1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Strom in Sachsen-Anhalt bis 10 Prozent teurer

EIL

Kostenbremse Strom in Sachsen-Anhalt bis 10 Prozent teurer

Strom wird noch teurer. Viele Familien müssen im Jahr einen Hunderter mehr hinblättern. Der Kohleausstieg könnte den Trend weiter befeuern.

Von Jens Schmidt 29.01.2020, 00:01

Magdeburg l Auch dieses Jahr gehen bei vielen Versorgen die Strompreise wieder hoch. Am heftigsten erwischt es Kunden von EON. Der Versorger beliefert vor allem Haushalte in der Region Salzwedel. Ein vierköpfiger Haushalt zahlt dort mittlerweile 1236 Euro im Jahr. Das ist der höchste Preis unter den Regionalversorgern im Norden des Bundeslandes. EON begründet das vor allem mit gestiegenen Netzentgelten. Diese sind Teil des Strompreises. Damit werden Leitungen, Masten und die gesamte Netztechnik bezahlt.

Preistreibend sind unter anderem die vielen dezentralen Wind- und Solaralangen, die ins Netz eingebunden werden. Kostentreibend ist aber auch der Einwohnerrückgang: Dadurch sinkt der Stromverbrauch – die Zahl der Strippen aber sinkt nicht. Daher leiden vor allem dünn besiedelte Regionen oder kleinere Stadtwerke wie Blankenburg oder Staßfurt unter hohen Preisen.

Nach oben geht dieses Jahr wieder die EEG-Ökostrom-Umlage, nachdem sie einige Zeit stabil geblieben war. Auch sie ist Teil des Strompreises. Davon profitieren die Hersteller von Ökostrom – wie Windmüller oder Besitzer von Sonnenstromdächern. Sie erhalten feste Vergütungssätze, die deutlich über den Marktpreisen liegen. 2019 floss viel Offshore-Windstrom aus Nord- und Ostsee in die Netze. Zudem gab es viel Sonnenstrom. Das wirkt sich dann im Folgejahr aus. Die Umlage kletterte von 6,4 auf 6,76 Cent je Kilowattstunde. Ein Vier-Personen-Haushalt fördert den Ökostrom im Jahr mittlerweile mit gut 240 Euro.

Deutschland will bis 2038 aus der Kohlestromproduktion aussteigen. Der Anteil von wetterabhängigem Wind- und Sonnenstrom muss zunehmen. Das kann die Preise weiter antreiben. Zudem wird der CO2-Ausstoß im Verkehr und bei der Wärmeversorgung bald Geld kosten. Der Preis pro Tonne startet 2021 voraussichtlich bei 25 Euro und klettert bis 2025 auf 55 Euro. Das heißt: Auch Benzin, Diesel, Heizöl und Gas werden in den nächsten Jahren teurer. Die Große Koalition in Berlin hatte sich daher darauf verständigt, im Gegenzug Haushalte und Betriebe bei den Stromkosten zu entlasten.

Der Bund sollte die CO2-Einnahmen dafür nutzen, um staatliche Abgaben und Umlagen beim Strom zu minimieren. „Zusätzliche Einnahmen werden vollständig zur Senkung der EEG-Umlage ab dem 1. Januar 2021 ... verwendet“, heißt es in einem Rundschreiben der CDU-CSU-Fraktion vom Dezember 2019. Das Ganze soll im Kohle-Ausstiegsgesetz verankert werden.

Am Freitag soll der Gesetzentwurf im Bundestag erstmals beraten werden. Doch der erste Entwurf aus dem Wirtschaftsministerium verheißt nichts Gutes. Nun ist nur noch vage von einer Entlastung die Rede, die auch erst zwei Jahre später als zunächst vereinbart greifen könnte. Im Referentenentwurf heißt es: „Ab dem Jahr 2023 kann ein Zuschuss auf die Übertragungsnetzentgelte gewährt werden.“ Heißt: Vielleicht senkt der Bund die Netzentgelte, um Strompreise zu dämpfen. Vielleicht.

In Magdeburg schrillen die Alarmglocken. „Das ist nicht akzeptabel“, sagte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Dienstag der Volksstimme. „Die Entlastung muss 2021 greifen. Das bleibt eindeutig unsere Forderung.“ Andernfalls „schmilzt die Akzeptanz zur Energiewende“, warnt er. Da das Gesetz auch durch den Bundesrat muss, können die Länder hier Druck aufbauen. Aber: Selbst, wenn es gelingt, die staatlichen Umlagen zu senken, ist nicht gewiss, ob der Strompreis auch sinkt. Denn: Erdkabel quer durch Deutschland, riesige Windparks, Gaskraftwerke und der Aufbau von Wasserstoffspeichern werden zig Milliarden verschlingen. „Wenn wir den Strompreis wenigstens deckeln könnten, wäre schon viel erreicht“, sagte Haseloff.

Seit 2007 vergleicht die Volksstimme die Strompreise der Stadtwerke und Regionalversorger. In 13 Jahren sind die Preise um bis zu 67 Prozent gestiegen. Damals zahlte ein Vier-Personen Haushalt bei einem typischen Verbrauch im Mittel 750 bis 800 Euro. Heute sind es 1100 bis 1230 Euro.