Koalition Rainer Wendt wird zur Belastungsprobe
Die Ernennung von Polizeigewerkschafter Rainer Wendt wird zur Belastungsprobe für die schwarz-rot-grüne Koalition.
Magdeburg | Die geplante Ernennung von Rainer Wendt zum Innenstaatssekretär ist zu einer schweren Belastungsprobe für die schwarz-rot-grüne Koalition geworden. SPD und Grüne lehnen die Ernennung des langjährigen Polizeigewerkschafters und innenpolitischen Hardliners Rainer Wendt vehement ab.
Landesvorstand und der Parteirat der Sozialdemokraten beschlossen am Samstag in Dessau-Roßlau, dass die SPD den dafür notwendigen Laufbahnbeschlüssen als Voraussetzung zur Ernennung Wendts weder im Kabinett noch gegebenenfalls im Koalitionsausschuss zustimmen werde.
Der SPD-Landesvorsitzende Burkhard Lischka nannte Wendt einen „Raffzahn". Der „Politrentner aus Duisburg" habe jahrelang Bezüge erhalten, ohne zum Dienst zu erscheinen.
Wendts umstrittene Doppelbesoldung hatte im vorigen Jahr für Schlagzeilen gesorgt. Obwohl er hauptamtlich als Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft arbeitete, bezog er viele Jahre lang ein Teilzeitgehalt als Polizist - bis er im Jahr 2017 im Polizeidienst pensioniert wurde. Zudem hatte er laut Innenministerium in Nordrhein-Westfalen über mehrere Jahre lukrative Nebeneinkünfte nicht angegeben. Wer sich so „unanständig" verhalte, dürfe nicht auch noch befördert werden, sagte Lischka.
Die Personalie passe zudem „in keiner Weise zum Anspruch des Ministerpräsidenten, mehr Ostdeutsche in Führungspositionen zu holen", sagte der SPD-Landeschef. Sachsen-Anhalt werde zudem auch noch durch die Übernahme von Pensionsverpflichtungen vom Land Nordrhein-Westfalen belastet.
Wendt sei in den letzten Jahren zudem wiederholt durch Ressentiments und Vorverurteilungen aufgefallen, sagte Lischka. „Das passt nicht zu einer Koalition der Vernunft und der Bollwerkfunktion, für die wir die Kenia-Koalition gebildet haben." SPD-Fraktionsvize Andreas Steppuhn nannte die Entscheidung , Wendt zu holen, „völlig inakzeptabel".
Auch die Grünen teilten am Samstag mit, sie würden einer Ernennung von Wendt nicht zustimmen. Nach einer Telefonkonferenz des Landesvorstands erklärte Landeschefin Susan Sziborra-Seidlitz, die Grünen hielten Wendt für das Amt eines Staatssekretärs „für ungeeignet, persönlich und beamtenrechtlich." Die Grünen gehen davon aus, dass Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) einer Ernennung Wendts „mit Blick auf die Interessen des Landes Sachen-Anhalt nicht zustimmen kann".
Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann via Twitter: „Das ist die einzige mögliche Verfahrensweise. Jede Koalition braucht eine gemeinsame Basis. Mit diesem Vorschlag balanciert die CDU das ohnehin fragile Kenia-Bündnis an dessen Rand."
Die Grüne Jugend forderte die Landtagsfraktion der Grünen auf, aus der Kenia-Koalition auszutreten, wenn Wendt Innenstaatssekretär werde.
Auch die oppositionelle Linke erklärte, Haseloff dürfe Wendt nicht zum Staatssekretär ernennen. Mit ihm in diesem Amt betreibe Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) „das Geschäft der AfD - mit ihm im Innenministerium wird Rechtspopulisten Gestaltungsmacht in der Landesregierung gegeben". Äußerungen von Wendt belegtem, dass dieser „nicht glaubhaft den Rechtsstaat repräsentieren kann".
Stahlknecht bewege sich wie ein Pendel. Mal grenze er sich verbal von der AfD ab, „nur um ihr am nächsten Tag entgegen zu kommen".
Der AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Roi twitterte: „Ich hoffe, dass Wendt hier für einen Kurswechsel sorgt und diese Koalition bald ein Ende hat." AfD-Politiker Jan Wenzel Schmidt nannte Wendt einen „Hoffnungsschimmer" für das von Stahlknecht geführte Innenministerium. Er bot die Tolerierung einer CDU-Minderheitsregierung an.
Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) hatte am Freitag gesagt, er lasse sich in Personalfragen nicht hineinreden, „Das mache ich ja auch nicht. Da entscheidet jede Farbe für sich." Er und Ministerpräsident Haseloff hatten Wendt in einer gemeinsamen Presseerklärung als „einen der fachkundigsten und bekanntesten Vertreter der Interessen unserer Polizei und engagierten Anwalt für die Sicherheit in unserem Land" bezeichnet.
Regierungssprecher Matthias Schuppe sagte am Sonntag, es gebe zunächst keine Stellungnahme des Ministerpräsidenten.