Bürgerwehr In der Börde sind Nachbarn auf Patrouille
In Barleben wollen sich Bewohner nicht mehr nur auf die Polizei verlassen. Sie haben eine „Nachbarschaftshilfe“ gebildet.
Barleben l In Barleben (Bördekreis) mit seinen 5800 Einwohnern gab es bis Ende Oktober dieses Jahres 252 Straftaten, darunter zehn Einbrüche in Einfamilienhäuser. In diesem Zeitraum des Vorjahres waren es 239 Straftaten und acht Einbrüche. Die Polizei zählt den Ort nicht zu den kriminellen Hochburgen. Dennoch hat sich hier eine Nachbarschaftshilfe gegründet, die sich über „Whatsapp“ (einen Nachrichtendienst über das Smartphone) verständigt und nachts im Wohngebiet auf Streife geht.
Marcel Rauch (45) hatte die Idee für die Nachbarschaftshilfe und rief bei Facebook dazu auf. „Innerhalb einer Woche haben sich 70 Einwohner gemeldet. Der Grund waren die vermehrten Einbrüche. Viele trauten sich ja kaum noch, ihre Häuser zu verlassen“, sagt der Barleber.
Inzwischen seien aber in jeder Ecke „Melder“ – Familienväter, Frauen und junge Männer, die per „Whatsapp“ ihre Beobachtungen mitteilen. Und einige fahren auch nachts Streife, um nach dem Rechten im Wohnviertel zu sehen. „Wir verstehen uns aber ausdrücklich nicht als Bürgerwehr. Das klingt so militant und das sind wir nicht. Wir wollen nur aufeinander aufpassen“, betont Rauch, von Beruf Sicherheitsmann: „Wir wollen nur, dass die Ganoven sich beobachtet fühlen.“ Wenn es brenzlig wird, rufe er die Polizei. Die unbewaffnete Schutzpatrouille beziehe sich auf das Jedermannsrecht. Danach darf jeder Bürger im Fall einer Straftat einen Täter bis zum Eintreffen der Polizei festhalten.
Dem Innenministerium seien ähnliche Zusammenschlüsse bisher nicht bekannt. Unterdessen hat sich am Wochenende über Facebook eine „Bürgerwehr Magdeburg“ zu Wort gemeldet. Sie will in jedem Stadtteil aktiv werden. Innerhalb von 24 Stunden klickten mehr als 1500 auf „Gefällt mir“.
„Die Idee ist zwar grundsätzlich gut, wenn Nachbarn aufeinander achten. Allerdings gibt es auch klar Grenzen“, sagt Ministeriumssprecher Stefan Brodrück. Und die könnten leicht überschritten werden. Feststellungen der Identität, Daten sammeln oder Durchsuchungen unterliegen ausschließlich der Polizei.
Noch härtere Töne findet Wolfgang Ladebeck von der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG): „Das halte ich für den völlig falschen Weg. Die Beamten sind nunmal die Profis. Solche Streifen sind Laienkünstler, die sich nur in eigene Gefahr bringen.“ Auch sein Kollege von der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Uwe Petermann, sieht es so: „Wir halten das für sehr gefährlich. Polizeiarbeit ist Profiarbeit. In diesem Fall ist die Politik gefragt. Mehr Präsenz erfordert aber mehr Beamte.“