Doggen-Zucht Models mit Wau-Effekt
Die Doggenzüchterin Kerstin Hennigs aus Gardelegen, reist mit ihrer Hündin Princess von den elf Quellen zur World-Dog-Show in Leipzig.
Gardelegen l Sie hat endlos lange Beine, wunderschön glänzendes Fell und einen perfekt durchtrainierten Körper, der weder zu dick noch zu dünn ist. Ihr Gesicht ist ausdrucksstark und ihr Gang elegant und dynamisch. Princess von den elf Quellen ist eine klassische Schönheit, keine Frage. Für die anderthalbjährige Hündin könnte der Sonntag auf der Leipziger World-Dog-Show den Durchbruch bedeuten. Denn Großmutter-Dogge Ava hat die Messlatte hoch gesetzt. Sie wurde 2011 zum Weltchampion gewählt.
Wer bei Kerstin Hennigs in Kloster Neuendorf bei Gardelegen zu Besuch kommt, wird überschwänglich von der Rudelchefin Ferrari von den elf Quellen höchstpersönlich begrüßt. Dann gibt es einen dicken und ein wenig feuchten Schmatzer, es wird aufgeregt und kräftig mit dem Schwanz wedelnd um den Besucher herumgelaufen und der riesige Kopf für Streicheleinheiten hingehalten.
Nach der herzlichen Begrüßung lässt sich Ferrari auf ihrer Decke nieder und schafft es dabei – wie man es von einem Model im Ruhestand nicht anders erwarten würde – noch immer, elegant auszusehen. Dann schlägt die Schönheit die beiden Vorderpfoten übereinander und hört für einige Augenblicke den Unterhaltungen der Menschen zu, bevor sie glücklich vor sich hin döst.
„Doggen sind tiefenentspannte Hunde”, sagt Kerstin Hennigs und schaut liebevoll zu ihrer Ferrari. Nicht umsonst werden Tiere dieser Rasse auch als „sanfte Riesen“ bezeichnet. Für die Züchterin sind ihre Tiere eine Leidenschaft, ein Leben ohne Doggen kann und will sie sich nicht mehr vorstellen. Nachdem ihre Jagdterrier-Hündin gestorben war, schaffte sie sich 2004 ihre erste Deutsche Dogge aus einer Zucht bei Kalbe (Altmarkkreis) an – Chanell aus dem Hause Hajo.
Sie registrierte das Tier bei der Kynologischen Gesellschaft für Deutsche Doggen (KyDD, Kynologie bezeichnet die Lehre von der Zucht, Dressur und den Krankheiten der Hunde) und brachte sie zu einer Schau nach Lüneburg. „Eigentlich hatte ich nie geplant, Doggen zu züchten”, sagt Kerstin Hennigs. Doch dann habe es sich so ergeben. Sie sei auf der Schau mit dem 1. Vorsitzenden des KyDD in Kontakt gekommen, wenig später hat sie sich von ihm ihren ersten Zuchtrüden aus Mainz abgeholt – Yvanhoe vom Hause Wagner.
Die Nachnamen der Doggen lassen die Tiere nicht nur noch exklusiver wirken – für Züchter sind sie vor allem ein wichtiges Erkennungszeichen dafür, aus welchem Zwinger sie kommen. So tragen beispielsweise alle Hunde, die im Hause Hennigs geboren wurden, den Beinamen „von den elf Quellen“. Dieser erinnert Kerstin Hennigs an ihre Heimat Zichtau. „Dort, in der Nähe des Hauses meiner Eltern, entspringen die Quellen“, erklärt sie.
Ihre Liebe zu den riesigen Hunden ist bereits erkennbar, bevor man einen Fuß in das Haus der Züchterin gesetzt hat. Da ist beispielsweise ein großer Van vor ihrer Haustür, auf dem der Kopf einer Dogge abgebildet ist. „Doggenzucht von den elf Quellen“ steht auf ihm geschrieben. Der aufgemalte Kopf ihres Lieblingstieres – mit faltiger Stirn und dem so charakteristischen treuen Blick – ist auch auf der hölzernen Eingangstür zum Hof zu sehen. Diese „Doggenkunst“ zieht sich wie ein roter Faden durch das gesamte Haus der Züchterin. Denn da schmücken Reliefs, Porträts und zahlreiche eingerahmte Fotos die Wände.
Warum gerade Doggen? „Die Hunde haben die Eleganz von Pferden”, findet Hennigs, die selbst Hobbyreiterin ist. Bei einer Schulterhöhe von zirka 80 Zentimetern und einem Gewicht von bis zu 90 Kilogramm hinterlassen die stattlichen Doggen durchaus einen bleibenden Eindruck. „Wenn wir von einem kleinen Hund sprechen, meinen wir Doggenbesitzer eher Labradore oder Schäferhunde”, sagt Kerstin Hennigs und lacht – Ferrari döst weiter entspannt vor sich hin, ab und zu wirft sie ihrer Besitzerin mit verschlafenen Augen sanfte Blicke zu. Die imposanten Tiere sind für ein besonders gutmütiges, treues Wesen bekannt.
