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Regierungsfahrplan Das steht im Koalitionsvertrag für Sachsen-Anhalt

CDU, FDP und SPD haben sich nach wochenlangen Verhandlungen auf einen Koalitionsvertrag für Sachsen-Anhalt geeinigt. Was steht im Papier? Die Volksstimme stellt die wichtigsten Ziele der möglichen neuen Regierungskoalition vor.

Von Alexander Walter Aktualisiert: 10.08.2021, 18:57
Einigung nach fast dreiwöchigen, teils zähen Verhandlungen: FDP-Landeschefin Lydia Hüskens und der SPD-Landesvorsitzende Andreas Schmidt reichen sich am Montag in der Staatskanzlei die Hände. CDU-Landeschef Sven Schulze verkündete  kurz darauf den Erfolg der Gespräche.
Einigung nach fast dreiwöchigen, teils zähen Verhandlungen: FDP-Landeschefin Lydia Hüskens und der SPD-Landesvorsitzende Andreas Schmidt reichen sich am Montag in der Staatskanzlei die Hände. CDU-Landeschef Sven Schulze verkündete kurz darauf den Erfolg der Gespräche. Foto: dpa

Magdeburg - Die Bewältigung der Pandemie, der Klimawandel und die Digitalisierung sind aus Sicht von CDU, SPD und FDP die großen Herausforderungen zu Beginn der neuen Wahlperiode. „Die Welt verändert sich, und Sachsen-Anhalt erlebt hautnah die globalen Herausforderungen“, schreiben die potenziellen Koalitionäre gleich zu Beginn ihres Vertrags. Doch was heißt das für die Politikbereiche des Landes. Das Wichtigste zum aktuellen Stand im Überblick:

Finanzen: So viel vorab, alle Vorhaben stellen die Koalitionäre unter den Vorbehalt der Bezahlbarkeit. Dabei gehen sie optimistisch von einer „anhaltenden Verbesserung der Einnahmesituation des Landes“ nach der Pandemie aus. Ausgenommen vom Finanzierungsvorbehalt sind Ausgaben, die der Pandemie-Bewältigung dienen. Hierfür haben die Partner ein Corona-Sondervermögen von 1,5 Milliarden Euro vereinbart.

Wirtschaft: Sie steht ganz vorn im Vertrag. Die CDU hatte sich zum Ziel gesetzt, den Bereich aus SPD-Verantwortung wieder in ihre Zuständigkeit zu bekommen. Sachsen-Anhalt soll nach dem Willen der Partner rasch zum mittelstands- und gründerfreundlichsten Bundesland werden, heißt es im Papier.

Unser Ziel ist es, dass in Sachsen-Anhalt bundesweit die schnellsten Firmengründungen möglich sind.

Geplant ist unter anderem ein „Neustart“-Programm zur Förderung von Firmen-Investitionen nach der Pandemie. Die Koalition will Bürokratie abbauen, die Verwaltung digitalisieren und die Meistergründungsprämie als Existenzgründungs- und Unternehmensnachfolgeprogramm verstetigen.

Um den wachsenden Bedarf nach Fachkräften vor allem in Handwerk und Industrie zu sichern, wollen die Parteien früh Angebote zur Berufsorientierung in Schulen machen. Zudem sollen qualifizierte Fachkräfte im Ausland gewonnen werden.

Bis Mitte 2022 wollen die Partner ein Tariftreue- und Vergabegesetz verabschieden. Öffentliche Aufträge soll es danach ab einer festgelegten Auftragssumme nur noch für Unternehmen geben, die Mindestlohn zahlen.

Für Dienstleistungsaufträge soll die Schwelle bei 40000 Euro liegen, im Bau bei 120000 Euro, im Hoch- und Tiefbau bei einer Million Euro. Der Mindestlohn soll an die Entgeltgruppe 1, Erfahrungsstufe 2 gekoppelt sein, hieße derzeit: gut 2067 Euro brutto im Monat. Für die pandemiegebeutelte Tourismusbranche – zuletzt Erwerbsquelle für 77000 Menschen – ist ein „Masterplan Tourismus Sachen-Anhalt 2027“ mit Leitprojekten geplant.

Mit Blick auf die Altlastensanierung bekennt sich die Koalition zur beschlossenen Entsorgung der Bohrschlammgrube Brüchau in der Altmark.

