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Nach vielen erfolgreichen Jahren balancierte das Unternehmen lange Zeit am Abgrund / 1996 aus dem Handelsregister gestrichen 125 Jahre AEG: Einstiger Industrieriese heute Marke von Electrolux

Von Elke Richter 05.06.2012, 03:22

Nürnberg (dpa) l In der Luft liegt der Geruch von Emaille, ein Roboter zischt, lautlos schweben die mit Laser verschweißten Blechkästen davon. Alle zwölf Sekunden läuft im Electrolux-Werk in Rothenburg ob der Tauber ein Backofen vom Band. Sie werden unter 26 verschiedenen Marken verkauft; eine davon ist AEG. Der einstmals große deutsche Industriekonzern existiert heute nur noch als Name - wenn auch als Name mit langer Tradition. Die Allgemeine Elektricitäts-Gesellschaft (AEG) wurde vor 125 Jahren gegründet.

Sie entstand im Mai 1887 aus einem Vorläuferunternehmen des Firmengründers Emil Rathenau, der sich zunächst den damals neuen Glühlampen verschrieben hatte. Doch schnell erweitert sich die Produktpalette, AEG stellt Dampf- und Dynamomaschinen, Elektromotoren, Autos, Pumpen, Kabel und Gebläse her. Schon bald kommt der Bau kompletter Straßenbahnsysteme sowie Kraftwerke hinzu. Der Einstieg in die drahtlose Telegrafie mündet in die Gründung der Telefunken.

Zu Beginn des Ersten Weltkrieges ist AEG nach Angaben des Historikers und früheren Mitarbeiters Peter Strunk "das unbestritten größte deutsche Unternehmen der Elektroindustrie, größer noch als Siemens". Doch obwohl sich die Rüstungsproduktion als neues Zugpferd erweist, ist AEG nach dem Krieg finanziell empfindlich geschwächt.

Im Zweiten Weltkrieg profitiert AEG erneut von Rüstungsaufträgen. Das Kriegsende trifft AEG umso härter: Drei Viertel der Substanz gehen durch Enteignung oder Kompensations-Demontagen verloren. Dennoch gelingt es dem Unternehmen mit enormen Wachstumsraten, seinen Weltruf in relativ kurzer Zeit wiederherzustellen. Vor allem das Hausgerätegeschäft erlebt einen rasanten Aufschwung: AEG bringt mit dem "Lavamat" den ersten Waschvollautomaten auf den Markt, auch Kühlschränke und Konsumgüter wie Haartrockner finden im Nachkriegsdeutschland reißenden Absatz.

Ebenfalls in den 50ern führt AEG den Werbeslogan "Aus Erfahrung Gut" ein, der im Volksmund schon bald verspottet wird. Sprüche wie "Ausgepackt - Eingeschaltet - Geht nicht" machen spätestens dann die Runde, als Führungsprobleme und Finanzchaos offensichtlich werden.

Das Unternehmen balanciert jahrelang am Abgrund. 1982 meldet die Konzernleitung beim Amtsgericht Vergleich an, der Ausverkauf zukunftsträchtiger Unternehmensteile beginnt. 1985 steigt Daimler-Benz bei AEG ein. In den kommenden Jahren geht der Elektrikriese immer weiter in dem Autohersteller auf, bis es 1996 zur Verschmelzung und Streichung aus dem Handelsregister kommt. Die AEG als solche gibt es nicht mehr, dennoch tragen mehrere Dutzend Unternehmen weiter AEG im Namen.