Autohaus-Inhaber moniert erheblichen Reinigungsaufwand / Zerbster Imker muss seine Bienenvölker umsiedeln Großer Streit um Insektenkot auf Autolack
Ein Zerbster Imker musste seine Bienenvölker umsiedeln. Sie sollen die
Fahrzeuge eines benachbarten Autohauses beschmutzt und so für deutlich
gesteigerten Reinigungsaufwand gesorgt haben.
Zerbst l Seit 1986 hält Manfred Schmidt am Zerbster Ortsausgang Richtung Magdeburg Bienen. Ein idealer Platz, der vor ihm von einem ebenso beflissenen Imker genutzt wurde. 37 Jahre später ist der Standort verwaist. Schmidt ist im August 2013 wider Willen umgesiedelt, denn der seinerzeit per Handschlag besiegelte Pachtvertrag für den Standort wurde durch den Grundstücksbesitzer plötzlich beendet.
Schmidt fühlt sich ungerecht behandelt. Sein Rückzug markiert das Ende eines Streites mit einem benachbarten Autohaus-Inhaber. Die Schmidtschen Bienen würden die dort präsentieren Fahrzeuge über Gebühr beschmutzen.
Insektenkot bewirkt hartnäckige Flecken
Selbst modernste Autolacke nehmen Schaden, sobald Vogel- oder Insektenkot längere Zeit anhaftet. "Diese Auswirkungen sind unbestritten", sagt Ralf Bertram. Der Haldenslebener ist stellvertretender Vorsitzender des Imkerverbandes Sachsen-Anhalt. "Bienen sind reinliche Tiere. Sie koten außerhalb des Stocks ab, beliebt dafür sind helle Flächen. Aber genauso verhalten sich auch Wespen oder Hornissen. Deren Kot ist fast wie Säure. Ich kann den Autohaus-Besitzer einerseits verstehen. Andererseits hilft es ihm sicher nicht, Bienenhaltung in der Nähe zu verhindern, wenn um die Ecke Wespen ein Nest bauen."
Für Autohaus-Inhaber Gregor Riehl besteht ein direkter Zusammenhang zwischen den Bienen und seinem Mehraufwand. Der sei seit 2010 beachtlich: Tägliche Kontrollgänge, zusätzliche Reinigungsarbeiten mit Hochdruck-Geräten, die er aus Kostengründen teils sogar selbst vornahm Doch all dies half nicht, als 2011 ein Kundenfahrzeug bei Abholung aus der Werkstatt erheblich besprenkelt auf dem Hof stand. "Wir haben Qualitätskriterien einzuhalten. Schäden an Kundenfahrzeugen sprechen sich rum. Ich kann nicht riskieren, auf diese Weise Kunden zu verlieren", macht er deutlich. Zugleich war ihm stets unwohl, gegen den Bienenzüchter zu Felde ziehen zu müssen. "Ich weiß um die biologische Funktion der Bienen und bin absolut für Naturschutz. Aber was bleibt mir denn? Ich muss die Qualität halten. Es gab Tage, da waren besonders auf hellen Fahrzeugen binnen ganz kurzer Zeit über 40 Flecken. Die müssen dann immer unverzüglich entfernt werden, ansonsten bekommt man sie überhaupt nicht mehr weg. Welcher Neuwagenkunde sieht sich Autos mit Flecken an und kauft dann dort?"
Unlösbarer Interessenkonflikt
Ein schier unlösbarer Interessenkonflikt mit unsicherer Beweislage. Während die Königinnenzucht auf dem Hügel neben dem Autohaus jahrzehntelang ohne Probleme verlief, löste die Präsenz der damals 20 bis 25 Bienenvölker, die Schmidt seit 2008 ganzjährig auf dem Hügel platzierte, ab 2009 den Streit aus. "Ich konnte gesundheitsbedingt über den Sommer nicht mehr mit dem Wagen ziehen, wie es die Jahre zuvor geschehen ist."
Bienen fliegen in immer gleichen Schneisen aus, und sie koten in etwa 50 Metern Entfernung vom Stock, argumentiert Schmidt. "Sind das überhaupt meine Bienen?", fragt er angesichts der deutlich größeren Distanz zum Autohaus. Die Sache wurde der Schiedsstelle in Zerbst vorgetragen. Deren Schlichterspruch lautete, die Schmidtschen Bienen versuchsweise umzuquartieren und dann zu beobachten, ob und wie die Riehlschen Fahrzeuge verschmutzen. Doch auf diesen Versuch mochte sich Schmidt nach anwaltlicher Beratung nicht einlassen. Vielmehr argumentierte er mit rechtskräftigen Gerichtsurteilen, denen zufolge Nachbarn von Imker-Grundstücken Beeinträchtigungen bis zu einem gewissen Grad hinzunehmen hätten. Insbesondere der in damit korrespondierenden Gutachten genannte Abstand von mehr als 50 Metern sei schließlich deutlich überschritten.
Der Streit wäre womöglich vor Gericht gelandet, hätte nicht zwischenzeitlich der Verpächter der Fläche des Bienenhauses den Vertrag gekündigt. Schriftlich wurde Schmidt aufgefordert, seinen Bienenwagen bis zum Jahresende zu entfernen. Es stellte sich heraus, dass der Autohaus-Inhaber dieses Gelände für eigene Zwecke vom Grundstückseigentümer pachtet. Folglich hat dieser den schon vor Erwerb des Grundstückes bestehenden "Handschlag-Pachtvertrag" mit Manfred Schmidt nunmehr gekündigt.
"Ich musste mich nunmehr fügen und bin froh, dass mir Bekannte beim Umsetzen auf einen anderen, längst nicht so guten, aber brauchbaren Standort behilflich waren", erklärte Schmidt. Seit 60 Jahren hält er Bienen. Jahrzehntelang züchtete er Königinnen und unterrichtete den Imker-Nachwuchs. Jetzt, herzkrank und desillusioniert, betrübt und bewegt ihn sehr, dass sein Imkerleben einen so bescheidenen Fortgang nimmt.
Imker werden häufig attackiert
Ist der Zerbster Fall die Ausnahme? Frank Grosch, Geschäftsführer des Landesverbandes Sachsen-Anhalt des Zentralverbandes des deutschen Kraftfahrzeughandwerks in Möckern, kennt eine derartige Konstellation jedenfalls nicht. "Was nichts heißen muss. Ich könnte mir vorstellen, dass sich unsere Mitgliedsunternehmen in solchen Fällen eher mit ihren eigenen Rechtsbeiständen um die Angelegenheit bemühen und der Verband außen vor bleibt."
Ganz anders die Kenntnisse beim Landesimkerverband. "Es kommt recht häufig vor, dass unsere Imker als Verursacher irgendwelcher Beeinträchtigungen dastehen. Vieles ist hanebüchen. Oft wird vergessen, welche elementare Rolle die Bienen spielen. Die Imkerei ist gelebter Naturschutz, daran hängen unzählige Stunden Freizeit. Es ist eine Mär, wenn Leute glauben, dass mit der Imkerei noch irgend ein wirtschaftlicher Vorteil verbunden wäre." Vielmehr wären immer wieder Streitigkeiten und Gerichsverfahren zu verzeichnen, teils aber auch Beschädigungen an den Anlagen der Imker.