1. Startseite
  2. >
  3. Sachsen-Anhalt
  4. >
  5. Regionale Kultur
  6. >
  7. Oberfläche der Himmelsscheibe von Nebra aus Bronze neu kartiert

museum Oberfläche der Himmelsscheibe von Nebra aus Bronze neu kartiert

Vor rund 20 Jahren ist mit der Forschung an der Himmelsscheibe von Nebra begonnen worden. Jetzt wurde ein neuer Ansatz gewählt. Als Ergebnis konnte die Arbeitsweise der bronzezeitlichen Handwerker im Detail nachgewiesen werden.

Von dpa 12.5.2021, 13:29
Die Himmelsscheibe von Nebra steht in einer Glasvitrine in einer Ausstellung. Mit einem aufwendigen bildgebenden Verfahren ist die Oberfläche der über 3600 Jahre alten Himmelsscheibe von Nebra nun erneut analysiert worden. Die Ergebnisse wurden am 12.05.2021 vorgestellt. 
Die Himmelsscheibe von Nebra steht in einer Glasvitrine in einer Ausstellung. Mit einem aufwendigen bildgebenden Verfahren ist die Oberfläche der über 3600 Jahre alten Himmelsscheibe von Nebra nun erneut analysiert worden. Die Ergebnisse wurden am 12.05.2021 vorgestellt.  Foto: Anne Pollmann/dpa

Halle. Mit hochauflösender bildgebender Technik ist die komplette Oberfläche der Himmelsscheibe von Nebra neu kartiert worden. „Hunderte Bilder wurden am Computer im spanischen Barcelona in monatelanger Kleinarbeit ausgewertet, wobei die Digitalmikroskopie 3D-Darstellungen winzigster Ausschnitte der Himmelsscheibe ermöglichte“, sagte Landesarchäologe Harald Meller am Mittwoch in Halle. „Die Ergebnisse zeigen die detaillierte Bearbeitung und dass tatsächlich mehrere bronzezeitliche Handwerker beteiligt waren.“

Die Arbeiten seien in Vorbereitung der Landesausstellung „Die Welt der Himmelsscheibe von Nebra – Neue Horizonte“ erfolgt. Die Schau wird am 4. Juni im Landesmuseum Halle eröffnet. Die über 3600 Jahre alte, grünlich schimmernde Bronzescheibe zeigt die weltweit älteste bekannte konkrete Darstellung astronomischer Phänomene. Die Goldauflagen bilden Archäologen zufolge unter anderem Mond, Sterne und ein Schiff ab.

Auf der Vorderseite der Scheibe machen 3D-Abbildungen die genaue Befestigung der Goldauflagen sichtbar. „Durch Hämmerung entstanden bei der Sonnenbarke, also dem Schiff, kleine Bronzezungen, die die Goldblechapplikationen einklemmen und an Ort und Stelle halten“, beschrieb Meller die Arbeitsweise der Handwerker.

Das ist ein Beleg für die Beteiligung unterschiedlicher Handwerker

Landesarchäologe Harald Meller

Neue Röntgenaufnahmen machten bislang verborgene Spuren sichtbar. Als Beispiel nannte Meller, dass für die Bearbeitung zwei unterschiedliche Werkzeuge verwendet wurden: ein stumpfer und ein scharfer Meißel. Mit dem stumpfen Meißel wurde vorgezeichnet. Eine „Probespur“ auf der Rückseite der Scheibe diente einem anderen Handwerker zur Prüfung der Materialeigenschaften. „Das ist ein Beleg für die Beteiligung unterschiedlicher Handwerker“, sagte Meller.

Ebenso konnten mit Hilfe der Aufnahmen unterschiedliche „Kratzspuren“ zugeordnet werden. Diese belegen, dass einer der Finder, der die Scheibe 1999 entdeckt hatten, den Fund mit Stahlwolle-Pads reinigte. „Die bronzezeitlichen Handwerker polierten die Oberfläche mit dem Hauer eines Wildschweins, einem sogenannten Sauzahn“, sagte der Landesarchäologe. Diese Methode sei noch bis in die Neuzeit bei Goldschmieden üblich gewesen.

Spuren des Kupferoxids Tenorit

Materialuntersuchungen am Institut für Geowissenschaften der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg ergaben zudem, dass sich auf der Scheibe Spuren des Kupferoxids Tenorit ablagerte. Dieses Oxidationsprodukt entsteht den Angaben zufolge durch Erhitzung bis zur sanften Rotglut auf circa 800 Grad Celsius. „Die Himmelsscheibe wurde mehrmals durchgeglüht und dabei dunkel gefärbt, was einen guten Kontrast zu den Goldauflagen ergab“, sagte Meller.

Zudem zeigten Röntgenbilder, dass es während der Arbeit eine Konzeptionsänderung gab. Die Gestaltung des Schiffes, der Sonnenbarke, im unteren Bereich der Himmelsscheibe war offensichtlich anders geplant. Die Profile der in die Bronze vorgeritzten Sonnenbarke und der Goldblechauflage unterscheiden sich deutlich voneinander. „Wahrscheinlich erfolgte die Veränderung aus ästhetischen Gründen“, sagte der Landesarchäologe.