Menschen gehen vor Wahl auf die Straße: Protest gegen AfD
Ein zivilgesellschaftliches Bündnis warnt vor den Gefahren des Rechtsextremismus. In einer Woche wählt Sachsen-Anhalt ein neues Parlament. Begleitet von Protesten wirbt die AfD um Stimmen.
Halle/Merseburg - In Halle sind am Samstag nach Angaben der Organisatoren rund 2000 Menschen gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus auf die Straße gegangen. Sie folgten einem Aufruf des zivilgesellschaftlichen Bündnisses #unteilbar Sachsen-Anhalt. Es hatte unter Einhaltung der Corona-Regeln an vier Orten zu Aktionen aufgerufen. Rund 1500 Teilnehmer waren erwartet worden. Nach Angaben der Polizei kamen zunächst mehrere Hundert Teilnehmer.
Auf einer Kundgebung, an der auch die SPD-Vorsitzende Saskia Esken teilnahm, warnten Redner zum Auftakt des Aktionstages davor, rechten Kräften bei der Landtagswahl am 6. Juni in Sachsen-Anhalt ihre Stimme zu geben. „Es darf keine Zusammenarbeit mit der extremen Rechten, mit der AfD und keine Duldung geben“, sagte eine Sprecherin mit Blick auf das Parlament. „Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenstehen gegen Rassismus, Antisemitismus und für eine solidarische Gesellschaft. Deswegen sind wir unteilbar“, sagte sie. Die SPD-Vorsitzende Esken sagte der dpa, Demokratie brauche das Engagement aller Menschen. Die Gesellschaft dürfe nicht zulassen, dass Rechte Einfluss auf die Parlamente haben.
Vor einem der beiden Anschlagsorte vom 9. Oktober 2019 in Halle, dem Kiez-Döner-Imbiss, hieß es auf Transparenten unter anderem „Wer AfD wählt, wählt Nazis“ oder „Rassismus tötet“. Mehrere Redner forderten die Menschen auf, sich für eine demokratische, weltoffene und solidarische Gesellschaft auch im Alltag einzusetzen.
Bei einer Aktion mit Gewerkschaftern, an der auch verdi-Chef Frank Werneke teilnahm, warnte ein Sprecher auch vor den Gefahren von Rassismus im Alltag. „Wir müssen wachsam sein“, sagte er.
Wenige Hundert Meter von dem Platz entfernt hatte der rechtsextreme Attentäter Stephan B. am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, schwer bewaffnet versucht, in der Synagoge von Halle ein Massaker anzurichten. Er gelangte nicht in das Gebäude, weil eine Tür standhielt. Daraufhin erschoss er vor der Synagoge eine Passantin, einen jungen Mann in dem Kiez-Döner-Imbiss und verletzte auf seiner Flucht mehrere Menschen. Das Oberlandesgericht Naumburg verurteilte den Attentäter zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Zum Abschluss des Aktionstages in Halle bildeten Teilnehmer eine Menschenkette als „Band der Solidarität“, wie die Organisatoren mitteilten. Dies symbolisiere: „Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen und wir stehen zusammen für eine demokratische, vielfältige und solidarische Gesellschaft“, erklärte ein Sprecher des Bündnisses #unteilbar Sachsen-Anhalt. Angesichts der Corona-Pandemie standen die Teilnehmer der Aktion auf einer langen Straße auf Abstand, verbunden mit bunten Bändern.
Dem Bündnis #unteilbar Sachsen-Anhalt gehören nach eigenen Angaben mehr als 140 Initiativen, Vereine, Gewerkschaften und Einzelpersonen an. Seit 2018 haben sich in Deutschland zahlreiche Organisationen und Initiativen in #unteilbar-Bündnissen zusammengeschlossen. An Großdemonstrationen wie in Berlin, Dresden und Erfurt nahmen den Angaben nach bis zu 250 000 Menschen teil.
Begleitet von Protesten warb die AfD am Samstag in Merseburg (Saalekreis) auf einer Wahlkampfveranstaltung um Stimmen. Dazu war auch Björn Höcke aus Thüringen gekommen. Die Partei ist in Sachsen-Anhalt im Magdeburger Parlament. Die AfD wurde bei der Landtagswahl 2016 zweitstärkste Kraft.
Die Polizei waren den Angaben zufolge mit mehreren Hundertschaften der Landespolizei Sachsen-Anhalts bei den angemeldeten Versammlungen am Samstag im Einsatz. Weitestgehend verliefen und blieben die Aktionen nach Polizeiangaben störungsfrei. In Merseburg seien vier Strafanzeigen wegen des tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und des Verdachts der Körperverletzungen im Amt erstattet worden, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.