Fritz Meinecke Raus aus der Komfortzone
Für den Magdeburger Youtuber Fritz Meinecke hat ein neues Abenteuer begonnen. Er wohnt in seinem Auto.
Magdeburg l Ein Leben auf der Straße – was klingt wie der ausgelutschte erste Satz eines Artikels über Lkw-Fahrer, hat für den Magdeburger Fritz Meinecke seit einigen Wochen eine ganz besondere Bedeutung. Der 30-jährige Outdoor-Youtuber hat kurzerhand seine Wohnung gekündigt und lebt seither in seinem Auto.
In einer warmen Sommernacht in Magdeburg entschied er sich, im Auto zu schlafen. „In der Nacht war es so unglaublich warm in meiner Wohnung. Da bin ich mit meiner G-Klasse durch Magdeburg gefahren und hab mir überlegt, einfach draußen zu pennen“, erklärt er.
Aus einer Nacht wurden 20 und so kam er irgendwann an den Punkt: Warum nicht komplett in der G-Klasse leben? So gesehen nichts Neues für ihn, denn seit 2016 dreht er Outdoor-, Survival- und Lost-Places-Videos für seinen Youtube-Kanal „Fritz Meinecke“ (zuvor: „End Of The Comfortzone“) und ist dabei immer locker, lustig und meist mit seinem Mercedes unterwegs in den unterschiedlichsten Gegenden und Ländern: „Ich mache quasi nicht viel anders als sonst, da ich die meiste Zeit eh unterwegs bin. Irgendwann wurde meine Wohnung eher zu meinem Büro mit Badezimmer und mein Leben fand eigentlich draußen statt.“
Seine alte Mercedes G-Klasse, Baujahr 2005, die mal ein Geländewagen der Feuerwehr war, hat er selbst komplett umgebaut. Die Rückbank wurde zu einem Bett, der Kofferraum zur Küche. Den Umbau dokumentierte er in zahlreichen Videos auf Youtube. „Bei Besitztümern bin ich ein Minimalist“, erklärt Fritz, „alle drei Monate überlege ich mir, ob ich denn alles brauche, was ich besitze, und was ich nicht mehr nutze, kommt weg.“
Grundsätzlich sind derzeit rund 90 Prozent seines Besitzes ausschließlich für seine Outdoor-Touren und Video-Technik. Den Rest aus seiner Wohnung hat er verkauft oder „bei Mutti auf dem Dachboden verstaut“, erzählt er. Da man in Deutschland einen festen Wohnsitz haben muss, ist dieser auch bei seiner Mutter in Magdeburg gemeldet.
Angefangen hatte alles vor einigen Jahren mit Geocaching gemeinsam mit zwei Freunden, erinnert sich der gelernte Bankkaufmann: „In Geocaching-Gruppen auf Facebook hatten wir damals Fotos von unseren Touren gepostet. Dadurch bekamen wir immer mehr Freundschaftsanfragen, also erstellten wir uns lieber eine eigene Facebookseite für unsere Fotos und Touren.“ Diese Seite hat heute fast 20.000 Fans. Zum Geocaching kamen dann Besuche von Lost Places hinzu. Wenig später startete er das Youtube-Projekt und das fand direkt großen Anklang in der Szene.
Während dieser Zeit arbeitete Fritz gerade bei einer Softwarefirma in Berlin. Doch ein normaler Arbeitsalltag war nie sein Ding. „In der Theorie war es mein Ziel, irgendwann mit Youtube so viel Geld wie mit meinem Job zu verdienen. Dann hätte man über einen reinen Job als Youtuber nachdenken können.“ Allerdings kam alles schneller als erwartet. Die Softwarefirma ging in Insolvenz und musste ihre Mitarbeiter entlassen. „Während sich meine Kollegen in der nächstgelegenen Bar aus Frust betranken, dachte ich mir: jetzt oder nie.“
Also setzte Meinecke alles auf seinen Youtube-Kanal – mit Erfolg. Heute hat der Channel „Fritz Meinecke“ rund 650.000 Abonnenten. Wöchentlich erscheint ein Video über beispielsweise Outdoor-Touren durch Skandinavien, vergessene Orte in Deutschland oder Tests zu Messern, Lampen und Rucksäcken. Zwischendurch wird sogar mal getestet, wie sich Pfefferspray auf den eigenen Körper auswirkt. Stellt sich die Frage: Wie kommen die Videos ohne Wohnung und WLAN online? „Das Internet war natürlich ein wichtiges Kriterium. Ich habe mir einen neuen Handyvertrag mit unbegrenztem mobilem Datenvolumen zugelegt.“
