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Fußball-EM Mit Perücke und Deutschland-Wimpern

Welche Fanartikel in Schwarz-Rot-Gold sind zur EM bei Sachsen-Anhaltern besonders angesagt? Und was gibt‘s an Kuriositäten zu kaufen?

Von Elisa Sowieja 16.06.2016, 01:01

Magdeburg l Das Deutschland-Stirnband aus dem Schaufenster will seltsamerweise keiner kaufen. Okay, das Plüschhaar in Schwarz-Rot-Gold, das aus der Oberkante sprießt, gälte für Karl Lagerfeld wohl selbst als Teil eines Wischmobs als modischer Fauxpas. Aber beim EM-Gucken ist Modebewusstsein doch völlig schnurz. Hier geht‘s darum, möglichst auffällig seine Zugehörigkeit zu unserer Nationalelf zu demonstrieren. Und das sollte mit deutschland-farbener Flauschematte auf dem Kopf ja wohl tiptop funktionieren.

Trotzdem wird der Neuzugang bei den EM-Fanartikeln im Kostümgeschäft Lively Moments bisher durchweg verschmäht. „Unsere Kunden setzen eher auf die Klassiker“, erzählt Philipp Hemprich. Zusammen mit seinen Eltern leitet er den Magdeburger Laden plus dazugehörigen Onlineshop. Am besten, sagt er, läuft die gute alte Deutschland-Fahne mit Holzstiel. Allein vergangenes Wochenende hätten die Hemprichs davon um die 30 Stück verkauft.

Zweiter Knüller: Sonnenbrillen. Die sind vor allem im Internet gefragt, 120 Stück seien bisher rausgegangen – darunter übrigens sogar ein paar Exemplare in blau-weiß-rot. Seit Jahren gefragt sind auch Schminke, Wimpern zum Ankleben, Wimpel und Girlanden – mit letzteren decken sich vor allem Gaststätten ein.

Die Stirnband-Perücken-Kombi ist nicht der erste extravagante Fanartikel, den die Hemprichs ihren Kunden schmackhaft machen wollen: Zur Fußball-Weltmeisterschaft vor zwei Jahren gab‘s schon mal Kontaktlinsen in den Deutschland-Farben. „Wir haben aber kein einziges Paar verkauft.“

Den Trend zu Klassikern beobachtet auch Verkäuferin Alexandra Manneck aus dem Magdeburger Geschenkeladen Nanu Nana. Bei ihr sind es vor allem Autofahnen und Hawaiiketten, die am besten weggehen. Ein etwas ausgefalleneres Fanaccessoire, erzählt sie, gehört zu den Verkaufsschlagern allerdings auch: schwarz-rot-goldene Hasenohren. Und die kaufen nicht nur Frauen.

Wer durch die Magdeburger Innenstadt bummelt, findet in Supermärkten und Sportgeschäften noch ganz andere neckische Utensilien in den Deutschlandfarben: Turnbeutel, Plastebesteck, Schaumstoffspoiler, die man an die Motorhaube klemmen kann, und eine Vier-in-Eins-Sambakapelle mit Rassel, Trommel, Ratsche und Pfeiffe.

Ob sich die Fußball-Europameisterschaft letztlich spürbar in den Kassen von Sachsen-Anhalts Händlern auswirkt, lässt sich jetzt noch nicht absehen, erklärt Knut Bernsen vom Handelsverband Sachsen-Anhalt: „Bisher gab es erst ein Deutschlandspiel. Je weiter das Team kommt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit.“ Beim Sommermärchen 2006 zum Beispiel, als die Deutschen im eigenen Land Dritter wurden, seien im Verlauf des Turniers immer mehr Autofahnen verkauft worden.

Bisher, so Bernsens Einschätzung, sehe es so aus, als ob die Verkaufszahlen in die gleiche Richtung gingen wie bei der Weltmeisterschaft vor zwei und der Europameisterschaft vor vier Jahren. Zumindest sind viele Einzelhändler schon jetzt optimistisch: Laut einer Umfrage des Handelsverbandes Deutschland erwarten 44 Prozent der befragten Unternehmen von der Europameisterschaft einen positiven Stimmungseffekt, 35 Prozent sogar höhere Umsätze – Ergebnisse, die sich dem Experten zufolge auch auf Sachsen-Anhalt übertragen lassen.

Und die Zahlen beziehen sich nicht nur auf Fanartikel: Elektronikmärkte vermuten, dass sie mehr Fernseher verkaufen werden, Baumärkte rechnen mit einem höheren Umsatz bei Grillkohle, Lebensmittelhändler sind optimistisch, dass ihre Bratwürste besser weggehen.

Die wirklich kuriosen Fanartikel dieser Meisterschaft sind übrigens weniger in den Läden zu finden, sondern eher im Internet. Wer in den Suchmaschinenergebnissen zu EM-Fanartikeln stöbert, findet zum Beispiel die Glückskekse mit Fußballsprüchen – darin enthalten ist selbstverständlich auch die Andi Möller'sche Weisheit „Madrid oder Mailand – Hauptsache Italien“.

Wer sich einmal fühlen will wie ein Gewinner, bestellt den aufblasbaren Plastik-Pokal – aber bitte nichts eingravieren. Schön ist auch der „Athos Sound Flaschenöffner“, der beim Öffnen „Olé, olé“ singt – eine deutliche Verbesserung zum DFB-Flaschenöffner der WM 2006, mit dem der durstige Fan bei jedem Kronkorken-Köpfen die Gesangsversuche von Oliver Pocher („Schwarz und Weiß“) ertragen musste.

Teenies, die Lust haben, Mutti zu schocken, kaufen sich Tatoo-Ärmel, täuschend echt bedruckt mit schwarz-rot-goldenen Herzchen. Und dann gibt‘s da noch einen Gegenstand, der sich ausdrücklich nicht für den Gebrauch beim EM-Gucken in größerer Runde eignet: den Deutschland-Dildo.

Mehr Artikel und Bilder rund um die Fußball-EM gibt's unter www.volksstimme.de/em2016