Spurlos verschwunden Vermisstenfall Inga: Zehn Jahre nach dem Verschwinden – eine Chronik
Seit fast zehn Jahren fehlt von Inga jede Spur. Die damals Fünfjährige verschwand am 2. Mai 2015 bei einem Familienausflug nahe Uchtspringe. Es folgten großangelegte Suchaktionen – bisher ohne Erfolg.

Wilhelmshof/Schönebeck. - Das Schicksal bewegt viele bis heute: Vor zehn Jahren, am 2. Mai 2015, ist die fünfjährige Inga verschwunden. Ihr Verschwinden während eines Familienausflugs in das Diakoniewerk Wilhelmshof nahe Uchtspringe (Landkreis Stendal) löste eine der größten Such‑ und Ermittlungsaktionen in der jüngeren Kriminalgeschichte Sachsen‑Anhalts aus. Und die Suche dauert bis heute an.
Mehr zum Verschwinden von Inga: Cold Case: 2015 verschwand die kleine Inga bei Stendal von einer Familienfeier - seitdem fehlt jede Spur (mit Video)
Trotz zehntausender Einsatzstunden von Polizei, Feuerwehr, Bundeswehr – und unzähligen Freiwilligen – konnten weder ein entscheidender Hinweis noch verwertbare Spuren gefunden werden.
Ihr Verschwinden jährt sich 2025 zum zehnten Mal. Was ist in der Zwischenzeit passiert? Eine Chronik:
5. März 2025: Beamte durchsuchen Waldstück zum wiederholten Mal
Wie schon im Vormonat suchen Polizeibeamte erneut im Wald zwischen Uchtspringe und der Diakonie Wilhelmshof nach Hinweisen. Auch im März 2025 werden sie nicht fündig.
5. Februar 2025: Waldstück bei Stendal wird erneut von Polizei durchkämmt
50 Beamte der Landesbereitschaftspolizei und Kriminalisten der Cold-Case-Einheit aus Halle durchkämmen ein Waldstück zwischen Wilhelmshof und Uchtspringe in der Hoffnung, neue Spuren zu finden.
Wie eine Polizeisprecherin erklärt, gebe es aber keine neuen Hinweise. Vielmehr sei es darum gegangen, eventuelle Überreste oder verrottete Kleidungsreste zu finden.
4. November 2024: Smoothie-Hersteller „True Fruits“ startet Suchkampagne auf Flaschen
Seit dem 4. November 2024 sind Bilder der vermissten Inga auf Smoothie-Flaschen des Herstellers „True Fruits“ aufgedruckt. Sie zeigen das Fahndungsfoto des vermissten Mädchens im Alter von fünf Jahren und daneben ein von Spezialisten angefertigtes Foto, auf dem rekonstruiert wurde, wie Inga heute aussehen könnte.
Über 40 neue Hinweise sollen durch die Flaschen-Aktion bei der Polizei eingehen.
21. Oktober 2024: Taucher durchsuchen Tümpel
Im Zuge eines behördeninternen „Ringtauschs“ ungelöster Kriminalfälle gehen die Unterlagen an ein neues achtköpfiges Ermittlerteam. Die kompletten Fallakten wurden digital erfasst und anschließend systematisch auf mögliche Ermittlungs‑ und Dokumentationslücken geprüft.
Den Beamten sticht dabei auch ein kleines Gewässer ins Auge: ein stark verschlammter Tümpel, dessen Oberfläche dicht von Entengrütze bedeckt ist. Taucher der Polizei untersuchen das Becken Zentimeter für Zentimeter. Der Weiher mit seinem steil abfallenden Ufer liegt lediglich zwei bis drei Kilometer südwestlich der Stelle, an der das Inga spurlos verschwand. Gefunden wird nichts.
20. März 2024: Polizei sucht erneut im Wald bei Wilhelmshof nach Hinweisen
Die Suche nach der vermissten Inga wird in einem Wald bei Wilhelmshof wieder aufgenommen. Es wird gehofft, dass Kleidungsstücke oder andere Überbleibsel gefunden werden.
Konkrete Hinweise auf einen Verbleib des Mädchens gibt es jedoch aus dieses Mal nicht, obwohl die Akten erneut studiert werden. „Wir wollen eben nach jedem Strohhalm greifen“, sagt der Polizeisprecher.
2. Dezember 2023: Private Spürhunde durchsuchen Wald nach einer Spur auf Inga
Seit Jahren bemüht sich ein kleines Team aus Anwälten und Privatdetektiven – alle arbeiten pro bono – darum, das Rätsel um Ingas Verschwinden zu lösen. Zu ihnen gehört der Berliner Rechtsanwalt Steffen Tzschoppe, der einen Bruder des Mädchens vertritt.
