Regierungschef wird wohl morgen im Landtag das Wort ergreifen Opposition macht Druck in der Filzaffäre
Im Zusammenhang mit der Dessau-Roßlauer Fördergeld-Affäre erhöht die Opposition im sachsen-anhaltischen Landtag den Druck. Linke und Grüne nehmen zunehmend Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) ins Visier. Das Parlament befasst sich morgen mit dem Thema.
Magdeburg l Die Linke will in einer Fraktions-Sondersitzung am nächsten Dienstag entscheiden, ob sie wegen der Dessauer Filzaffäre einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt. Auch die Grünen erwägen einen solchen Schritt.
Morgen befasst sich der Landtag mit der Finanz-Affäre. Wie die Staatskanzlei gestern bestätigte, wird Staatsminister Reiner Robra (CDU) die Aktenlage vortragen. Es sei davon auszugehen, dass auch Ministerpräsident Haseloff das Wort ergreife, sagte ein Sprecher.
Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt seit 2008 gegen ein Netz aus Unternehmern, CDU-Mitgliedern sowie Mitarbeitern von IHK und Landesregierung. Ihnen wird vorgeworfen, Fördergelder von mehr als vier Millionen Euro erschlichen zu haben. Aus dem Kreis der Verdächtigen erfolgten auch Spenden an die CDU.
"In der CDU gibt es offensichtlich kein Unrechtsbewusstsein."
Wulf Gallert, Linke
Belegt ist, dass Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums beim Landesverwaltungsamt auf vorrangige Bewilligung von zwei Förderprojekten gedrängt hatten - angeblich "auf Wunsch des Ministers". Wirtschaftsminister war seinerzeit Reiner Haseloff.
"Er ist politisch verantwortlich dafür, dass diese Dinge passieren konnten", sagte gestern Linke-Fraktionschef Wulf Gallert. Bis heute habe es aber "keine adäquate Reaktion" gegeben. Und: "In der CDU gibt es offensichtlich kein Unrechtsbewusstsein." Statt einer Distanzierung sei "stillschweigende Akzeptanz" erkennbar, betonte Gallert. Er kritisierte zudem die Rolle der seit vier Jahren ermittelnden Justiz. Zuletzt war bekannt geworden, dass der Chefermittler geht und Finanzrichter wird. Gallert: "Das Misstrauen wächst."
"Wir haben elementares Interesse an einer Aufklärung."
André Schröder, CDU
Auch Grünen-Fraktionschefin Claudia Dalbert griff Haseloff an: "Der Fisch stinkt vom Kopf her." Die Anträge seien "erkennbar nicht glaubhaft" gewesen, behauptete sie. Das Ministerium habe "im besten Fall schlampig gearbeitet". Die politische Verantwortung dafür trage Reiner Haseloff.
CDU-Fraktionschef André Schröder sagte, die Union habe selbst ein "elementares Interesse an einer Aufklärung", denn: "Fördermittelbetrug ist kein Kavaliersdelikt." An die Adresse der Opposition gerichtet warnte er vor einer "Verquickung von Fakten und Mutmaßungen". Schröder: "Versachlichung durch Aufklärung ist das Gebot der Stunde."
SPD-Fraktionschefin Katrin Budde forderte eine rückhaltlose Aufklärung der Vorfälle. Durch die Affäre werde die Glaubwürdigkeit von Parteien insgesamt infrage gestellt, sagte sie.