Restauratorin aus dem Salzlandkreis erhält Bundesverdienstkreuz "Ich bin gespannt, ob Joachim Gauck mich wiedererkennt"
Plötzky l 35 Bürgern wird Bundespräsident Joachim Gauck am 4. Oktober für ihr Engagement mit Verdienstorden ehren. Darunter ist eine Sachsen-Anhalterin: Anna-Maria Meussling aus Plötzky bei Schönebeck im Salzlandkreis. Nach dem Verdienstkreuz am Bande 1993, wird ihr nun die höhere Stufe, das Verdienstkreuz 1. Klasse, verliehen.
Ohne den Mut von Anna-Maria Meussling würden neun Kirchen in Sachsen-Anhalt heute verfallen sein. Die Restauratorin hat zahlreiche Kirchenaltäre, Gemälde und Skulpturen für die Nachwelt gerettet. Dafür erhält sie nun diese hohe Auszeichnung.
"Mit der Arbeit wird man immer geduldiger." Anna-Maria Meussling schabt ganz behutsam Millimeter für Millimeter die oberste Farbschicht des kleinen Marienschreins ab. "Das ist nun wirklich mein letzter Auftrag", blickt die 70-Jährige kurz auf, "dann restauriere ich höchstens mal noch ein Gemälde."
Lange über einem Objekt zu sitzen, Staub und giftige Chemikalien würden zu dem Berufsalltag eines Restaurators gehören. "Langsam werde ich dafür zu alt", meint Anna-Maria Meussling. Doch das, was sie in 50 Jahren geschaffen habe, sollte reichen.
"Ich bin gespannt, ob Joachim Gauck mich wiedererkennt", so die Plötzkyerin. Den heutigen Bundespräsidenten habe das Paar Meussling zu Ostzeiten bei den Berliner Bibelwochen kennengelernt.
Wird die Pfarrerstochter gefragt, wie sie zu ihrem Beruf kam, kommt die Antwort prompt: "Ich wollte es besser machen." Viel Zeit hat sie in ihrer Jugend in Kirchen verbracht und es tat ihr leid, um die Altäre und Skulpturen, denen wenig Aufmerksamkeit gewidmet wurde und die dem Verfall geweiht waren.
Mit 21 Jahren heiratete sie den Pfarrer Rüdiger Meussling. Gemeinsam zogen sie nach Baben bei Stendal. In den kommenden zehn Jahren "folgten drei Kirchen und drei Kinder", so die Restauratorin mit einem Schmunzeln. Sowohl das Pfarrhaus als auch die Kirchen seien in einem schlimmen Zustand gewesen. Anna-Maria Meussling und ihr Mann haben die Gebäude restauriert, "so gut es in dieser Zeit eben ging". Man hat es der Pfarrfamilie nicht immer leicht gemacht. "Es gab keine Unterstützung für den Aufbau der alten Kirchen", sagt Anna-Maria Meussling.
Mit dem Umzug 1973 nach Plötzky wurde es nicht leichter. In keiner Kirche, die der Pfarrer von nun an betreute, gab es Licht. Gerade in dem Gotteshaus im Nachbarort Pretzien, das der Kreiskirchenrat bereits aufgegeben hatte, entdeckte Anna-Maria Meussling das Herzstück ihrer Arbeit. Von den einmaligen Wandmalereien aus den Jahren um 1220 wusste zuvor niemand etwas.
Das Leben der beiden beschreibt Rüdiger Meussling mit den Worten: "Wir haben nie gefragt, ob wir das schaffen, sondern wir haben einfach angefangen und es geschafft." Hilfe haben sie zwar nie finanziell erhalten, aber dafür gab es immer Menschen, die mit angepackt haben. "Und aus diesem Miteinander ist auch die Idee unseres ersten Musiksommers enstanden", erzählt Anna-Maria Meussling. Diesen organisierten sie in diesem Jahr bereits zum 38. Mal.
Auch, dass die Straße der Romanik an den Kirchen ihrer Region vorbeiführt, hat Anna-Maria Meussling organisiert. Sie hat mit an dem Projekt im Wirtschaftsministerium gearbeitet. Ihr Ehemann ist stolz: "Ich bin immer wieder beeindruckt, was meine Frau alles kann und wie sie die vielen Aufgaben als Pfarrfrau und zugleich ihren Beruf meistert."