Skulpturenpark Per Handy den Skulpturen in Magdeburg lauschen
Das Kunstmuseum Magdeburg hat seine Audioführungen auf den frei zugänglichen Skulpturenpark erweitert. Die Volksstimme hat das Angebot getestet.
Magdeburg
Kunst und Kultur haben es in der Corona-Krise auch in Magdeburg schwer, die Menschen zu erreichen. Gerade rechtzeitig gekommen ist da die neue Audioführung des Klosters Unser Lieben Frauen im Skulpturenpark. Ein lohnenswerter Ausflug in die Magdeburger Innenstadt, wie ein Test zeigt.
Datei vorher herunterladen
Die Vorbereitung: Ich benötige ein gängiges Smartphone. Die App „Kunstmuseum Magdeburg“ für Android- oder iOS-Betriebssystem ist schnell heruntergeladen. Wer gut vorbereitet ist, hat die Daten für seinen Rundgang schon vor dem Start zu Hause oder an einem Hotspot für freies W-Lan heruntergeladen.
Das Symbol für die App ist in einem eleganten Grau gehalten. Schnell habe ich mich vorbei am bestehenden Angebot zur Klosterarchitektur und zur Ausstellung im Inneren des Hauses, das derzeit geschlossen ist, zum Skulpturenpark navigiert. Die einzelnen Stationen kann ich in beliebiger Reihenfolge anwählen. In der Einleitung gibt es Informationen zur Idee und zur Entstehung des Skulpturenparks. Der empfohlene Start für den Rundgang beginnt an der Käthe-Kollwitz-Skulptur von Gustav Seitz.
Die Objekte: An der Käthe-Kollwitz-Skulptur ist zu erfahren, dass Gustav Seitz gemeinsam mit Käthe Kollwitz gearbeitet hat und wie er nach dem Tod der Künstlerin darauf drang, sie nicht als überhöhte Heldin zu zeigen, sondern als schlichte Figur in blockhafter Form zu zeigen – Käthe Kollwitz als vom Schicksal geprägte, nahbare Frau. Ein Abguss dieser Arbeit steht als Denkmal auch auf dem Berliner Kollwitzplatz.
Worte der Künstler
Angenehm fällt an dieser wie an anderen Stationen auf: Das Werk wird nicht allein besprochen und interpretiert. Auch die Gedanken und Ideen der Künstler werden wiedergegeben, so dass ich als Besucher den Prozess der Entstehung der jeweiligen Arbeit ein wenig miterleben kann, selbst wenn dieser bei einigen der gezeigten Arbeiten schon Jahrzehnte zurückliegt.
Am Beispiel der Käthe-Kollwitz-Skulptur wird gleich deutlich: Auch wenn mein Smartphone dafür kein Symbol darstellt – von diesem Bild der Audiotour-Station kann ich zu einer weiteren Abbildung weiterwischen. Im Falle dieser Skulptur gelange ich zu dem Selbstporträt von Käthe Kollwitz, das auch als Vorlage für die Plastik im Magdeburger Skulpturenpark diente. Bei anderen Werken sind keine zusätzlichen Bilder hinterlegt, bei wieder anderen aber beispielsweise weitere Perspektiven auf das jeweilige Objekt.
Von der Nachkriegszeit in die Gegenwart
Neben den klassischen Skulpturen aus Zeiten der DDR sind es die neueren, die mich neugierig machen – und die mir als einfachem Konsumenten von Kunst womöglich ohne eine Erklärung nichts weiter sind als eine Dekoration in der Landschaft.
Ein Beispiel ist Nathan Coleys Arbeit „For other People and other Works“, die sich in der Mitte des Geländes neben dem Kloster befindet. Diese begehbare Fläche, die über dem Erdboden zu schweben scheint, nimmt die Geschichte der Fläche auf, wie ich erfahre und wie den meisten Passanten ohne eine Erläuterung verborgen bleiben dürfte. Sie orientiert sich nämlich an den Mauerresten in der Umgebung und lenkt mit den Löchern für die Bäume auch die Aufmerksamkeit auf diese Bepflanzung, die erst mit der Wiederbebauung Magdeburgs nach den Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg verwirklicht werden konnte.
