Aschersleber Unternehmen nimmt neue Montagehalle in Betrieb Schiess will neue Generation von Werkzeugmaschinen bauen
Der Werkzeugmaschinenbauer Schiess hat gestern in Aschersleben eine neue Montagehalle eröffnet, in der künftig nach Firmenangaben Werkzeugmaschinen einer neuen Generation, "die größten der Welt", gebaut werden sollen. Weitere Investitionen sollen folgen.
Aschersleben. Großer Bahnhof gestern bei Schiess in Aschersleben. Eigens zur offiziellen Eröffnung der neuen, sechs Millionen Euro teuren Montagehalle für eine neue Generation von hochpräzisen Großwerkzeugmaschinen schaute der Firmenchef mit einem Teil seines Managements persönlich vorbei. Das ist insofern bemerkenswert, als die Gäste extra aus dem fernen China angereist waren.
Die Schiess GmbH gehört zum mit 18 000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 1,8 Milliarden US-Dollar größten chinesischen Werkzeugmaschinenhersteller, der Shenyang Machine Tool Group (SYMG).
Vorstandschef Xiyou Guan hob gestern in Aschersleben die besondere Stellung von Schiess im Konzern hervor. "Mit Schiess kombinieren wir unsere Produktion in China mit bester Technologie aus Deutschland", sagte er. Der Standort Aschersleben spiele für SYMG als "Lieferant von Präzisionsteilen, Know-how sowie als Premium-Marke" eine "wichtige Rolle".
Schiess hat eine lange Tradition, aber auch turbulente Zeiten hinter sich. Als "Maschinenbauanstalt" 1857 von den Magdeburger Maschinen- und Gießereimeistern Heinrich Billeter und Wilhelm Klunz gegründet, ging daraus zu DDR-Zeiten die Werkzeugmaschinenfabrik Aschersleben hervor. Nach der Wende hatte die Firma unterschiedliche Besitzer, ehe sie 1996 als Teil der Bremer Werftengruppe Vulkan in Konkurs ging. Es folgten mehrere Neuanläufe, 2004 rettete die chinesische SYMG das insolvente Unternehmen. Im Zuge der Restrukturierung von Schiess war zuletzt auch die Geschäftsführung ausgewechselt worden.
Unterdessen sieht sich Schiess mit derzeit 378 Mitarbeitern wieder auf Kurs. Geschäftsführer Torsten Brumme sprach für dieses wie für das nächste Jahr von einer "sehr guten Auslastung". Das Unternehmen sei breit aufgestellt, global tätig und in mehreren Branchen unterwegs. Vor allem in Asien laufe das Geschäft sehr gut. Kein Wunder: Über den chinesischen Eigentümer hat Schiess den direkten Zugang zum weltweit größten Absatzmarkt für Werkzeugmaschinen.
Schiess baut Großbearbeitungszentren unter anderem für Windanlagenbauer, Turbinenfertiger und Motorenbauer. Die Werkzeugmaschinen bohren, drehen und fräsen Werkstücke aus Guss, Stahl und Aluminium mit einer Genauigkeit, die im untersten Hundertstelmillimeter-Bereich liegt.
In der neuen Montagehalle sollen laut Firmenangaben "die größten Werkzeugmaschinen der Welt", der "Rolls Royce" unter den Maschinen, gebaut werden. "Das ist ein großer Schritt in die Richtung, wieder das zu werden, was Schiess schon einmal war: Weltmarktführer in unserem Segment", hob Brumme hervor.
Die Maschinen und Bearbeitungszentren von Schiess erreichen jetzt schon Portaldurchgangsbreiten und Drehhöhen von bis zu zehn Metern. Karusselldrehmaschinen von Schiess beispielsweise bearbeiten Werkstücke von bis zu 300 Tonnen Gewicht.
Mit der neuen Montagehalle sei das Investitionsprogramm keineswegs abgeschlossen, betonte Brumme. Im nächsten Jahr ist geplant, für die chinesische Mutter eine Präzisionsteilefertigung aufzubauen. Damit einher würden weitere Neueinstellungen von jährlich zwei bis drei Prozent der Belegschaft gehen.
Der Standort habe die "allerbesten Voraussetzungen", um jährlich einen Umsatz "von 100 Millionen Euro und mehr" zu erwirtschaften, sagte Brumme. In diesem Jahr werde Schiess mit etwas über 50 Millionen Euro den größten Umsatz seit dem Einstieg der SYMG erzielen.
Brumme würdigte das chinesischen Engagement, das bisher Investitionen von rund 30 Millionen Euro nach sich gezogen habe, als Beispiel für eine auf Langfristigkeit und "nicht auf das Abgreifen von Technologie" angelegte Firmenstrategie.