Wahl-Streit Oberbürgermeister darf nicht regieren
Zehn Monate nach der Wahl ist der Rathauschef in Köthen noch immer nicht im Amt - und es droht das nächste Kuriosum.
Magdeburg l Wenn es spannend wird, ist Bernd Hauschild außen vor. Der Mann, der die Köthener Oberbürgermeisterwahl im März 2015 klar gewonnen hat, wird dann vom Stadtrat vor die Tür geschickt. Die wichtigen Entscheidungen im nicht-öffentlichen Teil fallen seit Monaten ohne Oberbürgermeister. Bernd Hauschild (SPD) ist ein OB im Wartestand.
Dabei hatte das Jahr 2015 für den 55-Jährigen eigentlich gut angefangen. Hauschild entschied nicht nur den ersten Wahlgang für sich, sondern triumphierte auch bei der Stichwahl am 8. März. Doch bereits kurz nach dem Wahltag gingen im Köthener Rathaus mehrere Einsprüche gegen die Wahl ein. Zum einen soll der stellvertretende Oberbürgermeister nicht korrekt zum Stadtwahlleiter bestimmt worden sein. Zum anderen wird Ex-Oberbürgermeister Kurt-Jürgen Zander (SPD) vorgeworfen, im Wahlkampf Partei für Hauschild ergriffen zu haben. Damit habe er das Neutralitätsgebot verletzt und das Wahlergebnis beeinflusst, moniert der Köthener Bürger Hartmut Stahl.
Weil der Stadtrat die Wahl im April dennoch für rechtmäßig erklärte, verklagte Stahl den Stadtrat. Solange gibt es keinen neuen Oberbürgermeister.
Seit mehreren Monaten liegt das Verfahren beim Verwaltungsgericht in Halle. Am Mittwoch könnten die Richter erstmals eine Entscheidung fällen.
Bernd Hauschild hofft, dass die Hängepartie „zeitnah“ beendet wird. Er ist genervt. „Ich habe nichts falsch gemacht, bin aber der Betroffene“, klagt er. Auch bei seinem Parteikollegen, Ex-OB Zander, sieht er kein Fehlverhalten. „Es ist doch völlig normal, dass er als Parteifreund für mich geworben hat. Wir haben aber immer sehr darauf geachtet, dass er das nicht als OB tat, sondern als Privatperson“, sagt Hauschild. „Gregor Gysi kam doch im Wahlkampf auch für die Linke nach Köthen. Das ist im Parteiensystem gang und gäbe.“
Während der Chefsessel im Köthener Rathaus verwaist ist, arbeitet Hauschild wie bisher als Leiter des Ordnungsamtes in der Stadt Südliches Anhalt. Dort tragen inzwischen auch Köthener Bürger regelmäßig ihre Anliegen an ihn heran. „Meistens kann ich leider gar nicht helfen. Ich bin ja gegenüber der Köthener Stadtverwaltung auch nur ein Bittsteller“, sagt der 55-Jährige. „Das wurmt mich.“
Im November, zum Köthener Karneval, war einer der seltenen Tage im vergangenen Jahr, an denen er einen Termin als „OB“ wahrgenommen hat. In seiner Rede zur Schlüsselübergabe nahm Hauschild seine vertrackte Situation mit Humor. Bis ins Rathaus sei er ja heute immerhin gekommen, sagte er damals. „Aber das OB-Zimmer blieb mir leider verwehrt.“
Nach Monaten des Wartens fällt es Bernd Hauschild zunehmend schwerer, den Zustand zu akzeptieren. Er ist es leid, dass er die Menschen mit seiner Rolle in die Bredouille bringt. „Wenn ich irgendwo auftrete, bin ich mal der ‚eigentliche OB‘, mal bin ich der ‚gewählte OB‘, mal ‚der OB, der noch nicht im Amt ist‘ – das ist einfach Mist.“
Doch ob das Verwaltungsgericht am Mittwoch wirklich für Klarheit sorgen wird, ist offen. Denn bisher war unklar, welche Wahl – die Hauptwahl oder die Stichwahl – das Gericht auf Rechtmäßigkeit prüft.
Sollten die Richter lediglich die Stichwahl für ungültig erklären, gäbe es bereits das nächste Problem: Denn Hauschilds damalige Gegenkandidatin ist inzwischen verstorben. Wie soll eine Stichwahl wiederholt werden, wenn einer der Kandidaten nicht mehr lebt?
Hauschilds einzige Hoffnung ist, dass die Wahl für rechtmäßig erklärt wird. „Ich wünsche mir, dass ich endlich anfangen kann. Denn die 3600 Bürger, die mir ihre Stimme gegeben haben, wollen den Oberbürgermeister ja irgendwann auch mal im Amt sehen.“