Freizeit AG insolvent / Weiterbetrieb ungewiss / Mitarbeitergehälter noch bis 31. August gesichert Campinghändler in Möser von Schließung bedroht
Bereits am 17. Juni hat der Camping-Servicehändler Hammoudah Freizeit AG beim Amtsgericht Wuppertal Insolvenz angemeldet. Davon betroffen ist auch eine von 16 Niederlassungen des Unternehmens in Möser (Jerichower Land). Eine Entscheidung zur Zukunft der Freizeit AG gibt es bislang noch nicht.
Wuppertal/Möser. Für Besitzer von Wohnwagen und Wohnmobilen war die Hammoudah Freizeit AG in Möser direkt an der B 1 bislang ein wichtiger Anlaufpunkt nicht nur für Campingfreunde aus dem nördlichen Sachsen-Anhalt. Vor allem die Werkstatt wurde wegen ihrer Nähe zur Autobahn A 2 auch regelmäßig von durchreisenden Campern angefahren. Zum 30 000 Quadratmeter großen Grundstück gehört neben der Werkstatt und dem Fahrzeug-Verkauf auch ein Warenhaus des Zubehörhändlers "Fritz Berger", der nicht insolvent ist. Dieser Händler ist in Möser lediglich Untermieter der Freizeit AG.
Die Nachricht von der Insolvenz des Mutterunternehmens traf die Niederlassung in Möser zum denkbar ungünstigsten Augenblick: Genau zum Beginn der Ferienzeit in Sachsen-Anhalt. Sowohl der Werkstattbetrieb als auch der Verkauf wurden bislang aber aufrechterhalten. Wie lange dieser Weiterbetrieb trotz Insolvenz fortgesetzt werden kann, ist derzeit noch ungewiss.
Bundesweit beschäftigt die Freizeit AG nach Unternehmensangaben derzeit 240 Mitarbeiter. In der Niederlassung Möser arbeiten 15 Angestellte. Rechtsanwalt Till Wasner vom Büro des Insolvenzverwalters Marc d. Avoine in Wuppertal: "Die Agentur für Arbeit stellt die Bezahlung der Mitarbeiter noch bis zum 31. August sicher. Derzeit kann ich noch nichts dazu sagen, wie es anschließend weitergeht. Aber dies kann in der nächsten Woche schon anders sein."
Es gebe zwar mehrere Kaufinteressenten und Investoren. Wasner: "Aber ob das Unternehmen so wie bislang erhalten bleibt oder einzelne Niederlassungen verkauft werden, ist noch nicht entschieden. Grundsätzlich wäre beides möglich, wenn es eine entsprechende Einigung mit Investoren gibt." Die Insolvenzverwaltung sei bemüht, das Verfahren schnell in geordnete Bahnen zu lenken. "Möglichst bis zum Jahresende", so der Rechtsanwalt.
Der Vorstand der Hammoudah Freizeit AG in Wuppertal, Ahmad Hammoudah, gibt als Gründe für die Insolvenz die nach der Wirtschaftskrise 2009 stark zurückgegangene Nachfrage nach Wohnwagen und Wohnmobilen an. "Die Bemühungen, diese Entwicklungen durch zusätzliche Kredite, Gesellschafterdarlehen und eine Erhöhung des Kapitals aufzufangen, haben nicht zum Erfolg geführt", so Hammoudah auf Volksstimme-Nachfrage.
Die Geschäftsergebnisse der einzelnen Niederlassungen seien unterschiedlich ausgefallen. "Es gab regionale Unterschiede. Die Niederlassung in Möser ist ein positiver Vertriebszweig, vor allem die Einsatzbereitschaft und Kollegialität des Teams sind vorbildlich. Im Bereich Kundenzufriedenheit lag Möser stets vorn", so Ahmad Hammoudah.
Nach Angaben von Lutz Tostmann, Niederlassungsleiter in Möser, habe sein Zweigunternehmen vergleichsweise geringe Umsatzeinbrüche hinnehmen müssen. "Das blieb bei uns im einstelligen Prozentbereich." In Möser sei 2009 ein Umsatz im einstelligen Millionenbereich erzielt worden.
Nach Angaben des Deutschen Caravaning Industrieverbandes (CIVD) weist der Wohnwagen-Absatz in Deutschland seit zehn Jahren einen stetigen Rückgang auf. Bis zum Jahr 2005 belief sich dieser Rückgang auf durchschnittlich 2,7 Prozent. Die zum 1. Januar 2007 in Kraft getretene Mehrwertsteuererhöhung von 16 auf 19 Prozent habe den Wohnwagenherstellern zwar durch vorgezogene Käufe einen Zuwachs von 3,5 Prozent für 2006 beschert. In den Jahren 2007 und 2008 sanken die Zulassungen aber wieder.
In diesen beiden Jahren wurden bundesweit jeweils etwa 19 000 Wohnwagen verkauft. Die Finanz- und Wirtschaftskrise ließ diesen Absatz einbrechen. 2009 wurden in Deutschland nur noch 16 723 Wohnwagen neu zugelassen, was im Vergleich zum Vorjahresergebnis einem Rückgang von 13,3 Prozent entspricht.
Dementsprechend lag die Produktion von Wohnwagen laut CIVD 2009 mit 38 100 Stück um rund 25 Prozent unter dem Ergebnis von 2008, wo noch 50 586 Wohnwagen in Deutschland produziert wurden. Für das Jahr 2010 wird bei den deutschen Herstellern wieder mit einer leicht steigenden Wohnwagen-Produktion von fünf bis acht Prozent gerechnet, so der Branchenverband.