Kerstin Hennigs weiß genau, welche Wirkung ihre Doggen auf Außenstehende haben. Das hat sie schriftlich. Denn alle ihre Tiere haben eine lange Liste an Auszeichnungen vorzuweisen, in ihrem Haus gibt es ein Zimmer, das quasi mit Urkunden tapeziert ist, entlang der Wände reihen sich die Pokale ihrer Doggen. Die meisten davon hat einst die vor kurzem verstorbene Hündin Ava ergattert.
Neben dem Weltmeister-Titel, bei dem sie sich in Paris gegen 100 Deutsche Doggen in ihrer Farbe Blau durchgesetzt hat, stehen etwa 30 weitere Auszeichnungen auf der Liste der Hündin, darunter beeindruckende Titel wie Europasieger, internationaler Schönheitschampion und Kroatischer Champion.
In der intensivsten Phase ihrer Zucht hatte Kerstin Hennigs neun Tiere gleichzeitig, derzeit sind es noch drei. „Man braucht viel Leidenschaft für die Doggenzucht”, sagt sie. Das fängt bereits bei der Ernährung an. Kerstin Hennigs barft ihre Hunde, das heißt, sie füttert ihnen hauptsächlich rohes Fleisch – täglich zwei Kilogramm pro Dogge. Um die Fütterung und Pflege der Hunde neben ihrem eigentlichen Beruf – Kerstin Hennigs hat ein Taxiunternehmen – zu schaffen, hatte sie zu ihren „hundereichsten“ Zeiten sogar eine Tierpflegerin eingestellt.
Die Schönheit – und vor allem die Gesundheit – der Tiere haben natürlich dementsprechend ihren Preis. So könne der Welpe eines Weltmeisters durchaus bis zu 2500 Euro kosten. Verkauft hat Kerstin Hennigs schon in die ganze Welt. „Es gingen unter anderem bereits Welpen nach Russland, Korea und nach Australien, sie sind also international gefragt“, so die Züchterin.
Apropos international. Zu der World-Dog-Show nach Leipzig wird Kerstin Hennigs mit Princess bereits am Sonnabend reisen, einen Tag, bevor die Doggen bewertet werden. „Dann hat sie noch Zeit, sich zu beruhigen und ist nicht zu müde von der Reise“, erklärt sie. Princess hat in den Augen der Züchterin vielversprechende Voraussetzungen. Nicht nur, weil sie durch ihre Großmutter das Model-Sein in den Genen hat, sondern auch, weil Kerstin Hennigs sie seit Monaten darauf vorbereitet.
Die Muskeln wurden durch das richtige Training gekräftigt, die Züchterin hat genaustens auf die Ernährung geachtet und auch das Vorführen vor Menschen und das „Stehen“ haben die beiden geübt. Hennigs erklärt schmunzelnd: „Man kann den Hund ja nicht einfach aus dem Dorfleben in die große Messehalle schicken.“
Am Sonntag wird Princess zum ersten Mal in ihrem Leben nicht nur dem Publikum, sondern auch den strengen Blicken der Juroren ausgesetzt sein. Und worauf die achten, weiß Kerstin Hennigs genau: Stimmt der Körperbau? Steht der Hund im richtigen Winkel? Sehen die Zähne gesund aus? Und – bei Doggen sehr wichtig: Sind die Augen geschlossen?
Mit letzterem meinen Doggenzüchter nicht etwa tatsächlich geschlossene Augen, sondern das Unterlid, das bei einigen Doggen eher hängend, als fest anliegend ist. Aufwendig für die Juroren frisiert werden müssen die kurzhaarigen Doggen zumindest nicht. Hennigs: „Da reicht es, kurz mit dem Staubtuch über das Tier zu gehen.“
Ob Princess vielleicht in die Fußstapfen ... pardon, Pfoten ... ihrer Großmutter treten wird, kann Kerstin Hennigs natürlich nicht voraussagen. Denn obwohl die erfahrene Züchterin weiß, dass Princess gut ist, weiß sie noch nicht, mit wem die Hündin sich messen muss. Denn das bleibt bis zum Morgen der Schau geheim. Die Züchterin zeigt sich zwar gelassen, doch gleichzeitig spricht der Ehrgeiz einer renommierten Züchterin aus ihr: „Wenn man bereits einige sehr erfolgreiche Hunde hatte, fällt es natürlich schwerer, zu verlieren.“