Gesundheit Lehrer immer häufiger langzeitkrank
Der Krankenstand bei Sachsen-Anhalts Lehrern wächst. Für die meisten Ausfalltage sorgen psychische Erkrankungen.
Magdeburg l Sachsen-Anhalts Lehrer sind deutlich häufiger krank als Kollegen in den anderen neuen Bundesländern. Das geht aus einer Erhebung der Ersatzkasse Barmer hervor, die der Volksstimme exklusiv vorliegt. Fehlten Pädagogen im Land 2017 im Schnitt 15,9 Tage, war es im Rest des Ostens ein ganzer Tag weniger (14,9).
Die Zahl der Ausfalltage der Lehrer nahm darüber hinaus seit 2015 um 1,3 Tage zu. Das ist eine dreifach höhere Steigerung als bei Beschäftigten aller Berufsgruppen zusammen (+0,4 Tage). Erfasst wurden die Daten von mehr als 5000 versicherten Lehrern, vor allem Sekundarschul-, Grundschul- und Förderschulpädagogen.
Zwei Drittel aller Ausfalltage resultieren dabei aus Langzeiterkrankungen. Ursache Nummer eins sind psychische Erkrankungen, wie Depressionen oder Burn-Out. 2016 lösten sie Atemwegserkrankungen als Hauptdiagnose ab. Psychische Erkrankungen sind damit für mehr als jeden fünften Ausfalltag verantwortlich.
Hintergrund ist laut Barmer auch das Alter der Lehrer im Land. Der Anteil der über 50-Jährigen liegt in der Studie bei mehr als 81 Prozent. Die Ergebnisse lassen aus Sicht der Kasse daneben auf eine hohe Belastung der Pädagogen schließen. „Überall fehlt Personal, Lehrer werden fachfremd eingesetzt und müssen Überstunden machen“, sagte Barmer-Landesgeschäftsführer Axel Wiedemann. Die Lehrergewerkschaft GEW bewertet den Trend ähnlich. Landesvorsitzende Eva Gerth geht davon aus, dass in Spitzenzeiten mehr als zehn Prozent aller Lehrkräfte erkrankt sind, davon etwa 400 in Langzeit.
Dem Bildungsministerium wirft die GEW vor, aktuelle, selbsterhobene Daten zur Zahl langzeiterkrankter Lehrer unter Verschluss zu halten. Eine vom Ministerium erarbeitete Studie zur Belastungssituation der Lehrer werde nicht veröffentlicht.
Das Ministerium weist das zurück: „Wir geben einen jährlichen Bericht, in dem immer ein Punkt zu Langzeiterkrankungen aufgenommen ist“, sagte Sprecher Stefan Thurmann. Er verwies zudem auf eine Broschüre zur Lehrergesundheit, die auch der GEW vorliege. Zur Vorbeugung von Langzeiterkrankungen biete das Land eine Reihe vom Maßnahmen wie Coaching oder Fortbildungen an.
Diese würden regelmäßig überprüft und angepasst. Laut Behörde gab es bei dem mit Langzeiterkrankungen in Zusammenhang stehenden Indikator Berufsunfähigkeit, zuletzt keine nennenswerte Steigerung. Die Zahl der Lehrer, die ihren Beruf vorzeitig aufgeben mussten, nahm demnach seit dem Schuljahr 2003/4 nur von 28 auf 36 Lehrer (2017/18) zu.
Die Zahl erkrankter Lehrer ist auch für die Unterrichtsversorgung bedeutsam. Trotz 1000 geplanter Neueinstellungen 2018 ist die Unterrichtsversorgung laut Ministerium von 101 Prozent im vergangenen Schuljahr auf den Tiefsstand von 99,4 Prozent gesunken. – Normal wären 103 Prozent, um etwa Krankheitsausfälle abpuffern zu können. Linken-Fraktionschef Thomas Lippmann glaubt, dass die Zahl erkrankter Lehrer regelmäßig höher liegt, als offiziell zu Grunde gelegt. „Die tatsächliche Unterrichtsversorgung dürfte daher unter 98 Prozent liegen.“