„Dieses Pack muss raus aus Deutschland“ Nach Messerattacke in Wolmirstedt: CDU-Landtagsabgeordneter hetzt gegen Afghanen
Der sachsen-anhaltische CDU-Landtagsabgeordnete Detlef Gürth hat nach der Messerattacke mit zwei Toten in Wolmirstedt einen rassistischen Tweet abgesetzt. Dieser ruft im Landtag großes Entsetzen hervor.
Magdeburg - Am Freitagabend war ein 27-jähriger Afghane in Wolmirstedt (Landkreis Börde) von Beamten erschossen worden, nachdem er zunächst einen 23-jährigen Landsmann erstochen und dann auf einer privaten EM-Gartenparty mehrere Menschen verletzt hatte.
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Nach Messerattacke in Wolmirstedt: CDU-Landtagsabgeordneter Gürth hetzt gegen Afghanen
Es sei gut, dass die Polizei „diesen feigen, hinterlistigen Afghanen erschossen hat“, schrieb Gürth auf „X“ (vormals Twitter). „Wir füttern sie durch und dann ermorden sie unschuldige Menschen. Dieses Pack muss raus aus Deutschland.“
Gürth sitzt seit 1990 für die CDU im Landtag. Von 2011 bis 2015 war er Landtagspräsident. Zudem ist der 62-jährige Ascherslebener Landesvorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU. Im Landtag rief der Tweet Entsetzen hervor.
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Kritik an Gürth nach Äußerung auf Twitter
Linke-Fraktionschefin Eva von Angern sagte am Dienstag: „Die Geschehnisse in Wolmirstedt erschüttern und sind schrecklich. Meine Gedanken sind bei den Hinterbliebenen des Angriffs, denen ich mein Beileid ausspreche. Polizei und Justiz müssen diese Tat lückenlos aufklären. Dass ein ehemaliger Landtagspräsident sich in diesem Maße äußert, ist völlig inakzeptabel.
Die Begriffe, die Detlef Gürth verwendet hat, erinnern an extrem rechte Äußerungen. Die Aussagen pauschalisieren und sind somit rassistisch. Detlef Gürth schürt Hass gegen eine Gruppe von Menschen. Das ist eines ehemaligen Landtagspräsidenten unwürdig und in der derzeitigen aufgeheizten Situation unverantwortlich. Ich gehe davon aus, dass die Staatsanwaltschaft sorgfältig den Anfangsverdacht der Volksverhetzung prüft.“
Linken-Politikerin Quade: "Tweet macht mich fassungslos"
Linke-Innenpolitikerin Henriette Quade sagte: „Der Tweet macht mich fassungslos. Er könnte eins zu eins aus der extremen Rechten kommen. Er hetzt gegen eine ganze Menschengruppe und suggeriert, die schrecklichen Taten von Wolmirstedt seien mit der Nationalität des Täters zu erklären. Er diffamiert damit auch eines der Opfer. Das ist hochgradig gefährlich und verantwortungslos. Es sind solche Aussagen, die rassistische Gewalttäter ermutigen.“
SPD-Innenpolitiker Rüdiger Erben betonte: „Wir verurteilen die hasserfüllten und fremdenfeindlichen Äußerungen von Detlef Gürth zu dem tragischen Vorfall in Wolmirstedt. Solche Aussagen, auch wenn mittlerweile gelöscht, verschärfen nur die Spannungen und fördern die gesellschaftliche Spaltung. Gewalt und kriminelle Handlungen dürfen nicht auf eine bestimmte Nationalität oder Ethnie beschränkt werden, und es ist unverantwortlich, aufgrund der Taten Einzelner ganze Gemeinschaften zu stigmatisieren und zu verurteilen.“
Dies gelte in der öffentlichen Wahrnehmung insbesondere für Herrn Gürth als langjährigen Landtagsabgeordneten, ehemaligen Landtagspräsidenten und Vorsitzenden des Kreissportbundes des Salzlandkreises: „ Gerade in Ehrenämtern sollte man die Gemeinschaft stärken und nicht durch derartige Äußerungen die Stimmung weiter anheizen.“
Der SPD-Bundesagsabgeordnete Martin Kröber erklärte: „Diese Wortwahl ist menschenverachtend. Ministerpräsident Reiner Haseloff ist vielleicht eine Brandmauer gegen Rechts, aber seine CDU schon lange nicht mehr.“
„Wir sehen im Angesicht einer brutalen und nicht zu verstehenden Gewalttat die hässliche Fratze der Entmenschlichung“, sagte Sebastian Striegel (Grüne). „Das ist erschütternd und eines ehemaligen Landtagspräsidenten unwürdig. Zudem könnte durch den Tweet der Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllt sein.“ Und: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Auch die Würde eines Mörders. Dieses Versprechen haben wir uns gegenseitig in unserer Verfassung gegeben. Dieses Versprechen ist es, das uns zu Menschen macht.“
Guido Kosmehl, Innenpolitiker der FDP, sagte: „Diese Entgleisung macht mich fassungslos.“ Ein Polizeieinsatz könne doch nicht darauf ausgerichtet sein, bewusst Menschen zu erschießen.
Ulrich Siegmund, Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion, sagte: „Auch Herr Gürth und seine Partei haben solche Zustände zu verantworten. Statt sich jetzt lautstark zu empören, hätte er lieber die letzten Jahre politisch nutzen sollen, dass Amokläufe wie in Wolmirstedt erst gar nicht passieren. Aber das wäre ja das ganze Gegenteil von CDU-Politik.“
Die CDU-Landtagsfraktion teilte mit: „Wir danken der Polizei für ihren couragierten Einsatz zum Schutz der Bürger und der beispielhaften Zusammenarbeit mit dem Landkreis Börde. Äußerungen auf eigenständigen Accounts in den sozialen Medien sind Einzelmeinungen.“
Detlef Gürth war für die Volksstimme trotz mehrerer Versuche nicht erreichbar.Am Mittwochmorgen war der Tweet zumindest öffentlich nicht mehr sichtbar.