Corona Nun bekommen Sachsen-Anhalts Schulen doch Luftfilter
Gut 4000 schlecht belüftbare Klassenzimmer sollen mit Lüftungstechnik aufgerüstet werden. Regierungschef Haseloff gab gestern grünes Licht.
Magdeburg - Monatelang hatte Sachsen-Anhalts Landesregierung den Einbau von Lüftungstechnik in Schulen abgelehnt – mit Verweis aufs Landesumweltamt, das die Technik nicht empfohlen hatte. Nun kommt die Kehrtwende. Am Dienstag beschloss das Kabinett unter Reiner Haseloff (CDU), dass wenigstens ein Teil der Klassenräume doch lüftungstechnisch aufgerüstet werden soll, um die Keimbelastung in den Räumen zu senken – wieder mit Verweis aufs Landesumweltamt. Die Fachleute haben ihre Meinung geändert.
Außerdem soll für jedes Klassenzimmer und jede Kita ein Kohlendioxid-Messgerät angeschafft werden, damit Lehrer sehen, wann dicke Luft ist. Allein für die kleinen Geräte sind gut 2,2 Millionen Euro fällig. Bei den Lüftungsanlagen dürften weitere 20 Millionen Euro hinzukommen. Je nach Anlage muss das Land 20 bis 50 Prozent der Kosten tragen – den anderen Teil schultert der Bund.
Die Fachbehörde entwirft in ihrer aktuellen Expertise nunmehr ein differenziertes Bild: Gut belüftbare Räume benötigen weiterhin keine Zusatztechnik. In schwer belüftbaren Klassenzimmern aber, die etwa nur kleine Kippfenster haben, wird eine „Ertüchtigung... mit dezentraler/zentraler Lüftungstechnik unter Beteiligung von Fachplanern“ vorgeschlagen. Von den 20 000 Klassenzimmern sind im Land schätzungsweise 4000 betroffen. Empfohlen werden vor allem so genannte RLT-Anlagen, die Frischluft ansaugen. Nachteil: Der Einbauaufwand ist oft hoch. Wobei: Das Max-Planck-Institut Mainz hat eine recht einfach zu installierende Anlage mit einem Wand-Ventilator entwickelt.
Zweite Variante: Mobile Luftfilter. Vorteil: Die kühlschrankgroßen Geräte können schnell aufgestellt werden. Keine Wanddurchbrüche, keine Rohre: Stecker in die Steckdose, und das Gerät arbeitet. Das Landesumweltamt sieht allerdings etliche Nachteile. Vor allem: Lehrer müssen weiterhin regelmäßig gut lüften, da diese Geräte keine Frischluft ansaugen.
Allerdings gibt es erste gute Erfahrungen mit den Mobilgeräten. An der Grundschule Elbdamm in Magdeburg haben Verfahrenstechniker der Uni Magdeburg mobile Luftreiniger dreier deutscher Hersteller getestet. Professor Frank Beyrau zieht ein positives Fazit: 99 Prozent der Aerosole werden herausgefiltert, die Geräte sind leise und die Luft bläst niemandem in den Nacken. Kosten je Gerät: 2800 bis 3700 Euro. Beyrau riet von Billig-Geräten ab. Und: Die Politik sollte nicht lange warten, da der Markt bald leer gefegt sein wird.
Doch dieser Rat dürfte verhallen. Jetzt müssen die Schulträger zunächst die schlecht belüftbaren Klassenräume auflisten und ans Ministerium melden. Allein das, wissen Eingeweihte, dauert Wochen. Am 2. September ist Schulstart.