Glyphosat Kein Ende der Diskussion
Die EU lässt Glyphosat zu. In Sachsen-Anhalt geht die Diskussion weiter. Viele Bauern verteidigen den Unkraut-Vernichter.
Magdeburg l „Es muss endlich Schluss damit sein, Glyphosat zu verteufeln“, sagt Olaf Feuerborn. Der Bauer bewirtschaftet bei Köthen (Anhalt-Bitterfeld) 670 Hektar Land und baut Kartoffeln, Zuckerrüben, Getreide, Raps und Gemüse an. „So schlecht wie sein Ruf, ist Glyphosat einfach nicht.“ Es sei an der Zeit, „die hochgeschaukelten Emotionen herauszunehmen und nur noch auf sachlicher Grundlage zu diskutieren“.
Landwirtschaftsministerin Claudia Dalbert äußert sich zwar in der Sache etwas moderater als ihre Grünen-Kollegen im Landtag, die die Weiterzulassung von Glyphosat als „Skandal“ bezeichnen, allerdings schießt sie scharf gegen Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt. Der CSU-Mann hatte im EU-Ministerrat für die Verlängerung gestimmt.
Sie habe „den Alleingang Schmidts mit Empörung zur Kenntnis genommen“, so Dalbert. Es sei nun „unbedingt notwendig, nationale Maßnahmen zu ergreifen, die den Einsatz des Herbizids eindämmen und den Ausstieg aus der Nutzung Schritt für Schritt vorbereiten“.
Damit macht sie sich beim Bauernverband Sachsen-Anhalt kaum Freunde. Die Vertretung der Landwirte spricht davon, dass bei der Glyphosat-Diskussion „die wissenschaftliche Faktenlage vernachlässigt und mögliche Risiken dramatisiert werden“.
Vizepräsident Jörg Kamprad warnt mit Blick auf künftige Diskussionen und Entscheidungen: „Die Folgen eines Verbots betreffen nicht nur die Erträge und Qualität der zu schützenden Nutzpflanzen, sondern auch das ökologische System.“
Dass die gesundheitliche Wirkung durch die Aufnahme über Nahrungsmittel auf den Menschen sehr widersprüchlich bewertet werde, räumt auch Dalbert ein.
So warnt die internationale Krebsforschungsagentur IARC, dass das Mittel „wahrscheinlich krebserregend“ ist. Dagegen stufen zum Beispiel das Deutsche Institut für Risikobewertung, die Europäische Chemikalienagentur und die EU-Behörde für Lebensmittelsicherheit Glyphosat „bei sachgemäßer Anwendung als nicht krebserregend“ ein. Dalbert legt den Finger auf die Wunde: „Das Gesundheitsrisiko ist eindeutig und unabhängig zu klären.“ Sie werde auf Bundesebene darauf hinwirken, dass bei der anstehenden nationalen Umsetzung des Verlängerungsbeschlusses die Widersprüche der Bewertung innerhalb der Weltgesundheitsorganisation aufgeklärt würden.
Landwirt Feuerborn spricht mit Blick auf Glyphosat von einem „wichtigen, wenn auch nicht dem einzigen, Werkzeug bei der Unkrautbekämpfung“. Sollte das Herbizid völlig verboten werden, hieße das mehr Handarbeit, um die Unkräuter aus dem Nutzacker zu bekommen. „Mehr Personal, mehr Kosten und damit ein schlechteres Aufwand-Nutzen-Verhältnis für uns.“
Der Verbraucher könne davon ausgehen, dass Sachsen-Anhalts Bauern „sehr verantwortungsvoll mit Glyphosat umgehen. Das Mittel wird bei uns weder flächendeckend noch dauernd angewandt“. Es werde „nur in Ausnahmefällen eingesetzt“.
Doch das reicht der Ministerin nicht aus. Gemeinsam mit den Landwirten wolle sie den Einsatz von Glyphosat „auf ein Minimum reduzieren“. Sie setze auf „gemeinsame, gute Lösungen“, sagte sie der Volksstimme. Sie verweist unabhängig von möglichen Gesundheitsschäden beim Menschen darauf, dass das Herbizid ein „Totalherbizid“ ist. „Dort, wo es eingesetzt wird, wächst keine andere Pflanze mehr.“ Damit gehe Lebensraum für Pflanzen und folglich für Insekten verloren.
Feuerborn wehrt sich gegen Bevormundung. Es sollte jedem selbst überlassen werden, wie er mit Glyphosat umgehe. „Der Boden ist unser Produktionsmittel. Und das vergiften wir nicht.“