Wirtschaft Unternehmen in Sachsen-Anhalt pessimistisch - Hoffen auf Reformen
Unternehmen aus Sachsen-Anhalt sehen sich besonders von der Politik gehemmt. Ihre Stimmung ist pessimistisch. Von der neuen Regierung erwarten sie mehr Rückenwind.

Magdeburg - Die Unternehmen aus Sachsen-Anhalt blicken mehrheitlich pessimistisch auf ihre Entwicklung in diesem Jahr. Grund sind laut einer Umfrage der beiden Industrie- und Handelskammern (IHK) im Land zuallererst die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen – noch vor den Kosten für Energie und Arbeit. 70 Prozent der befragten Unternehmen sehen sich durch die Politik gehemmt.
Das hat Folgen. „Wir müssen feststellen, dass die Investitionen immer weiter zurückgehen“, sagt Sascha Gläßer, Präsident der IHK Halle-Dessau. Das mangelnde Vertrauen in die Politik hält den Kammern zufolge auch die Bürger vom Konsum ab, was wiederum der Wirtschaft schadet.
Wirtschaft in Sachsen-Anhalt begrüßt Sondervermögen
Die Unternehmen haben zwei Rezessionsjahre hinter sich. Auftragseingänge und Umsätze sind 2024 gesunken. Der IHK-Geschäftsklimaindex ist auf minus 12,2 Punkte gesunken, was bedeutet, dass die negativen Einschätzungen deutlich überwiegen.
„Sorgenkind“ der Kammern ist die Industrie, wo die Energiepreise das Bestehen im internationalen Wettbewerb erschweren. Auch Baugewerbe, Gastronomie und Handel befinden sich demnach in der Krise. Der Dienstleistungssektor und das Verkehrsgewerbe entwickeln sich hingegen stabil.
Klaus Olbricht, Präsident der IHK Magdeburg, fordert zügige Koalitionsverhandlungen und Reformen von der neuen Bundesregierung: „Wir haben deutlich an Wettbewerbsfähigkeit verloren.“ Vier Maßnahmen seien notwendig: Niedrigere Steuern, bezahlbare Energie, Investitionen in die Infrastruktur und weniger Bürokratie. An die Landesregierung gerichtet fordert er die Einführung eines Normenkontrollrats, der im Koalitionsvertrag festgeschrieben ist.
IWH aus Halle erwartet für 2025 wirtschaftliche Stagnation
Die Kammern, die rund 110.000 Unternehmen im Land vertreten, drängen auch darauf, Beschäftigte im öffentlichen Dienst abzubauen. Thomas Brockmeier, Hauptgeschäftsführer der IHK Halle-Dessau, sieht „jetzt eine historisch einmalige Gelegenheit zur Aufgabenkritik“. Der Staat könne auf Aufgaben verzichten. „Wir haben mittlerweile mehr Kontrolleure als Bauarbeiter“, meint er.
Das geplante 500-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Infrastruktur begrüßen die Kammern. „Diese Investitionsmittel sind notwendig, weil unsere Straßen und Brücken in keinem guten Zustand sind“, sagt André Rummel, Hauptgeschäftsführer der IHK Magdeburg. Die Infrastruktur sei Grundlage der wirtschaftlichen Entwicklung. Für Sachsen-Anhalt pochen die Kammern auf die schnelle Fertigstellung der A 14. Damit die Milliarden aber auch wirklich investiert würden, müssten Planungs- und Genehmigungsverfahren verkürzt werden.
Das Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) rechnet in seiner Frühjahrsprognose damit, dass das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2025 um 0,1 Prozent und 2026 um 1,3 Prozent zulegen wird. Ostdeutschland soll sich ähnlich entwickeln.
Das IWH erwartet, dass die Unsicherheit über die Wirtschaftspolitik nach der Regierungsbildung abnimmt und der Konsum anzieht. Zudem: „Die öffentlichen Mehrausgaben dürften nach und nach konjunkturell eine stimulierende Wirkung entfalten“, meint IWH-Vizepräsident Oliver Holtemöller. Effekte würden sich realwirtschaftlich aber wohl erst nach 2026 zeigen. Ein Risiko für die Prognose ist auch die US-Zollpolitik.