150. Geburtstag des Bauhaus-Meisters Quedlinburg feiert Feininger
Am 17. Juli vor 150 Jahren wurde Lyonel Feininger in New York geboren. Vielerorts wird der Geburtstag begangen, natürlich auch in Quedlinburg, wo ein Museum dem Werk des Bauhaus-Meisters gewidmet ist. Es gibt aber nicht nur freudige Geburtstagsstimmung.
Quedlinburg - Alle Räumlichkeiten der Lyonel-Feininger-Galerie sind seit Wochen schon dem runden Geburtstag gewidmet. Das Haus um Leiterin Gloria Köpnick gibt mit der Ausstellung „Becoming Feininger“ einen Blick in das Leben, Werk und die künstlerische Entwicklung des Deutsch-Amerikaners.
Über Feiningers Biografie kann man facettenreich erzählen, wie Journalist Andreas Platthaus in seinem gerade erschienenen Buch. Man sollte vor allem die Quedlinburger Schau besuchen, die mit Arbeiten aus drei Sammlungen und Leihgaben aus Privatbesitz sehr umfassend den Künstler in den Fokus rückt.
Im Schnelldurchlauf kann man festhalten: Am 17. Juli 1871 wurde Lyonel Feininger in New York geboren, mit 16 kam er nach Deutschland, studierte Kunst, wurde anerkannter Karikaturist, druckte schon selbst, malte, entdeckte den Holzschnitt. Walter Gropius berief ihn 1919 ans Bauhaus. Feininger gestaltete das Titelblatt des Bauhaus-Gründungs-Manifestes, übernahm 1921 die Druckwerkstatt. Halle beauftragte ihn, die Stadt zu porträtieren. Diesen Werkkomplex hatte das hallesche Kunstmuseum 1931 angekauft – er wurde von den Nazis beschlagnahmt und veräußert. Mehr als 400 seiner Werke wurden als „entartete Kunst“ gebrandmarkt und aus Museen entfernt.
Ein Quedlinburger sichertedie Werke vor den Nazis
„Ich fühle mich 25 Jahre jünger, seit ich weiß, dass ich in ein Land gehe, wo Fantasie in der Kunst und Abstraktion nicht als absolutes Verbrechen gelten wie hier.“ Den Satz, so ist in der Ausstellung zu erfahren, hatte Feininger Ende Mai 1937 an seinen Sohn Theodore Lux geschrieben. Wenige Tage später kehrten Feininger und seine Frau Julia Deutschland den Rücken. Der Künstler starb am 13. Januar 1956 in New York.
Feininger liebte das Meer, verbachte die Sommer an der Ostsee, reiste nach Thüringen, in den Harz. In Quedlinburg aber ist der Künstler nie gewesen. Dass es in der Welterbe-Stadt ein Feininger-Museum gibt, ist dem gebürtigen Quedlinburger Hermann Klumpp (1902-1987) zu verdanken. Klumpp war schon promovierter Jurist, als er sich für ein Studium am Bauhaus entschied. Dort schloss er Freundschaft mit Lyonel und Julia Feininger. Als sich beide entschlossen, nach Amerika zu ziehen, gaben sie einen beträchtlichen Teil des Werkes in die Obhut von Klumpp. Er rettete nicht nur bedeutende Werke, sondern setzte sich zu DDR-Zeiten jahrelang für die Gründung eines Museums ein. Dessen Eröffnung 1986 hat er noch erleben können.
Die Sammlung von Dr. Hermann Klumpp ist als Dauerleihgabe in der Feininger-Galerie. Die hat sich in all den Jahren durch Sanierung und Anbauten nicht nur räumlich erweitert. Gegründet wurde die Stiftung Lyonel-Feininger-Sammlung von Armin Rühl. 2019 hatte der Kunstmäzen aus Düsseldorf seine Privatsammlung von über 100 Feininger-Werken in die Obhut der Quedlinburger Fachleute gegeben. Laut Köpnick soll der neue Bestand, der schon zu Lebzeiten übereignet wird, wissenschaftlich aufbereitet werden.
Köpnick übernahm im vergangenen Herbst die Leitung des Hauses. Die 33-jährige Kunsthistorikerin hat ihren Dienst mit dem Jubiläum eigentlich in schöner Zeit angetreten. Anfragen an ihr Haus gibt es aus ganz Deutschland. Die überregionale Resonanz auf die Ausstellung sei groß, sagt sie erfreut. Für Sonnabend hat sich Conrad Feininger angemeldet, Enkel von Lyonel und Sohn von Theodore Lux Feininger. Die Freude über den Besuch aus den USA ist groß.
Kreis zieht sich ausFinanzierung zurück
Trotzdem aber überschattet der Beschluss des Kreistages Harz nicht nur diese Feierlichkeiten. Der Landkreis zieht sich aus der Finanzierung zurück. Es geht um 200 000 Euro jährliche Mitfinanzierung. Ab 2022 wird der Zuschuss reduziert, ab 2025 wird nichts mehr fließen. Kristina Fischer-Gerloff, zwölf Jahre lang Vorsitzende des 165 Mitglieder zählenden Fördervereins, ist zurückgetreten. Sie wolle ein Zeichen des Protestes nach außen setzen, sagt sie und zeigt sich nach wie vor empört über Beschluss und Vorgehensweise. Die aufgemachte Rechnung, Quedlinburg könne über die Kurtaxe das notwendige Geld einnehmen, nennt sie einen „Irrpfad“.
Im Kulturministerium zeigt man nach wie vor wenig Verständnis für die gefallene Entscheidung. Das Land ist wichtiger Geldgeber der zur Kulturstiftung gehörenden Einrichtung. Eine Million Euro kostet im Jahr der Betrieb der Feininger-Galerie. Kulturminister Rainer Robra (CDU) sagte erst vor wenigen Tagen, dass er eine Entscheidung vor Ort erwarte. Wie man sich einigen wird, ist noch unklar.
Für die grundlegend zu überarbeitende Dauerausstellung, in der Köpnick vor allem mehr Feininger zeigen möchte, was sich die Besucher laut Fragebögen auch wünschen, haben regionale Sparkassen und deren Stiftungen Geld gegeben. Wichtige Meilensteine im Leben des Künstlers sollen in einem neuen Rundgang dauerhaft präsentiert werden, kündigt Köpnick an. Ab Ostern soll die Dauerausstellung zu sehen sein – auf Deutsch, auf Englisch und in leichter Sprache, erstmals mit Audioguide – wie immer mit dem legendären Fahrrad des Künstlers.