wiedereröffnung Nach Zwangspause: So verheerend war Corona für Kinos in Sachsen-Anhalt
Acht Monate Zwangspause: Kinos litten besonders schwer unter der Corona-Krise. Wie es den Lichtspielhäusern in Sachsen-Anhalt finanziell geht, warum diese Saison für manches Kino die endgültig letzte sein könnte und warum sich manche Betreiber als Bauernopfer sehen.

Magdeburg/Halberstadt/Stendal/Salzwedel - Nach rund 240 Tagen heben sich die Vorhänge wieder - Darsteller mimen ihre Rollen, Feuer walzt über Leinwände und Musik donnert durch Lautsprecher: nach acht Monaten Corona-Zwangspause, dürfen Kinos in Sachsen-Anhalt ab dem 1. Juli wieder offiziell öffnen. Wie ist die Lage der Lichtspielhäuser in der Region, was sind die Hoffnungen der Betreiber und wie hart hat sie Corona wirklich getroffen?
Hoffnungsschimmer in Harz und Altmark
Der Zuckerpark in Halberstadt war durch die Corona-Schließung im vergangenen November besonders schwer betroffen. Neben dem Kino gingen durch die Verordnungen auch die Türen des zugehörigen Restaurants und Fitnesscenters zu. Nun öffnen sich die Tore wieder. Viele Leute werden im Kino, nach der Wiedereröffnung, jedoch nicht erwartet, heißt es aus der Verwaltung des Kinos. Die Leute seien zu sehr mit Urlaub beschäftigt, das Geld sei durch die Krise bei manchen knapp und einige würden sich schlicht nicht trauen ins Kino zu gehen - zu hoch sei die Angst sich trotz strenger Hygieneregeln mit dem Virus anzustecken.
Doch auch im Kino Zuckerfabrik ist die Hoffnung groß, dass die Plätze bald wieder gefüllt werden. Einige Sonderaktionen werden fortgesetzt, wie Kindergeburtstagsveranstaltungen. Dass das Kino wieder öffne, spreche sich rum, heißt es weiter. Hoffnungschimmer im Harz, nach acht Monaten Zwangsschließung.
Nichts wäre schlimmer als eine vierte Corona-Welle.
Jürgen Bode, Kinobetreiber Salzwedeler Fimpalast
Um die 15 Grad und leichter Regen. So sieht es vielerorts an diesem 1. Juli in Sachsen-Anhalt aus - da dürfte kaum einer an den Badesee denken. Jürgen Bode ist Kinobetreiber des Salzwedeler Filmpalastes; er freue sich über das “schöne Kinowetter”, wie er es nennt. “Die Vorbestellungen sehen ganz gut aus”, sagt er.
Vor acht Monaten wurden die Vorhänge wegen der Krise geschlossen. Die Pause sollte eigentlich nur bis Weihnachten gehen, sagt Bode. Nun kommt die Öffnung mit sieben Monaten Verspätung. Bode: "Wir haben uns da manchmal als Bauernopfer gesehen". In den Monaten, in denen der Filmpalast geschlossen war, nutzte er die Zeit und investierte viel Geld ins Kino.
Mit einem Ansturm an diesem Startwochenende rechnet Jürgen Bode weniger, trotz Zuschauermagneten, wie den Film 'Peter Hase 2'. “Es muss auch wieder losgehen”, sagt er, “wir schauen auf den kommenden Herbst”. Da Plane das Kino einige Sonderveranstaltungen. “Nichts wäre da schlimmer als eine vierte Corona-Welle”.
Die Kinosäle im Stendaler Uppstallkino sind seit dem 1. Juli ebenso geöffnet. Einen regelrechten Ansturm auf das Kino, wie manch einer vorhersagt, werde es aber nicht geben, sagt Kinobetreiber Günther Tyllack. Was auch daran liegen könnte, dass eben nur rund 30 Prozent der Plätze vergeben werden dürfen. Man sei jedoch zuversichtlich, dass nach der letzten Schließung am 1. November 2020, nach und nach das Publikum den Weg wieder ins Filmtheater finden werde.
Die Corona-Krise ging auch am Uppstallkino nicht spurlos vorüber - trotz Soforthilfen vom Staat. Tyllack: “Es gab acht Monate kein Spielbetrieb, viele Kinos die, wie wir, zu einer Kinogruppe gehören, mussten Millionenkredite aufnehmen. Deswegen sind wir nun guter Hoffnung, dass es jetzt wieder bergauf gehen wird - gehen muss.”
Vorhang auf in Magdeburg
Im Moritzhof in Magdeburg werde dieser Tage mit einem großen Interesse von Publikum gerechnet - spätestens, wenn preisgekrönte Streifen wie Oscar-Film ‘Nomadland’ oder die Doku ‘Vor mir der Süden’ erscheinen, sagt Geschäftsführer Christoph Hackel. “Zumal die Zugangsbedingungen durch den Wegfall der Vorlage von Impfausweis oder Testergebnis leichter sind.”
Die finanzielle Lage ist mau.
Ines Möhring, Betreiberin OLi-Kino Magdeburg
Auch im Moritzhof wird es dauern, bis die Kapazitäten wieder voll ausgeschöpft werden können, eine volle Auslastung der Plätze ist wegen der aktuellen Corona-Verordnung noch nicht möglich. Der Kulturhotspot der Landeshauptstadt erhielt während der Krise Gelder von Stadt und Bund, konnte sich so über Wasser halten.
Ähnliche Situation beim OLi-Kino in Magdeburg-Stadtfeld. Das kleine Kunst-Kiezkino durfte in den Fördertopf vom Staat greifen. Doch das reichte lange nicht. “Die finanzielle Lage ist mau”, sagt Betreiberin Ines Möhring. “Wir haben uns mit Spenden und staatlichen Hilfen über Wasser gehalten, jetzt muss es ab Herbst endlich wieder richtig weitergehen.”
Ihre Hoffnungen liegen auf dem letzten Quartal des Jahres - auch, weil das OLi in den heißen Sommermonaten im Juli und August traditionell geschlossen hat. Filme und Vorträge starten ab dem 21. August wieder, der reguläre Betrieb ab September. Ines Möhring: “Sollte das Weihnachtsgeschäft ein weiteres Jahr wegbrechen, wird das OLi in Schwierigkeiten geraten.”
Corona schlug auch bei großen Kinoketten ein. Es wird von mindestens 225 Millionen Euro Verlust gesprochen, über die gesamte Branche in Deutschland verteilt. Auf Nachfrage bei einem der größten Kinos der Region, dem CinemaxX Magdeburg, heißt es: "Wir glauben felsenfest an Kino und rechnen in Deutschland mit einem hohen Nachholbedarf." Ein Zitat des Geschäftsführers Frank Thomsen. Wie hoch die Verluste des Hamburger Unternehmens konkret waren, ließ der Kino-Riese nicht blicken.
Umso wichtiger für die Branche, dass die Säle der Region wieder bespielt werden, Darsteller mimen, Feuer walzen und Musik donnern darf - damit das Kulturgut Kino nicht wieder monatelang schließen muss und dass das Ende für manches Lichtspielhaus bedeutet.