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Frauen entwickeln und verbessern ihre Führungskompetenzen - Projektabschluss in Magdeburg Die "gute Zweite" wird erfolgreiche Erste

Von Bettina Koch 18.06.2012, 03:29

32 Frauen hatten im Projekt "impuls f - Führungskompetenz für Expertinnen" Gelegenheit, gezielt an der Verbesserung ihrer Führungsqualitäten zu arbeiten. Am Sonnabend wurde der Abschluss gefeiert.

Magdeburg l Die Probleme der Führungskräfte sind immer ähnlich, berichteten Ines Tetzlaff und Evelin Krolopp von der isw Gesellschaft für wissenschaftliche Beratung und Dienstleistung. Es sind Unsicherheiten im Umgang mit Mitarbeitern und mit Konflikten sowie Schwierigkeiten mit dem Zeitmanagement. Man muss lernen, Mitarbeitergespräche konstruktiv zu führen, die Kompetenzen gezielt zu nutzen und Aufgaben zu delegieren. Man muss fachlich nicht alles selbst können, aber wissen, wer was im Team am besten kann. "Bei Frauen kommt hinzu, dass sie oft Schwierigkeiten damit haben, sich selbst darzustellen, häufig werden sie von Selbstzweifeln geplagt", findet Evelin Krolopp.

"Für mich war es schwer, eine klare Ansage zu machen", berichtete Simone Lüthe, Schichtleiterin bei "Ihr Landbäcker" in Stendal. Seit 23 Jahren ist sie im Betrieb, stand an der Produktionslinie und dann am Ofen und ist zur Schichtleiterin aufgestiegen. Mit Hilfe einer Videoanalyse und eines individuellen Trainings hat sie gelernt, Stimme und Körpersprache so einzusetzen, dass ihre klare Ansage bei den Mitarbeitern ankommt.

Corinna Baehr hat am ersten "impuls f"-Durchgang 2010 teilgenommen und seither bei Novelis Nachterstedt mehr Verantwortung übernommen. "Das Projekt war sehr gut, um die eigenen Selbstzweifel zu überwinden", sagte sie. Sehr wichtig sei der Austausch mit den anderen Teilnehmerinnen gewesen, um zu erfahren, dass es anderen ähnlich geht und zu erleben, wie sich jeder weiterentwickelt. Corinna Baehr ist bei dem Hersteller von Aluminiumerzeugnissen Manager Lean and Continuous Improvement, Produktionsleiterin Bandanlagen und stellvertretende Werkleiterin: "Dort will ich zeigen, was ich kann und Erfolge reinholen."

Beim Start der RR Software GmbH Hasselfelde mit drei Leuten war Annett Klein schon dabei, jetzt gehören gut 30 Mitarbeiter zur Firma. Früher hat sie selbst programmiert, jetzt sind Organisieren und Kontrollieren die Hauptaufgaben. Auch sie musste lernen, Aufgaben zu delegieren. "Die neuen Erfahrungen und Erkenntnisse nehme ich in den Alltag mit, berichtete Annett Klein. "Der Kurs hat super Spaß gemacht und motiviert, daraus kann ich Kraft schöpfen", sagte sie.

Jeanette de la Barré war bei der Eumedias Heilberufe AG in Magdeburg für den Bereich Fortbildung zuständig, hat vor dreieinhalb Jahren ein berufsbegleitendes Masterstudium begonnen und schreibt jetzt ihre Abschlussarbeit "Frauen in Frührungspositionen". "Für mich stand die Frage: Was fange ich mit meinem Studium an?" Sie habe sich bis dahin als gute Zweite gefühlt, aber gespürt, dass sie mehr kann. Im Projekt habe sie ihre Selbstzweifel überwunden, herausgefunden, wohin sie sich entwickeln will und Instrumente in die Hand bekommen, um eine Führungsrolle auszufüllen. Seit Januar ist die junge Mutter geschäftsführende Direktorin der Firma mit 15 Mitarbeitern. "Das macht mir ganz viel Spaß, und ich fühle mich der Aufgabe gewachsen."

Jana Ziegeldorf, Bereichsleiterin Personal- und Vertragswesen bei Schuberth Helme, freut sich auf ihr Baby. Eine längere Pause will sie sich aber nicht gönnen. Gleich nach dem Mutterschutz geht es weiter. Den Krippenplatz hat sie schon. Das Delegieren und Nein-Sagen-Können wird für sie nun noch wichtiger. Arbeitswochen mit 60 oder 70 Stunden sind nicht mehr drin. Aber auch ohne Kind wäre das auf Dauer nicht gesund, weiß sie. "Ich habe mir schon angewöhnt, für bestimmte Termine, die Bürotür zu schließen." Für Yoga zum Beispiel, das ist ihr wichtig.

Astrid Reichel wird ein knappes Jahr in die Babypause gehen. Vor einem Jahr hat sie die Leitung des Segments Qualität bei Schuberth Helme übernommen, mit sechs Frauen im Team. "Ich hatte das Problem, etwas durchsetzen zu müssen, es aber nicht mit den anderen verderben zu wollen", berichtete sie. Im Projekt habe sie gelernt, Aufgaben zu delegieren - mit klarer Ansage.

In drei Durchgängen haben ab Juli 2010 insgesamt 32 Expertinnen Seminare, Coaching und Erfahrungsaustausche zur Entwicklung ihrer Führungskompetenz genutzt. Gefördert wurde das Projekt vom Europäischen Sozialfonds ESF und vom Land Sachsen-Anhalt. Ein vierter Durchgang für 15 Frauen soll in Kürze starten. Fünf Plätze sind noch frei.