Steuerbescheid Klagen gegen Finanzamt lohnen sich
Fast jedes zweite Urteil geht vor dem Finanzgericht in Sachsen-Anhalt zugunsten des Steuerzahlers aus.
Magdeburg/Dessau-Roßlau l Etwas mehr als 18 Monate müssen Steuerzahler warten, bis die Richter am Finanzgericht in Dessau-Roßlau eine Entscheidung gefällt haben. Ein Verfahren dauert damit noch immer rund drei Monate länger als im Bundesdurchschnitt. Doch die Finanzrichter sind schneller geworden. Von 2014 auf 2015 sei die durchschnittliche Verfahrensdauer vom Eingang der Klage bis zur Erledigung um sechs Monate verkürzt worden, sagte Gerald Pohl, stellvertretender Pressesprecher des Finanzgerichts. Ein Grund sei der Personalzuwachs, so Pohl. Zwei neue Richter haben in diesem Jahr ihre Arbeit aufgenommen. Personell ist das Finanzgericht jedoch noch immer unterbesetzt. Vakant ist auch der Stuhl des Vizepräsidenten. Die Ausschreibung läuft, teilte das Justizministerium mit. Zum Jahresbeginn werde zudem eine weitere Richterin angestellt.
Die 17 Finanzrichter in Dessau-Roßlau konnten im vergangenen Jahr fast 1200 Klagen bearbeiten. In 42 Prozent der Fälle entschieden die Richter zugunsten des Klägers. Das geht aus neuen Zahlen hervor, die der Volksstimme vorliegen. Sachsen-Anhalts Finanzrichter urteilten demnach deutlich häufiger für den Kläger als ihre bundesdeutschen Kollegen. An den deutschen Finanzgerichten wurden 2015 fast 35 000 Klagen bearbeitet. In etwa 39 Prozent der Fälle konnten die Kläger einen Erfolg erzielen, indem die Finanzämter den Steuerbescheid änderten oder die Finanzgerichte ganz oder teilweise zugunsten des Steuerzahlers entschieden.
„Die Zahlen zeigen, dass sich der Gang vor die Gerichte lohnt, wenn Steuerpflichtige mit Einspruchsentscheidungen der Finanzämter nicht einverstanden sind“, sagte der Geschäftsführer des Neuen Verbands der Lohnsteuerhilfevereine, Uwe Rauhöft. Es sei sinnvoll für den Steuerzahler seine Rechte vor dem Finanzgericht einzuklagen, erklärte Helga Elschner, Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler in Sachsen-Anhalt.
In Sachsen-Anhalt konnte der Streit zwischen Fiskus und Steuerzahler größtenteils ohne Gerichtsverhandlung beigelegt werden. Rund 75 Prozent der Fälle sind nach Angaben des Finanzgerichts in einem Güteverfahren gelöst worden. Positiv: Sowohl für Kläger als auch Beklagten blieben die Kosten dabei überschaubar, erklärte der Bund der Steuerzahler.Deutschlandweit gehen die Klagen vor den Finanzgerichten der Länder zurück. Wurden 2011 noch fast 40 000 Eingänge registriert, waren es im vergangenen Jahr nur noch rund 35 000. In Sachsen-Anhalt sank die Zahl der Klageeingänge von 1250 (im Jahr 2011) auf 1097 (im Jahr 2015).
Dafür gibt es zwei Ursachen: 2013 schraubte der Gesetzgeber an den Gerichtskosten. Klagen wurden teurer. Viele Steuerzahler schrecken die Kosten nach wie vor ab. Der Hauptgrund für den bundesweiten Klagerückgang liegt aber in der Arbeitsweise der Finanzämter. Mehr und mehr Steuererklärungen werden mit Computersystemen erfasst und bearbeitet. Die Folge: Finanzbeamte machen weniger Fehler, etwaige Klagegründe entfallen.
Wird die Zahl der Klagen deswegen weiter zurückgehen? Der Bund der Steuerzahler glaubt das nicht. „Ständig änderndes und verschärfendes Gesetzes-Überfrachten durch die Politik wird auch in Zukunft dafür sorgen, dass wir Steuerzahler vor ein Finanzgericht ziehen müssen“, erklärte Helga Elschner.