Naturpark Ökozone Drömling im Visier
Der Naturpark Drömling ist Heimat vieler seltener Pflanzen und Tiere. Nun soll er Biosphärenreservat werden. Doch das ist umstritten.
Oebisfelde l Ein Graureiher zieht im Tiefflug über die Wiese. Nahe dem Wassergraben, neben einem Biberbau, bebrütet ein Schwan die Eier seiner Jungen. Es ist wohltuend still. Nur die schrillen Rufe der Kiebitze sind zu hören.
Der Naturpark zwischen Oebisfelde und Klötze ist eine Erfolgsgeschichte: Seit 1990 sind hunderte Maßnahmen zum Schutz der Niedermoorlandschaft und der vielen seltenen Arten durchgeführt worden, um den Lebensraum zu stärken. Viertausend Hektar wurden wiedervernässt, insgesamt sind mehr als 20 Millionen Euro Fördermittel in den Drömling geflossen. Dieses Engagement könnte nun auch offiziell belohnt werden: Der Drömling soll den Titel „Unesco-Biosphärenreservat“ erhalten.
„Damit könnten wir die Gegend nochmal ganz anders vermarkten. Wir wollen über die Region hinaus glänzen“, sagt Sachsen-Anhalts neue Umweltministerin Claudia Dalbert. Bei einem Besuch im Drömling hat die Grünen-Politikerin ihre Unterstützung für die Ausweisung als Biosphärenreservat am Donnerstag bekräftigt. Die schwarz-rot-grüne Landesregierung hofft, dass mit dem Titel mehr Touristen in die Region gelockt werden.
Urlaub im Heimatland oder Kurztrips zur Erholung werden bei den Deutschen immer beliebter. Für Radfahrer und Wanderer ist der Drömling ideal – doch beim Bekanntheitsgrad hapert es. Mit dem Aufstieg zum Biosphärenreservat, von denen es in Deutschland nur 15 Stück (weltweit: 669) gibt, soll sich das ändern.
Doch wer diesen Titel will, muss viele Vorgaben erfüllen: Das Biosphärenreservat muss zum Beispiel größer als 30 000 Hektar sein, es soll staatlich verwaltet werden und nachhaltiges Wirtschaften fördern, Forschung und Umweltbildungsarbeit sind Pflicht.
Bevor der Aufnahmeantrag gestellt werden kann, sollen die betroffenen Gemeinden in Sachsen-Anhalt erklären, ob sie das Projekt unterstützen. Während Gardelegen, Klötze, Haldensleben und Calvörde die Pläne abgesegnet haben, hakt es in Oebisfelde-Weferlingen noch. Bürgermeisterin Silke Wolf (Die Linke) sagt: „Ich wage keine Prognose, wie das bei uns ausgeht.“ Bis Mitte Juni soll das Thema durch alle Ortschaftsräte gehen, dann stimmt der Stadtrat ab.
Fällt das Votum positiv aus, beginnt ein offizielles Anhörungsverfahren. Dabei werden unter anderem die exakten Grenzen des Gebiets festgelegt. Einwohner und Betroffene können Anliegen und Wünsche vortragen.
Diese Aussprache scheint trotz des vorgeschalteten, jahrelangen Diskussionsprozesses notwendig zu sein. Besonders bei vielen Bauern ist das Projekt umstritten.
Die Zahl der Tierhalter im Drömling habe sich in den vergangenen Jahren bereits halbiert, sagt der Etinger Landwirt Tim Koesling. „Viele Betriebe haben wegen der hohen Auflagen aufgegeben. Ich fürchte, wir haben in zehn Jahren keine Rinder mehr im Drömling.“
Die Ausweisung als Biosphärenreservat könnte weitere naturschutzfachliche Beschränkungen für die Landwirtschaft nach sich ziehen, glaubt Koesling. Dabei würden sich die Auflagen in Landschaftsschutzgebieten schon jetzt negativ auf die Erträge auswirken, kritisiert er. So ist zum Beispiel die Düngung der Flächen stark begrenzt. Die Landwirte fordern mehr staatliche Unterstützung und Zuschüsse. Sie haben auch die Sorge, dass die Unesco in Zukunft weitere Auflagen erteilen könnte.
Umweltministerin Claudia Dalbert schließt das jedoch aus. Es werde keine Zwänge geben, sagt sie. „An den Vorschriften wird sich nichts ändern“, so Dalbert. Der Prozess soll gemeinsam mit den Landwirten und nicht ohne sie gestaltet werden, verspricht sie.
Die Ausweisung als Biosphärenreservat könnte 2017 erfolgen. Ein Tourismus- und Vermarktungskonzept wurde bereits erarbeitet, in der Naturparkverwaltung sollen neue Stellen geschaffen werden. Dalbert hofft auf eine höhere Wertschöpfung für die ganze Region. Die Ministerin sagt: „Das Biosphärenreservat ist eine Marke, mit der wir gegenüber anderen Naturgebieten herausstechen können.“