Digitalisierung: Sie soll in einem von der FDP geführten Ministerium gebündelt werden. Dabei soll das Gigabit-Festnetz flächendeckend ausgebaut werden und Löcher im 5-G-Mobilfunk verschwinden. Ein exakter Zeitplan wird aber nicht genannt. Nach dem Hackerangriff auf den Landkreis Anhalt-Bitterfeld steht auch die IT-Sicherheit für Kommunen im Fokus. Unterricht soll dank Digitalisierung künftig bei Bedarf – etwa während eines Lockdowns – vollständig von zu Hause aus möglich sein.

Gesundheit & Pflege: Wegen des demografischen Wandels setzt die Koalition hier auf neue Wege. Die Koalitionspartner wollen Angebote und medizinische Fach-Disziplinen stärker verzahnen, zum Beispiel in ambulant-stationären Gesundheitszentren – besonders auf dem Land:

Eine Diskussion über die Schließung von Kliniken wird vom Land nicht geführt.

„Eine Diskussion über die Schließung von Kliniken wird vom Land nicht geführt“, heißt es im Vertrag. Investitionen sollen künftig aber zielgerichteter auf Grundlage eines zu erstellenden Bedarfsgutachtens erfolgen.

Das Land bekennt sich zudem zum Abbau des Sanierungsstaus in den Kliniken (zuletzt 1,5 Milliarden Euro), aber auch zu bundesweiten Vorgaben bei Personalausstattung und Behandlungsqualität. Vor allem kleinere Häuser werden sich damit wohl neu aufstellen müssen. Das Land bekennt sich zu beiden Universitätsklinika. Die Privatisierung der landeseigenen Salus Altmark Holding mit Krankenhäusern etwa in der Altmark schließen die Koalitionäre aus.

Bildung und Wissenschaft: CDU, SPD und FDP wollen an der Schulstruktur aus Sekundarschulen, Gymnasien, Gemeinschaftsschulen und Förderschulen festhalten. Gymnasiale Oberstufen sollen mindestens 50 Schüler haben – frühere Ideen für 75 Schüler wurden fallen gelassen. Grundschulverbünde sollen künftig aus bis zu drei Nebenstandorten bestehen können – das soll Schließungen kleiner Schulen auf dem Land verhindern, bislang ist ein Nebenstandort möglich.

Mit Blick aufs Personal hält die Koalition am Ziel einer Unterrichtsversorgung von 103 Prozent fest – heißt: Auch bei Krankheit eines Lehrers soll es möglichst keine Ausfälle geben. Dafür wird die Koalition allerdings weiter kräftig Lehrer einstellen müssen. Die Schulsozialarbeit soll verstetigt werden, an größeren Schulen (ab 240 Schüler) soll es Verwaltungsassistenten für die Leitung geben können.

Ein Landesprogramm „Schul-Infrastruktur“ soll Neubauten, Sanierungen und die Modernisierung der Schul-IT er- möglichen. Bis Ende 2022 sollen alle Schulen ans schnelle Glasfasernetz. Abgänge vom Gymnasium – mit Abschluss – sollen künftig auch nach der 10. Klasse möglich sein. Ein Herzensprojekt der FDP: In jedem Landkreis soll es künftig mindestens eine „Talentschule“ geben. Mit mehr Ressourcen ausgestattet sollen diese Schulen Vorbilder dabei werden, Bildungserfolg unabhängig von der sozialen Herkunft zu ermöglichen.

Gute Nachricht für die Hochschulen: Die mit ihnen vereinbarte Corona-Solidaritätsabgabe von 6 Millionen Euro ab 2022 an das Land entfällt. Das Land will Ausgründungen aus Hochschulen weiter erleichtern, etwa mit einem „Gründungssemester“. Angestrebt wird zumindest eine Exzellenzuniversität im Land. Forschungscluster etwa für die Wasserstofftechnologie sollen neue Arbeitsplätze schaffen.

Um die Klimaschutzziele erfüllen zu können, werden wir den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2026 um 5,65 Millionen Tonnen reduzieren.

Umwelt- und Klimaschutz: Die CO2-Emissionen im Land will die Koalition bis 2026 um 5,65 Millionen Tonnen senken. Dafür hält sie einen stärkeren Ausbau erneuerbarer Energien für nötig. Die Bevölkerung soll stärker von Einnahmen profitieren als bislang – Stichwort „Bürgerenergie“.

Zudem will das Land zum Modellland für die Erzeugung grünen Wasserstoffs werden, im Fokus dabei vor allem das Mitteldeutsche Braunkohlerevier mit bereits vorhandener Infrastruktur. Um die Wasserversorgung auch bei Dürren zu sichern, will die Koalition mehr Grundwasser in den Böden des Landes halten.

