Kunsthistorik Museum Aschersleben will Exponate aus Besitz der Freimaurerlogen erstmals genauer untersuchen lassen
Den Freimaurern auf der Spur ist Kunsthistroikerin Christiane Grathwohl-Scheffel - sie bewarb sich im Museum Aschersleben, um die Geschichte seiner Freimaurer-Sammlung zu erforschen.
Aschersleben
Die Stadt Aschersleben kennt Christiane Grathwohl-Scheffel nicht. Noch nicht. Doch Grathwohl-Scheffel kennt sich mit der Erforschung von Museumssammlungen und deren Herkunft aus. Deshalb bewarb sich die Kunsthistorikerin aus Freiburg im Breisgau als Provenienzforscherin am Museum Aschersleben, das die Geschichte seiner Freimaurer-Sammlung erforschen will.
Ein „Erstcheck“, den das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste 2016/17 finanziell unterstützte, kam zu dem Ergebnis, dass das Museum auch nach dem landesweiten Verbot der Freimaurerlogen 1935 Stücke aus deren Besitz gesammelt hat. Manche kamen als Schenkungen ins Museum, andere wurden in den 1990er Jahren im Antiquitätenhandel gekauft.
Forschungsprojekt in Aschersleben für sechs Monate geplant
Woher sie stammen, soll nun in einem sechsmonatigen Forschungsprojekt geklärt werden. „Bisher gibt es keine Hinweise, dass das Museum unrechtmäßig erworbene Objekte in seiner Freimaurersammlung aufbewahrt“, sagt Museumschefin Luisa Töpel. In sechs Monaten wird sie wissen, ob diese Aussage Bestand hat. Wenn es doch Objekte gebe, die unrechtmäßig im Museum seien, dann werde sie sich für eine „faire und gerechte Lösung nach den Washingtoner Prinzipien“ einsetzen.
Die Ascherslebener Aufgabe ist – zumindest aus heutiger Sicht – überschaubar: Es geht um 90 Exponate, darunter Mitgliederverzeichnisse, Ritualkleidung, Ritualgegenstände und Logenabzeichen, sogenannte Bijous, von denen eine Auswahl im Museum zu besichtigen ist. Auch wenn die Loge bereits 1777 in Magdeburg gegründet wurde und seit 1778 in Aschersleben existierte, stammen die Sammlungsstücke alle aus dem frühen 20. Jahrhundert.
Akten im Geheimen Staatsarchiv in Berlin
Christiane Grathwohl-Scheffel hat nun damit begonnen, im Museum, im Stadtarchiv Aschersleben und auch im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin nach Hinweisen auf die Geschichte der Ascherslebener Stücke zu suchen. Denn alle deutschen Freimaurerlogen wurden 1935 von den Nationalsozialisten verboten, ihr Besitz eingezogen. 1945 kamen viele Akten zusammen mit Millionen Kunstschätzen in die Sowjetunion. Die Freimaurerarchive wurden später zurückgegeben und werden heute im Geheimen Staatsarchiv aufbewahrt. Dass es dort auch Akten zur Ascherslebener Loge „Zu den drei Kleeblättern“ gibt, ist bekannt. Christiane Grathwohl-Scheffel wird sie nun erstmals sichten.
Sollte es doch schwieriger sein, als bisher angenommen, die Herkunft der 90 Freimaurer-Exponate zu klären, kennt sich Provenienzforscherin Grathwohl-Scheffel mit Verlängerungsanträgen gut aus, wie sie im Volksstimme-Gespräch sagt. Das Projekt, das sie in Freiburg für die Sammlungen des Museums für Neue Kunst und des Augustinermuseums betreute, musste mehrfach verlängert werden, um alle Herkunftsfragen zu klären.
Wahrscheinlich wird das aktuelle Projekt nicht das letzte Provenienzforschungsvorhaben im Museum Aschersleben sein. Denn zu den Sammlungen gehören auch Stücke einer „Afrikanischen Sammlung“, die wohl seit 1938 im Museum sind. Momentan werden sie im Zuge einer Kooperation mit dem Gymnasium Stephaneum erfasst und beschrieben. Ihre Herkunft will Museumsleiterin Luisa Töpel später auch erforschen lassen.