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  7. Online-Händler aus Halle: So wurde Relaxdays groß

Trend zum Online-Shopping früh erkannt "Extrem turbulent" - So mischt  Relaxdays aus Halle den Online-Handel auf

Vor gut 20 Jahren fing ein junger Mann aus Halle damit an, Produkte auf Ebay zu verkaufen. Jetzt macht sein Unternehmen Relaxdays mehr als 130 Millionen Euro Umsatz. Das zeigt, wie sich Einkaufen verändert.

Von Simon Kremer, dpa Aktualisiert: 14.10.2024, 09:46
Mit Ebay fing alles an. Heute gehört Relaxdays aus Halle zu den größten Online-Händlern in Deutschland. 
Mit Ebay fing alles an. Heute gehört Relaxdays aus Halle zu den größten Online-Händlern in Deutschland.  Foto: Simon Kremer/dpa

Halle/dpa - Im umkämpften Online-Handelsgeschäft hat sich die Lage nach dem Boom während der Corona-Pandemie stabilisiert - und neue asiatische Anbieter kämpfen um Anteile. "Die letzten vier Jahre waren extrem turbulent", sagt Martin Menz, der Gründer und Geschäftsführer von "Relaxdays" aus Halle, einem der größten Online-Händler der Region. Das Unternehmen zählt auch bundesweit zu den größten 150 Branchenunternehmen. 

Vor fast 20 Jahren begann Menz damit, Produkte auf Ebay zu verkaufen. Er lieh sich 2.000 Euro Startkapital von seinem Bruder. Sein Verkaufsrenner: Ein Kopfmassagegerät, das aussieht wie ein kaputter Rührbesen aus der Küche. Er hatte es bei einem Urlaub mit Freunden auf Mallorca gesehen und später bei Großhändlern die Bestände aufgekauft. 

Martin Menz, der Gründer und Geschäftsführer des Onlinehändlers Relaxdays in Großkugel, Ortsteil von Kabelsketal bei Halle (Saale).
Martin Menz, der Gründer und Geschäftsführer des Onlinehändlers Relaxdays in Großkugel, Ortsteil von Kabelsketal bei Halle (Saale).
Foto: Simon Kremer/dp

2006 gründete Menz dann das Unternehmen. Heute beschäftigt er nach eigenen Angaben mehr als 400 Mitarbeiter. Zuletzt gab das Unternehmen seinen Umsatz mit 132 Millionen Euro an. Es hat Standorte unter anderem in Halle, Leipzig und Dresden. 

Professor: "Internet war Schauplatz wilder Dinge"

"Das Internet und E-Commerce waren am Anfang Schauplatz wirklich wilder Dinge", sagt der Leiter des Fachbereichs für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Magdeburg, Prof. Abdolkarim Sadrieh. Entscheidend sei dann eine Professionalisierung des gesamten - als E-Commerce bezeichneten - Ökosystems gewesen, das um die Jahrtausendwende angefangen habe. 

Die Umsätze im Online-Handel stiegen nach Angaben des Handelsverbands Deutschland stetig. Im Jahr 2000 wurden rund 1,3 Milliarden Euro im Internet umgesetzt, später zeigte die Kurve nach oben - bis auf 53 Milliarden Euro 2018. Über die Corona-Pandemie gab es einen Sprung: fast 87 Milliarden Euro Umsatz verzeichnete der Handelsverband 2021. Dann sanken die Umsätze leicht, für das laufende Jahr werden 88 Milliarden Euro prognostiziert. 

"Online-Handel hat sich etabliert"

"Online-Handel hat sich etabliert", sagt Sadrieh. Aber: "Wir kaufen nicht alle nur noch im Internet ein." Online und der stationäre Handel sprächen verschiedene Bedürfnisse an. Der Online-Handel für den gezielten, schnellen Einkauf - der Einkauf im Laden sei eher mit einem Einkaufserlebnis verbunden. 

Der größte Online-Händler in Deutschland ist nach Angaben des Handelsforschungsinstituts EHI Amazon mit einem Umsatz von mehr als 14 Milliarden Euro. Danach folgen mit weitem Abstand Otto, Zalando, Mediamarkt, Ikea, Apple, Lidl. Auf Platz 17 der größten E-Commerce-Händler verzeichnet das Forschungsinstitut den Computerhändler Cyberport aus Dresden. Auf Platz 105 steht demnach Bike24 aus Dresden, auf Platz 131 Relaxdays. 

Einfluss von Kriegen und Pandemien

Relaxdays hat sich auf Produkte aus dem Bereich Haus, Garten und Freizeit konzentriert. Kleine Möbel, Lampen, Fitnessgeräte. "Jetzt gerade erreichen die Türstopper ihren Peak im Herbst", sagt Menz. Etwa 20.000 Produkte hat das Unternehmen im Sortiment, fast komplett produziert in Asien. Ausfuhrbestimmungen oder Angriffe auf Handelsschiffe im Roten Meer haben direkten Einfluss auf die Preise etwa für Schiffscontainer. 

Etwa 50 bis 100 neue Artikel bringt das Unternehmen nach eigenen Angaben wöchentlich auf den Markt. Aber nicht alles funktioniert. "Noch heute gehört Trial and Error zu unserer Strategie, auch bei der Produktsuche", sagt Menz. Etwa die Hälfte funktioniere. 

Amazon, Shein, Temu: Konkurrenz und Marktplatz

Ohne die großen Player im Online-Handel geht es aber auch für das Unternehmen aus Halle nicht. "Fast 50 Prozent verkaufen wir über Amazon", sagt Menz. "Rein über den eigenen Online-Shop geht es nicht." Dazu gebe es Kooperationspartner in europäischen Ländern. 

Konkurrenz gibt es auch immer mehr aus Asien. Der in China gegründete Modehändler Shein steigerte seinen Umsatz in Deutschland im vergangenen Jahr um 30 Prozent und stieg laut Forschungsinstitut EHI in die Top 20 der umsatzstärksten Online-Händler auf.

Der ebenfalls aus China kommende Anbieter Temu, der erst seit April vergangenen Jahres in Deutschland aktiv ist, verpasste knapp einen Platz unter den Top-10-Online-Märkten. Auch das sind Unternehmen, mit denen sich die Online-Händler aus der Region messen lassen müssen.