Ärzte-Chef der Magdeburger Uniklinik, Hans-Jochen Heinze, hat sich zur aktuellen Lage geäußert und richtete sich direkt an die Politik.
Magdeburg l Das Uniklinikum hat ganz kurzfristig zur Pressekonferenz eingeladen. Auf dem Podium sitzt die versammelte Ärzte-Elite. Im proppevollen Saal verfolgen rund 150 Mitarbeiter die Veranstaltung. Eines steht schon vor Beginn fest: Was gleich folgen wird, ist als Antwort auf eine Pressekonferenz des Aufsichtsrats am Vortag zu verstehen. Es gebe einiges klarzustellen, heißt es vorab aus dem Umfeld des Klinikums.
Hans-Jochen Heinze, seit März Ärzte-Chef, steht im Mittelpunkt. Er wirkt entspannt. Trotz der Turbulenzen der zurückliegenden Tage gelassen. Obwohl aus dem Aufsichtsrat tags zuvor Kritik an seinem Agieren laut geworden war. Grund: Der Klinikvorstand hatte angeordnet, dass die Krebsstation wegen hygienischer Mängel aufgrund fehlender Gelder vorübergehend geschlossen wird. Der Aufsichtsrat erfuhr davon nach eigenem Bekunden erst aus der Volksstimme.
Heinzes Statement bei der Pressekonferenz wird immer wieder mit Beifall der Beschäftigten bedacht. Der Ärzte-Chef sagt, die Universitätsmedizin sei in besonderem Maß gefordert, die Gesundheitsversorgung auch in Zukunft sicherzustellen. „Es ist Aufgabe der Politik, dafür zu sorgen, dass die Universitätsmedizin diesem Auftrag nachkommen kann.“ Dann folgt ein Satz, der als unverhohlene Kritik auch am Aufsichtsrat verstanden werden muss, in dem drei Landesminister sitzen: „Am Uniklinikum Magdeburg nimmt die Politik diese Aufgabe seit Jahren nicht angemessen wahr. Die massive Unterfinanzierung hat zu gravierenden Mängeln geführt, die in externen Gutachten im Detail dokumentiert sind.“
Die Volksstimme hatte über eine aktuelle Expertise des Prüfunternehmens Ernst & Young berichtet. Konstatiert wurde, dass in einigen Bereichen der Uniklinik durch „unzureichende Hygienestandards und grobe bauliche Mängel“ sogar „höchste Patientengefährdung“ gegeben sei. Heinze betont, alle kritischen Bereiche würden gemeinsam mit externen Experten sorgfältig aufgearbeitet: „Die akuten Missstände müssen im Laufe dieses Jahres beseitigt werden.“ Konkreter wird er allerdings nicht. Er räumt ein: „Die Lage ist ernst.“ Um die akuten Probleme in den Griff zu bekommen, brauche die Uniklinik 100 Millionen Euro – verteilt über vier Jahre. „Damit können wir aber nur das Fundament reparieren.“
Dem Aufsichtsrat um den Vorsitzenden, Wissenschaftsminister Armin Willingmann (SPD), sind Missstände seit langem bekannt. In der Ärzteschaft rumort es deswegen mächtig. Heinze sagt: „Ein Aufsichtsrat muss handeln.“ Er hätte sich da mehr Engagement gewünscht – gemeint sind auch die zuständigen Ministerien.
Willingmann selbst hatte in einer Pressekonferenz am Dienstag betont, der Aufsichtsrat könne nicht in das operative Geschäft eingreifen. Bei der Veranstaltung wurden die schwerwiegenden Mängel stattdessen kleingeredet. Der Klinikvorstand wurde für sein offensives Agieren kritisiert. Sozialministerin Petra Grimm-Benne (SPD) etwa warf dem Vorstand vor, „grob fahrlässig“ zu handeln und der Klinik zu schaden. Heinze reagiert gelassen: „Ich betrachte Transparenz nicht als fahrlässig.“ Solche „Scharmützel“ seien unangemessen. Der Ärztechef geht noch weiter, er kritisiert die Zusammensetzung des Aufsichtsrats, in dem mit Armin Willingmann (SPD), André Schröder (Finanzen, CDU) und Petra Grimm-Benne (Soziales, SPD) gleich drei Minister sitzen. „Das ist ein schlechtes Konstrukt“, sagt er.
Ungeachtet der Mängel werde in der Unimedizin Magdeburg auf höchstem Niveau gearbeitet, versichert Heinze. „Dass diese Leistungen trotz der Unterfinanzierung möglich sind, ist der großartigen Leistungsfähigkeit aller Mitarbeiter zu verdanken.“ Die Lage müsse aber dringend verbessert werden, denn: „Die Defizite in der Infrastruktur führen die Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.“ Es müsse jetzt so investiert werden, wie es die anderen Uniklinika seit Jahren täten. Dort würden Milliardenbeträge investiert. Heinze fordert ein „konzertiertes Handeln von Politik und Krankenkassen“.
Der Klinikvorstand hat den Sanierungsstau im Haus zuletzt auf 800 Millionen Euro beziffert. Vor allem das führte nach Angaben der Leitung zu einem Rekorddefizit von zuletzt 17,2 Millionen Euro. Als Hauptursache hat der Vorstand die jahrelange, überzogene Sparpolitik der Landes ausgemacht. Doch es gibt auch hausgemachte Probleme. Wegen des Defizits stand der Vorstand im Aufsichtsrat zuletzt unter Rechtfertigungsdruck. Am Ende geht der Ärzte-Chef auch darauf ein: „Ich stehe nicht auf dem Standpunkt, dass wir eine schwarze Null schreiben müssen“, sagt er. „Wir sind dafür da, den Menschen zu helfen.“ Es folgt langer Applaus.