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Landtag Gender-Diskussion im Landtag

Sachsen-Anhalts Landtags-Untersuchungsausschuss thematisierte Beraterverträge und die Gleichstellung von Mann und Frau.

Von Michael Bock 04.06.2018, 12:08

Magdeburg l Raum B 005 im Landtagsgebäude. Eva von Angern hat sich sehr gut vorbereitet. Die Vorsitzende des Landesfrauenrats und Fraktionsvize der Linken liest eine detaillierte Erklärung vor. Darin weist sie auch den Vorwurf angeblicher Mauschelei vehement zurück.
In der Sache geht es darum, dass von Angern und die damalige Vizechefin des Landesfrauenrats, die Grünen-Fraktionsvorsitzende Cornelia Lüddemann, am 23. September 2015 eine „Erklärung zur Kooperation“ mit der „Wanzek Consult“ (Magdeburg) unterzeichneten. Deren Inhaberin, Ute Wanzek, ist auch Fördermitglied des Landesfrauenrats. Das Land schloss kurz danach, am 9. Dezember, einen 1,9-Euro-Millionen-Vertrag mit der „Wanzek Consult“ – am Parlament vorbei.
Die AfD hatte vor der Sitzung Filz-Vorwürfe gegen den Landesfrauenrat erhoben. Der AfD-Abgeordnete Matthias Büttner sagte der „Mitteldeutschen Zeitung“: „Mir kommt das alles wie eine Kungelrunde vor.“ Das Blatt titelte: „Die Gender-Connection. Landesfrauenrat gerät wegen umstrittenen Millionen-Vertrags eines Fördermitglieds ins Zwielicht.“
Der Landesfrauenrat ist der größte Dachverband für Fraueninteressen in Sachsen-Anhalt. Ihm gehören 32 Organisationen an. Das Land unterstützt den Frauenrat jährlich mit etwa 121.000 Euro – Fördermitglied Wanzek mit 100 Euro pro Jahr.
Von Angern geht im Ausschuss direkt auf die Vorwürfe ein: „Der Landesfrauenrat agierte nicht zwielichtig, also in zweifelhaftem Ruf, sondern in Erledigung der an uns übertragenen Aufgaben.“ Die Vorhalte entbehrten jeder Grundlage. „Sie sind ruf­schädigend und allein dazu geeignet, im Bereich des Politikfelds Gender Mainstreaming (Strategie für die Gleichstellung von Mann und Frau, die Red.) engagierte Frauen auch öffentlich herabzuwürdigen und zu diskreditieren.“
Eine Kooperationserklärung wie in diesem Fall sei normales Geschäft. Hätten sich andere Bieter an den Landesfrauenrat gewendet, hätte man auch für sie vergleichbare Absichtserklärungen abgegeben, sagt von Angern. Auf die eigentliche Auftragsvergabe hätte sich der Frauenrat überhaupt keinen Einfluss verschaffen können. Kurzum: „Keine Gender-Connection. Nirgends.“
Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann bekräftigt, dass der Landesfrauenrat nicht in den umstrittenen Millionenvertrag involviert gewesen sei: „Über den Vertrag wusste ich überhaupt nichts.“ Tatsächlich müssen andere dringende Fragen beantworten – etwa Thomas Wünsch (SPD), als Staatssekretär im Justizministerium, heute in gleicher Funktion im Wirtschaftsministerium. Er tritt am 10. August in den Zeugenstand. Über den Millionenvertrag (Auftraggeber war das Justizministerium) war seinerzeit weder die Staatssekretärskonferenz noch der Landtag informiert worden. Wünsch hat das bereits als Fehler eingeräumt.
Im damals von Angela Kolb-Janssen (SPD) geführten Ministerium war, offensichtlich nur lasch kontrolliert und weitestgehend losgelöst, die Stabsstelle für Frauen- und Gleichstellungspolitik mit der Angelegenheit befasst. Der Vertrag war nicht einmal dem Haushaltsbevollmächtigten des Ministeriums bekannt.
Viele Fragen sind offen. Wie kann es sein, dass ein Stundensatz von bis zu 480 Euro netto vereinbart wurde? Wie kam es dazu, dass bei den Vertragsverhandlungen das Honorar nach nur einem Gespräch den Vorstellungen der Auftragnehmerin entsprechend festgelegt wurde – und so um zirka 30 Prozent über der zunächst kalkulierten Höhe? Warum gab es nur ein Angebot? Wieso bekam Wanzek den Millionenauftrag, obwohl sie in ihrem Angebot angab, „zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht über das in der Leistungsbeschreibung geforderte Personal“ zu verfügen? Sie hatte nur eine Mitarbeiterin, die nebentätig bei Wanzek Consult tätig war.
Anne Marie Keding (CDU), seit 2016 Justizministerin, hat den Vertrag inzwischen gekündigt.