Landwirtschaft: Nach den Wetterextremen der vergangenen Jahre soll ein Förderprogramm mit fünf Modellregionen aufgelegt werden. In jeder Region soll ein Schwerpunkt erforscht werden, etwa Bewässerung oder Anbau klimastabiler Pflanzen. Für invasive Arten wie den Waschbären soll es Jagdanreize geben. Den Schutzstatus des Wolfs will die Koalition überprüfen lassen. Bei der Aufforstung der Wälder wollen die Partner außer auf heimische Baumarten verstärkt auf klimastabile Arten setzen. Bei Schadensereignissen ist die Einrichtung von Krisenstäben auf Kreisebene geplant.

Inneres: Das Land will binnen fünf Jahren mindestens 7000 Polizisten im aktiven Dienst haben. Parallel soll die Stellenzahl in der Polizeiverwaltung auf 1100 wachsen. Um den Polizeijob attraktiver zu machen, soll die Polizeizulage nach zwei Dienstjahren ab 2023 um 20 Prozent steigen (aktuell 127 Euro). Um Waldbrände zu vermeiden, setzt die Koalition verstärkt auf die Beräumung von Totholz – ob auch im besonders vom Waldsterben betroffenen Nationalpark Harz ist unklar – das Nationalparkgesetz soll aber diskutiert werden.

Rundfunk: Die Koalition bekennt sich zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk und dessen angemessener Finanzierung, fordert aber „besondere Wirtschaftlichkeit“ beim Einsatz der von den Bürgern aufgebrachten Beiträge. Kleinstbetriebe im Gastgewerbe will die Koalition zur Bewältigung der Pandemie zeitweise vom Rundfunkbeitrag befreien lassen.

Die Digitalisierung ist ein Schwerpunkt des Koalitionsvertrags. Die Zuständigkeiten werden in einem von der FDP geführten Ministerium gebündelt. Ein Vorhaben: CDU, SPD und FDP wollen bis Ende 2022 alle Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen haben. Unterricht soll im Bedarfsfall künftig generell technisch von zu Hause aus möglich sein.
Die Digitalisierung ist ein Schwerpunkt des Koalitionsvertrags. Die Zuständigkeiten werden in einem von der FDP geführten Ministerium gebündelt. Ein Vorhaben: CDU, SPD und FDP wollen bis Ende 2022 alle Schulen ans Glasfasernetz angeschlossen haben. Unterricht soll im Bedarfsfall künftig generell technisch von zu Hause aus möglich sein.
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Forst & Umwelt: Die Partner von CDU, SPD und FDP wollen die Aufforstung der Wälder angehen. Neben heimischen Arten sollen dabei zunehmend auch klimastabile Baumsorten gepflanzt werden. Um die Wahrscheinlichkeit von Waldbränden zu senken, wollen die Partner verstärkt Totholz beräumen und stationäre Wasserbehälter in den Wäldern aufstellen. Ob auch Eingriffe in den Nationalpark Harz möglich werden, ist bislang offen. Das Nationalparkgesetz soll aber zumindest diskutiert werden.
Forst & Umwelt: Die Partner von CDU, SPD und FDP wollen die Aufforstung der Wälder angehen. Neben heimischen Arten sollen dabei zunehmend auch klimastabile Baumsorten gepflanzt werden. Um die Wahrscheinlichkeit von Waldbränden zu senken, wollen die Partner verstärkt Totholz beräumen und stationäre Wasserbehälter in den Wäldern aufstellen. Ob auch Eingriffe in den Nationalpark Harz möglich werden, ist bislang offen. Das Nationalparkgesetz soll aber zumindest diskutiert werden.
Foto: dpa
Innere Sicherheit: Das Land will bis 2026 wenigstens 7000 Polizisten im Dienst haben. Zuletzt waren es rund 6300.  Um den Beruf attraktiver zu machen, soll die Polizeizulage ab 2023 um 20 Prozent auf 
127 Euro monatlich steigen. In anderen Ländern liegt sie gegenwärtig höher, so in Sachsen bei 150 Euro, in Thüringen bei 145 Euro.
Innere Sicherheit: Das Land will bis 2026 wenigstens 7000 Polizisten im Dienst haben. Zuletzt waren es rund 6300. Um den Beruf attraktiver zu machen, soll die Polizeizulage ab 2023 um 20 Prozent auf 127 Euro monatlich steigen. In anderen Ländern liegt sie gegenwärtig höher, so in Sachsen bei 150 Euro, in Thüringen bei 145 Euro.
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