Denn auch das soziale Netzwerk Instagram spielt in seinem Job eine große Rolle. Gerade über die sogenannten Insta-Stories postet er Fotos und kurze Videos seiner Abenteuer, kommuniziert mit seinen 143.000 Instagram-Followern und beantwortet Fragen unter dem Hashtag #FragFritz. „Alle Nachrichten kann ich leider nicht beantworten. Mittlerweile sind das einfach zu viele. Aber immer wenn ich mal zwischendurch Zeit habe, gebe ich mein Bestes beim Zurückschreiben.“ Allgemein ist der freundliche Magdeburger äußerst fannah, nimmt sich immer Zeit für Fotos und kurze Gespräche mit seinen Fans. „Ich weiß, was ich an meinen Fans habe und ebenso, dass mein Lifestyle ohne sie nicht möglich wäre“, zeigt er sich dankbar. Es gibt allerdings auch Grenzen: „Es kam auch schon vor, dass Fans bei mir zu Hause geklingelt haben, nur um mich zu sehen. Das geht natürlich zu weit.“
Auf Instagram hat sich zudem ein richtiger Trend entwickelt, indem Fans Fotos posten, wenn sie Fritz‘ berühmte G-Klasse entdeckt haben. „Sowas wird dann von mir gern auch mal geteilt. Wenn ich Fans treffe, bekommen sie auch häufig ein kleines Goodie von mir geschenkt“, erzählt er. Das sind meist Aufnäher mit seinem Logo aus seinem Onlineshop.
Dieser Shop ist eine seiner Einnahmequellen. Neben Youtube und Werbepartnern finanziert sich der 30-Jährige durch seine Fan-Artikel im Onlineshop. Auch dabei haben seine Fans ein Mitspracherecht: „Hin und wieder lasse ich meine Fans über Motive auf neuen T-Shirts oder Pullovern abstimmen. Schließlich sind sie es, die die Sachen später tragen.“
Aber wie steht es nun eigentlich mit der Hygiene – so ganz ohne Badezimmer? Auch dafür hat Fritz eine Lösung: „Ich bin Mitglied in einem Fitness-Studio. Das hat europaweit Filialen und dort kann ich jederzeit duschen.“ Und auch trainieren, denn Fitness wird bei ihm großgeschrieben.
Angesprochen auf sein bislang krassestes Erlebnis muss er nicht lang überlegen. 2016 war er gemeinsam mit dem deutschen Komiker Wigald Boning für den Fernsehsender „History“ unter anderem im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl unterwegs. Bestückt mit einem Geigerzähler und begleitet von einem Kamerateam ging es zunächst in die Stadt Prypjat und anschließend zum Kraftwerk, erzählt der Youtuber: „Zu sehen, wie die Menschen von jetzt auf gleich alles stehen und liegen lassen mussten, war krass. Es ist ein unglaubliches Gefühl, an einem Ort mit einer solchen Geschichte zu sein.“
Auch wenn derzeit die Welt sein Zuhause ist, hat Fritz Meinecke einen starken Bezug zu seiner Heimat Magdeburg. Auch weil seine Mutter und seine Oma dort wohnen. Zudem ist dies nicht sein erster Artikel in der Volksstimme – wenn auch nicht ganz freiwillig. „Ich wollte damals Fotos vom Dach eines Hochhauses in Magdeburg schießen“, erinnert er sich. Dass er damit einen großen Polizeieinsatz auslöste, war allerdings nicht sein Ziel. „Irgendwer hatte mich gesehen und dachte wohl, ich wolle springen. Daraufhin rückten Polizei, Feuerwehr und Krankenwagen an. Den Einsatz durfte ich dann bezahlen ...“
Nach nun mehr rund zwei Monaten unterwegs in seinem rollenden Heim und einer zwischenzeitlichen Tour durch Dänemark, Schweden und Norwegen zieht Fritz Meinecke ein durchweg positives Fazit: „Ich bin total begeistert und es macht mir noch immer unheimlich viel Spaß. Ich erlebe die Tage jetzt viel intensiver, bin länger wach. Ich habe nahezu jeden Abend meinen Sonnenuntergang und werde am Morgen vom Sonnenaufgang geweckt.“
Aber gibt auch zu, dass er sich noch in einer „Testphase“ befindet. Immer wieder wird im Auto etwas umgeräumt oder aussortiert. Noch genießt er die hohen Temperaturen des Sommers, „aber für den Winter habe ich auch schon einen Plan. Dann geht es in den Süden mit dem G. Vielleicht Portugal, vielleicht Malle – mal sehen, wohin es mich verschlägt ...“
So findet ihr Fritz im Internet: