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Jede sechste Stimme für AfD: Mehrheit für Schwarz-Rot

Die AfD steht in Sachsen-Anhalt nach einer neuen Umfrage mit 17 Prozent vor ihrem besten Landtagswahlergebnis. Politiker äußern sich besorgt, Forscher suchen Ursachen.

Von Von Rochus Görgen, dpa 17.02.2016, 14:14

Magdeburg (dpa/sa) - Knapp einen Monat vor der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt schließt die AfD nach einer neuen Umfrage zur mitregierenden SPD nahezu auf. Die rechtspopulistische Partei käme nach der Untersuchung von Infratest dimap derzeit auf 17 Prozent, die SPD auf 18. Damit ginge etwa jede sechste Stimme an die Alternative für Deutschland (AfD) - es wäre das bislang beste Ergebnis der Partei bei einer Landtagswahl. Den Zulauf verdankt die AfD Protestwählern, nicht ihrer Kompetenz, meinte der Politologe Everhard Holtmann.

CDU-Regierungschef Reiner Haseloff forderte angesichts der hohen AfD-Werte auf Bundesebene Lösungen in der Flüchtlingsdebatte. Obwohl bei einem starken Abschneiden der AfD alle Landtags-Parteien Einbußen hinnehmen müssten, wäre eine Fortsetzung der schwarz-roten Koalition im Land möglich. Für Szenarien wie Rot-Rot, Rot-Rot-Grün oder Schwarz-Grün fehlt die Mehrheit.

Die CDU käme laut Infratest dimap auf 32 Prozent der Stimmen, die SPD auf 18 Prozent, wie der MDR als Auftraggeber der Umfrage am Mittwoch mitteilte. Zusammen könnten sie mit 50 Prozent der Stimmen eine klare Mehrheit im Parlament bilden. Die Linkspartei käme auf 20 Prozent und wäre damit erneut zweitstärkste Partei. Die Grünen müssten mit fünf Prozent um ihren Wiedereinzug in den Landtag zittern, die FDP würde mit vier Prozent scheitern.

Nach Einschätzung des Politikwissenschaftlers Holtmann wird die AfD vor allem aus Protest gegen etablierte Parteien gewählt. Die AfD zieht aus allen Lagern Protestwähler an, sagte der Professor der Universität in Halle. Die AfD wird nicht wegen ihrer Sachkompetenz oder ihrer Personen gewählt. Unsicherheit und Besorgnis über die Flüchtlingspolitik seien weitere Motive.

Der hohe Wert für die AfD sei kein Ausreißer, sagte Holtmann. Das liegt in etwa auf dem Niveau, das in ganz Ostdeutschland gemessen wird. In Brandenburg, Thüringen und Sachsen waren die Landtage jeweils noch vor dem großen Flüchtlingszuzug gewählt worden, dort hatte die AfD teils ebenfalls zweistellige Werte erreicht.

Zu einer möglichen Neuauflage der Koalition von CDU und SPD sagte Holtmann: Es zeichnet sich ab, dass die Mehrheit so groß ist, dass ein relativ stabiles Regierungshandeln möglich ist.

CDU-Regierungschef Haseloff erklärte, die Menschen wollten, dass die Koalition der Mitte unter seiner Führung fortgesetzt werde. Im Bund müsse das Flüchtlingsthema gelöst werden. Die Kanzlerin muss liefern, sagte Haseloff. SPD-Spitzenkandidatin Katrin Budde wertete die hohen Umfragewerte für die AfD als ein Zeichen einer tiefen gesellschaftlichen Spaltung des Landes.

Die Linkspartei warf der CDU Stimmungsmache in der Asyldiskussion vor. Die Begrenzungsdebatte hat nur einen Effekt, die Flüchtlinge werden immer mehr zu einer Bedrohungskulisse, sagte Parteichefin Birke Bull. Grünen-Chefin Claudia Dalbert forderte von der CDU eine strikte Abgrenzung zur AfD. Jede Zweitstimme für Grün ist eine Stimme gegen Neonazis und Rechtspopulisten.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD hatten alle im Landtag vertretenen Parteien ausgeschlossen. Die SPD lässt sich sowohl eine Neuauflage der Koalition als auch ein Bündnis mit der Linkspartei offen. Die CDU wirbt für eine Fortsetzung von Schwarz-Rot.

Die Flüchtlingssituation wird der Umfrage zufolge als das wichtigste Problem im Land gesehen. 37 Prozent gaben dies als das Top-Thema an. Danach folgte mit 32 Prozent die Arbeitsmarktlage, 16 Prozent gaben die Landflucht und Überalterung der Gesellschaft an.

Zur Flüchtlingspolitik erklärten 43 Prozent, sie trauten keiner Partei zu, die Situation in den Griff zu bekommen. Am besten schnitt dabei noch die CDU mit 27 Prozent ab, gefolgt von der SPD mit 11 Prozent. Der AfD trauten dies nur 6 Prozent der Befragten zu.

Die Politik in Sachsen-Anhalt dürfe nun nicht den Eindruck erwecken, sie habe das Flüchtlingsthema nicht im Griff, sagte Politologe Holtmann. Das Land ist in der Lage - auch durch eine faktische Allianz kommunaler Politiker und ehrenamtlicher Helfer - humane und sozialverträgliche Lösungen zu bieten, meinte er. Dies müsse der Vernebelungspolitik der AfD entgegengestellt werden.

Unter den Spitzenkandidaten erreichte Regierungschef Haseloff mit 58 Prozent am meisten Zustimmung. Der Fraktionschef der Linken, Wulf Gallert, kam auf 30 Prozent, SPD-Chefin Budde auf 25 Prozent und Grünen-Fraktionschefin Dalbert auf 13 Prozent.

Bei der Landtagswahl 2011 war die CDU mit 32,5 Prozent stärkste Kraft geworden. Die Linkspartei erzielt 23,7 Prozent, die SPD kam auf 21,5 Prozent. Die Grünen erreichten damals 7,1 Prozent, die FDP schied aus.

Umfrage im Auftrag des MDR

Umfrage ZDF-Politbarometer

Erebnisse von 2011