Bereits 2015 schlugen im Wald Uchtspringe Spürhunde der Polizei an. Aus diesem Grund werden nun im Dezember 2023 Spürhunde aus dem Saarland hinzugerufen, um an der Stelle erneut zu suchen. Die vier Hunde sind darauf spezialisiert, vergrabene menschliche Überreste nach langer Liegezeit zu finden.
Die Hunde finden tatsächlich Knochen – jedoch stellt sich nach einer Untersuchung der Funde heraus, dass es sich um tierische Überreste handelt.
5. Februar 2023: Anwalt der Familie erhebt schwere Vorwürde gegenüber der Polizei
Im Interview äußert Anwalt Tzschoppe scharfe Kritik an der Arbeit von Polizei und Staatsanwaltschaft. Besonders ärgerlich sei, kritisiert er, dass es keinerlei Reaktionen oder Fortschritte von dieser Seite gebe.
In einem Schreiben an Landesinnenministerin Tamara Zieschang (CDU) erhebt der Anwalt, der einen Bruder der Vermissten vertritt, schwere Vorwürfe gegen frühere Ermittler und eine „unabhängige Prüfgruppe“. Diese habe ihre Arbeit bereits nach elf Tagen eingestellt. Später seien 73 Seiten an Akten hinzugefügt worden, die den anderen Gruppenmitgliedern nicht bekannt gewesen sein sollen, so Tzschoppe. Diese Seiten hätten einfach im Schreibtisch eines Fachkommissariats gelegen. Tzschoppe sieht darin einen möglichen Anfangsverdacht auf Strafvereitelung im Amt.
Außerdem sei der Abschlussbericht der Prüfgruppe offenbar nie weitergegeben oder gelesen worden, so Tzschoppe. Er kritisiert zudem, dass Hinweise auf mögliche Verdächtige ignoriert worden seien.
16. Juni 2020: Zusammenhänge zu Maddie-Verdächtigem werden geprüft
Ein möglicher Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Inga und dem Verdächtigen im Fall „Maddie“, Christian B., wird öffentlich. Der 43-Jährige besitzt ein Grundstück in Neuwegersleben, unweit von Stendal, und hatte einen Tag vor Ingas Verschwinden einen Unfall nahe Helmstedt.
Sein Aufenthaltsort am Tag von Ingas Verschwinden ist unklar. Die Staatsanwaltschaft Stendal hatte zunächst angekündigt, mögliche Verbindungen zu prüfen, die Ermittlungen jedoch schnell wieder eingestellt.
Ingas Mutter kritisiert, dass anscheinend kein echtes Interesse an der Aufklärung dieser Spur bestehe. Auch ihre Anwältin bemängelt, dass nur Standardmaßnahmen wie eine Funkzellenabfrage vorgenommen wurden.
Der Staatsanwalt verweist auf fehlende Anhaltspunkte und betont, dass sich das Handy von Christian B. zum Zeitpunkt des Verschwindens nicht in der Nähe eingeloggt habe. Die Anwältin überzeugt das nicht, da ein Handy auch ausgeschaltet sein könne.
3. Juni 2015: Erneute Suche der Polizei im Wald
Die Polizei sucht im Waldstück bei Wilhelmshof erneut nach dem fünfjährigen Mädchen. Einen Tag später wird die Suche wieder eingestellt, ohne eine Spur zu haben.
2. Juni 2015: Polizei verspricht Geld-Prämie bei Tipp
Die Polizei setzt eine Belohnung von 25.000 Euro für den entscheidenden Tipp im Vermisstenfall Inga aus. Bis dato ist es die höchste Summe, die je von der Polizei in Sachsen-Anhalt ausgeschrieben wurde.
6. Mai 2015: Suche nach Inga wird beendet
Die Einsatzkräfte beenden die erfolglose Suche nach der vermissten Inga im Wald. Insgesamt haben sie vier Tage und Nächte versucht, das Mädchen aus Schönebeck zu finden. In den vergangenen Tagen wurden Teiche ausgepumpt sowie Stolperfallen und Hänge geprüft.
4. Mai 2015: Suche nach der vermissten Inga wird ausgeweitet
Nachdem die bisherigen Versuche der Polizei, Inga zu finden, erfolglos geblieben sind, wird die Suche erweitert. Insgesamt 1.000 Helfer der Feuerwehr und dem technischen Hilfswerk beteiligen sich und durchkämmen ein 3.500 Hektar großes Waldstück.
2. Mai 2015: Inga verschwindet bei Familienausflug
Die fünfjährige Inga aus Schönebeck verschwindet während eines Familienausflugs im Diakoniewerk Wilhelmshof bei Uchtspringe im Landkreis Stendal.
Während eines Grillabends geht sie vermutlich in den angrenzenden Wald, um Holz zu sammeln, und kehrt nicht zurück. Trotz umfangreicher Suchaktionen mit Hunden, Hubschraubern und hunderten Einsatzkräften bleibt sie zunächst spurlos verschwunden.