Die Kinderführung
Neben einer Führung für die Erwachsenen gibt es auch ein Audioangebot für Kinder mit einer Dauer von rund 25 Minuten. Museumschefin Annegret Laabs sagt: „Tatsächlich mag ich am meisten die Kinderführung, die auch für Jugendliche und alle anderen viel Wissenswertes und Neues auf anschauliche Weise nahebringt. Der Rundgang der Geschwister Anna und Paul durch den Skulpturenpark - ihr Gespräch zum Beispiel über Käthe Kollwitz – ist wunderbar gelungen.“ Dies mag daran liegen, dass dieser Teil der neuen Führung auch am arbeitsaufwendigsten war und viele Testpersonen – vor allem auch Kinder und Jugendliche – in die Erstellung der Texte einbezogen waren. Also: unbedingt empfehlenswert für alle, nicht nur für Kinder“, so die Museumschefin.
Und tatsächlich: Der Beitrag für die Kinder eröffnet mir auf die Käthe-Kollwitz-Skulptur ganz andere Eindrücke.
Ein weiteres Beispiel für die andere Perspektive dank des Kinderangebots: Alicia Paz’ „Baum der Puppen“. Die beiden Protagonisten der Führung nutzen hier die Gelegenheit, um die Rolle der Frauen zu erörtern.
Der Skulpturenpark um das Kunstmuseum Kloster Unser Lieben Frauen wurde ab den späten 1980er Jahren geschaffen. Das Gelände erstreckt sich von der Hubbrücke bis zum Petriförder zwischen Breitem Weg und Stromelbe. Die rund 50 Skulpturen umfassen Arbeiten aus der DDR, aber auch Beiträge von internationalen Künstlern bis in die Gegenwart. Eine Erweiterung erscheint derzeit schwierig.
Zu diesen gehört beispielsweise Alicia Paz’ „Insel der Puppen“ auf dem Vorplatz des Kunstmuseums, das inzwischen zu einem beliebten Fotomotiv und einer Art Wegweiser für die Stätte der modernen Kunst in Magdeburg geworden ist. Eine Weiterführung der jetzt eingerichteten Audioführung soll stufenweise erfolgen, so Museumschefin Annegret Laabs. Sie sagt: „Aber 40 Minuten Rundgang Skulpturenpark sind erst einmal nicht wenig, und die Leichtigkeit eines Spazierganges, dem die Texte übrigens bei allem Informationsgehalt entsprechen, soll ja auch erhalten bleiben.“
Die Skulpturen in der Audioführung
Die Skulpturen in der Führung: Bei den Skulpturen, die in die Audioführung aufgenommen wurden, handelt es sich bislang um die folgenden Objekte, die sich im unmittelbaren Umfeld des Klosters befinden. Das Angebot gibt es in Deutsch, Englisch und als Kinderführung.
- Gustav Seitz: „Käthe Kollwitz“, 1958
- Wieland Förster: „Große Neeberger Figur“, 1971-1974
- Nathan Coley: „For other People an other Works“, 2017
- Werner Stötzer: „Werra und Saale“, 1986
- Jenny Mucchi-Wiegmann: „Schwimmerin“, 1969
- Fritz Cremer: „Aufsteigender“, 1966/1967
- Oliver Weller: „Stufenweisen“, 2021
- Ian Hamilton Finlay: „Chrysalis“, 1996/2006
- Robin Minard: „Verlorene Glocken“, 2016
- Verschiedene Künstler: Klostertüten
- Alicia Paz: „Insel der Puppen“, 2018
- Heinz Breloh: „Lebensgröße Magdeburg“ (1995)
- Sabina Grzimek: „Stehende und ruhende Gruppe“, 1979/1980
Ein Fazit
Beim Rundgang fallen kleinere Dinge auf, bei denen es noch „Luft nach oben“ gibt. Auf die App weist derzeit ein Transparent am Bauzaun vor dem Kloster hin. An den Skulpturen selbst fehlt ein Hinweis auf die Führung, oder gar ein QR-Code, um direkt zu dem Objekt zu springen. Zudem fehlt die Möglichkeit, einfach zwischen der Kinder- und Erwachsenen-Führung zu wechseln. Man muss die App jeweils neu starten. Wünschenswert wäre auch ein Skript zur Audioführung – nicht jeder Passant möchte sich auf ein Tondokument einlassen.
Lohnenswert ist der Rundgang, da er in gut verständlichen Worten die Ideen der Künstler und Fakten zur Entstehungsgeschichte der einzelnen Werke vermittelt. Der Nutzer kann unabhängig vom Zeitpunkt und seinem individuellen Tempo der Kunst am Kloster näherkommen. Pluspunkte gibt es auch für eine leichte Installation und gute Bedienbarkeit der App. (ri)