Kontaktbörse zwischen den Industrie- und Handelskammern Magdeburg und Warschau Sachsen-anhaltische Firmen blicken nach Osten
Wer Wachstum sucht, sollte nach Osten schauen. Das sagen zumindest die
Experten der IHK. In Warschau gaben sie Firmen aus Sachsen-Anhalt und
Polen Gelegenheit, Kontakte anzubahnen.
Magdeburg/Warschau l Die Zahlen sprechen für sich. Polen ist Handelspartner Nummer eins für Sachsen-Anhalt. Hiesige Firmen exportierten 2012 Güter im Wert von 1,6 Milliarden Euro ins östliche Nachbarland. Zugleich lagen die Einfuhren bei rund 1,4 Milliarden Euro. Das bedeutet Platz zwei hinter Russland, vor allem wegen des Imports polnischen Erdgases.
Krzysztof Blau, Außenwirtschaftsexperte der Industrie- und Handelskammer (IHK) Magdeburg, sieht in Polen einen vielversprechenden Markt für Unternehmen aus Sachsen-Anhalt. Die Größe des Landes mit fast 40 Millionen Einwohnern, Gemeinsamkeiten im Unternehmens- und Steuerrecht sowie Grenznähe machten eine Zusammenarbeit attraktiv. Das Interesse von Unternehmen aus Sachsen-Anhalt sei entsprechend groß: "Wenn wir nach Polen fahren, ist der Bus immer voll", erzählt Blau, der Anfang Dezember mit einer Wirtschaftsdelegation nach Warschau gereist war.
Dort hatten die IHK Magdeburg und die deutsch-polnische IHK eine Kontaktbörse für Unternehmen organisiert - passend zum zehnjährigen Jubiläum der Partnerschaft Sachsen-Anhalts mit der polnischen Wojewodschaft Masowien. Zehn Unternehmen aus Sachsen-Anhalt aus der Bau- und Logistikbranche sowie mehrere Zeitarbeitsfirmen nutzten die Gelegenheit, mit 45 polnischen Firmen Kontakte zu knüpfen.
Der Sondermaschinenbauer Symacon aus Barleben bei Magdeburg etwa will Kunden und Kooperationspartner gewinnen. "Wir haben noch nicht allzu viel in Polen gemacht", sagt Bernd Möller, stellvertretender Leiter für Marketing und Vertrieb. Bisher hatte das Unternehmen Anlagen für das VW-Motorenwerk im niederschlesischen Polkowice geliefert. Sechs Gespräche hat Möller in Warschau geführt, noch ist nichts beschlossen. "Das müssen wir nun in der Firma diskutieren", so Möller.
Auf der Suche nach Fachkräften in Polen
Rolf Kunsch, Geschäftsstellenleiter des Magdeburger Instituts für Marktwirtschaft (Ima), sucht Polen, die sich für eine Ausbildung in Deutschland interessieren. "In Polen studieren viele junge Menschen und stehen dann auf der Straße." In Sachsen-Anhalt hingegen könnten Firmen Lehrstellen nicht besetzen oder suchten Fachkräfte. Dazu will der Chef des privaten Bildungsträgers das Programm Mobi Pro nutzen, mit dem die Bundesregierung die Einstellung junger Leute aus dem EU-Ausland fördert - mit einem dreimonatigen Sprachkurs und Praktika. Ein Sozialarbeiter steht den jungen Leuten bei Problemen zur Seite. Unterstützt wird Kunsch von Maria Rachwal vom Schulungs- und Beratungsunternehmen Edukator aus Lebork. "Für polnische Jugendliche ist das ein attraktives Angebot", weiß die Firmenchefin.
Die Zusammenarbeit mit dem Nachbarland lohne sich, sagt Michael Kern, geschäftsführender Vorstand der deutsch-polnischen Industrie- und Handelskammer in Warschau. Polen habe sich positiv entwickelt. Kaufkraft und Binnennachfrage steigen, vor der Fußball-Europameisterschaft sei viel in die Infrastruktur investiert worden. "Dies hat das Land relativ gut über die Krise gebracht", sagt Kern. Überdies passten die Partner Sachsen-Anhalt und Masowien gut zusammen, sagt Kern. Hier wie dort bilde die chemische Industrie einen Schwerpunkt. So hat der größte polnische Mineralölkonzern PKN Orlen, der auch in Deutschland ein Tankstellennetz aufgebaut hat, seinen Sitz im masowischen Plock. Vom Europäischen Netzwerk der Chemieregionen war vor zehn Jahren der Anstoß für die Partnerschaft zwischen Sachsen-Anhalt und Masowien ausgegangen, weiß Krzysztof Blau.
Wie viele Unternehmen aus Sachsen-Anhalt und Polen derzeit zusammenarbeiten, darüber gibt es keine Statistik. Doch die seit Jahren regelmäßig stattfindenden Kontaktbörsen tragen Früchte, sagt Krzysztof Blau: "Von 40 Gesprächen werden 30 weiterverfolgt." Die Zeit, in der das Nachbarland wegen niedrigerer Löhne als verlängerte Werkbank gefragt war, sei vorbei. "Wir haben immer mehr Anfragen von Firmen, die Polen als Absatzmarkt sehen." Ebenso suchten die polnischen Firmen in Deutschland Kunden. "Da gibt es eine große Dynamik."