Offener Brief Journalisten in Sachsen-Anhalt kritisieren Anfeindungen von Kollegen durch AfD-Fraktionschef Kirchner
Der Vorstand der Landespressekonferenz Sachsen-Anhalt hat einen offenen Brief an den AfD-Fraktionsvorsitzenden Oliver Kirchner geschrieben. Darin wird kritisiert, dass dieser in der Öffentlichkeit Journalisten gezielt anfeinde.
Magdeburg - „Mit Befremden“ nimmt der Vorstand in dem offenen Brief zur Kenntnis, dass Kirchner im Verlauf einer Kundgebung der AfD-Landtagsfraktion auf dem Domplatz in Magdeburg am Montag (5. September) „erneut Journalisten und Mitglieder der Landespressekonferenz namentlich aufgerufen und diskreditiert“ habe.
„Dies stehe in einer Reihe mit weiteren, zurückliegenden Vorfällen, in denen er in der Öffentlichkeit gezielt Journalisten angefeindet habe.
Mit sachlicher Kritik an der Berichterstattung einzelner Medien, die ihm selbstverständlich zustehe, habe das nichts zu tun.
„Ihre Äußerungen sind vielmehr geeignet, Journalisten unter erheblichen Druck zu setzen und eine freie Berichterstattung zu behindern“, heißt es in dem Brief. „Aus unserer Sicht schüren Sie damit Wut und Hass gegen einzelne Medienvertreter und befördern vorsätzlich eine Stimmung, die nur allzu leicht in Gewalt umschlagen kann.“
Dagegen verwahrt sich der Vorstand der Landespressekonferenz „mit aller Deutlichkeit“.
Kirchner wird dringend aufgefordert, derartige Äußerungen über Mitglieder der Landespressekonferenz oder andere Journalisten zu unterlassen.
Der Vorstand setzt sich aus Journalisten des Mitteldeutschen Rundfunks, der Volksstimme, der Mitteldeutschen Zeitung, der Deutschen Presse-Agentur und des ZDF zusammen.
Der Landespressekonferenz gehören rund 60 Journalistinnen und Journalisten an. Der Verein vertritt die Interessen der landespolitisch tätigen Journalisten gegenüber Landesregierung, Fraktionen und Parteien und organisiert regelmäßig Pressekonferenzen.
Kirchner teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, die Berichterstattung über ihn mit der Herstellung des Bezugs zum Extremismus heize die Lage an. Nicht nur er selbst sei angegriffen, sondern auch sein Fahrzeug und sein Büro seien beschädigt worden. „Mit meiner deutlichen Kritik, dass Teile der medialen Berichterstattung, insbesondere beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk, politische Tendenzen aufweisen, stehe ich nicht allein“, so Kirchner. Die direkt angesprochenen Journalisten seien dafür nur ein Beleg.
Der MDR erklärte in einer Stellungnahme: „Die persönlichen Angriffe des AfD-Fraktionschefs in Sachsen-Anhalt auf zwei Reporter des MDR weisen wir entschieden zurück. Unsere Kolleginnen und Kollegen arbeiten unabhängig und ohne jede Agenda. Dass Oliver Kirchner zwei unserer Reporter öffentlich an den Pranger stellt, die in der Vergangenheit auch über Kritik an der AfD berichtet haben, entlarvt dieses Vorgehen als unwürdigen Versuch, zwei integre Journalisten zu diskreditieren und sie einzuschüchtern. Das Vorgehen des AfD-Fraktionsvorsitzenden ist undemokratisch und zeigt deutlich, dass er die Rundfunk- und Pressefreiheit mit Füßen tritt. Wir stehen fest an der Seite unserer Kollegen und bieten jederzeit unsere volle Unterstützung an.“
MDR-Intendantin Karola Wille betonte: „Der MDR wird seinem Auftrag als unabhängiger, kritischer Berichterstatter auch in Zukunft nachkommen. Der Schutz und die Sicherheit unserer Mitarbeitenden hat dabei stets höchste Priorität.“
Und: „Leider ist es inzwischen fast schon trauriger Alltag, dass Journalistinnen und Journalisten – nicht nur vom MDR – auf Demos und anderen Veranstaltungen verbal oder sogar tätlich angegriffen werden. Der MDR beobachtet diese Entwicklung mit Sorge und steht betroffenen Kolleginnen und Kollegen mit Schutz und juristischer Unterstützung zur Seite.“